Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
der rechte Oberschenkelknochen weist Kratzspuren von einem stumpfen Gegenstand auf, allerdings konnte ich keinerlei Anzeichen für eine Knochen- oder Infektionsreaktion erkennen.«
Kurzes Nicken.
Zunehmend selbstsicher fuhr sie fort: »Für mich sah es so aus, als wären an einigen spongiösen Knochen leichte, von einem Menschen verursachte Bissspuren zu erkennen. Sie waren recht schwach ausgeprägt und stumpf, nicht scharf wie die eines Bären. Ich denke, der Leichnam wurde kannibalisiert.«
Vor lauter Eifer hatte sie die Stimme erhoben. Und da wurde ihr klar, dass sie sich weiter vorgewagt hatte als beabsichtigt. Die Gäste, die in der Nähe saßen, starrten sie an.
»Ups«, sagte sie und blickte auf ihr Gedeck.
»Haben Sie jemandem davon erzählt?«, fragte Pendergast
»Noch nicht.«
»Sehr gut. Behalten Sie das für sich. Es würde nur Scherereien verursachen.«
»Aber ich muss Zugang zu weiteren sterblichen Überresten bekommen.«
»Ich arbeite daran. Ich hoffe, Nachfahren der anderen in Frage kommenden Bergarbeiter zu finden, zumindest in einigen Fällen. Und dann müssten wir natürlich die Genehmigung bekommen.«
»Oh. Danke, aber Sie wissen ja, ich könnte diese Dinge selbst erledigen.« Sie hielt inne. »Hm, wie lange haben Sie vor hierzubleiben? Ein paar Tage?«
»So ein reizendes, selbstgefälliges,
reiches
Städtchen. Ich glaube, ich habe so etwas noch nie gesehen. Und so bezaubernd zur Weihnachtszeit.«
»Sie werden also … länger bleiben?«
»Ah, da kommt ja der Wein.«
Der Wein wurde serviert, mit zwei großen Gläsern. Corrie schaute Pendergast zu, wie er das komplette Feinschmeckerritual durchexerzierte. Er schwenkte den Wein im Glas, roch ihn, schmeckte ihn, schmeckte ihn noch einmal.
»Er hat Korken, fürchte ich«, sagte er zum Kellner. »Bitte bringen Sie mir eine andere Flasche. Einen 01 , um sicherzugehen.«
Mit wortreichen Entschuldigungen eilte der Kellner mit der Flasche und dem Glas davon.
»Hat Korken?«, fragte Corrie. »Was heißt das?«
»Dass er verunreinigt ist, er riecht dadurch nach, wie manche sagen, nassem Hund.«
Die neue Flasche kam. Pendergast wiederholte das komplette Ritual, nickte diesmal aber zustimmend. Der Kellner schenkte sein Glas voll und hielt die Flasche Corrie hin. Sie zuckte mit den Schultern, und der Mann schenkte auch ihr ein.
Corrie trank einen kleinen Schluck. Schmeckte wie Wein, nicht mehr und nicht weniger. Sie sagte: »Der ist fast so gut wie der Matteus, den wir damals alle in Medicine Creek getrunken haben.«
»Wie ich sehe, macht es Ihnen noch immer Spaß, mich zu provozieren.«
Sie trank noch einen kleinen Schluck. Erstaunlich, wie schnell die Erinnerungen an die Zeit im Gefängnis verblassten. »Um auf meine Freilassung zurückzukommen … Wie haben Sie das gemacht?«
»Tatsächlich befand ich mich bereits auf dem Rückflug nach New York, als ich Ihren zweiten Brief erhalten habe.«
»Sind Sie es endlich leid, in der Weltgeschichte herumzureisen?«
»Es war Ihr erster Brief, der mich zum Teil zur Rückkehr veranlasste.«
»Oh? Wieso das?«
Statt zu antworten, schaute Pendergast ins dunkle Rubinrot des Weinglases. »Ich hatte das Glück, Captain Bowdree recht schnell ausfindig zu machen. Ich habe ihr alles ganz offen und ehrlich erklärt – dass ihr Vorfahr auf sehr rüde Weise aus seiner letzte Ruhestätte entfernt worden war, um für eine Wellness-Einrichtung Platz zu schaffen. Habe ihr gesagt, wer Sie sind, was für einen beruflichen Hintergrund Sie haben, dass der Polizeichef Ihnen erst Zugang versprochen und seine Zusage dann wieder zurückgezogen hat. Ich habe ihr von Ihrem törichten Einbruch berichtet, dass Sie festgenommen wurden. Und zum Schluss habe ich erwähnt, dass Ihnen eine zehnjährige Gefängnisstrafe droht.« Er trank einen kleinen Schluck. »Der Captain hat die Situation sofort verstanden. Sie fand es sehr ungehörig, dass man Sie, in ihren Worten, ›verarscht‹ hat. Sie hat dieses Wort mehrmals wiederholt, mit erstaunlichem Nachdruck, was mich zu der Annahme veranlasste, dass sie möglicherweise selbst einige Erfahrungen in dieser Richtung gemacht hat, vielleicht beim Militär. Wie auch immer, gemeinsam haben wir einen recht wirkungsvollen Brief entworfen, in dem wir einerseits mit einer Beschwerde beim FBI drohten und andererseits Ihnen die Erlaubnis erteilten, die sterblichen Überreste ihres Vorfahren zu untersuchen.«
»Oh«, sagte Corrie. »Und so haben Sie mich rausbekommen?«
»Es gab da
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