Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
begann, sich auf den Rundgang vorzubereiten, überprüfte und ordnete seine Geräte, checkte seinen Digitalrekorder, zog sich Latexhandschuhe über. Ein Gutes hatte die offensichtliche Lähmung des Polizeichefs: Der Brandort war nicht zertrampelt und durcheinandergebracht worden von all den forensischen Spezialisten, die noch immer in der Nähe herumstanden und darauf warteten, mit ihrer Arbeit anzufangen. Morris hatte im Grunde alle Leute vom Brandherd ferngehalten und auf sein Eintreffen gewartet, wofür er ihm dankbar war. Auch wenn die Feuerwehrleute wie üblich ziemlich große Zerstörungen angerichtet hatten – mit Äxten aufgebrochene Böden und Wände, zusammengekehrte und gewendete Trümmerteile, alles von Wasser durchweicht. Die Feuerwehr hatte eine flüchtige Überprüfung der Gebäudestabilität vorgenommen und diejenigen Areale bestimmt, die instabil waren, und sie mit Absperrband gesichert.
Chivers schulterte seine Tasche und nickte Chief Morris zu. »Fertig.«
»Gut«, sagte Morris geistesabwesend. »Prima. Rudy wird Sie auf Ihrem Rundgang begleiten.«
Der Feuerwehrmann namens Rudy hob das Absperrband, um ihn darunter hindurchzulassen, und er folgte dem Mann über den Ziegelsteinweg bis zu der Stelle, wo sich die Haustür befunden hatte. Der Brandort stank heftig nach verbranntem und durchnässtem Plastik, Holz und Polyurethan. Man spürte noch ein wenig Resthitze – trotz der sehr niedrigen Temperatur stiegen aus dem Haus immer noch Wasserdampfwolken in den kalten blauen Himmel. Chivers musste einen Schutzhelm tragen, aber kein Atemgerät. Er sah sich als altmodischen Brandermittler, hart im Nehmen, sachlich und nüchtern, der sich mehr auf seine Intuition verließ und die wissenschaftlichen Sachen den Laborleuten überließ. Er war den Gestank gewohnt und brauchte nur seinen Geruchssinn, um irgendwelche Reste von Brandbeschleunigern zu erschnüffeln.
Unmittelbar hinter der Haustür blieb er stehen in dem, was vom Eingangsflur übrig geblieben war. Das Obergeschoss war komplett eingestürzt und hatte im Erdgeschoss ein Wahnsinnschaos angerichtet. Eine Treppe endete im Himmel. Pfützen aus Glas und Metall, daneben Haufen aus Emaille, das in der Brandhitze zersprungen war.
Er schritt vom Eingangsbereich in das, was offensichtlich die Küche gewesen war, und untersuchte die Brandspuren. Das Wichtigste war zu bestimmen, ob es sich um Brandstiftung handelte – ob eine Straftat vorlag. Und Chivers war sich da schon jetzt sicher. Nur Brandbeschleuniger konnten ein Feuer ausgelöst haben, das sich derart schnell und mit derart hoher Temperatur ausgebreitet hatte. Das bestätigte sich, als er sich in der Küche umschaute, wo er auf den Überresten des Schieferbodens eine undeutliche Gießspur erkannte. Er kniete sich hin, holte ein tragbares Kohlenwasserstoff-Messgerät aus seiner Tasche, nahm ein paar Luftproben und schwenkte es hin und her. Moderat.
Immer noch auf den Knien hockend, rammte er sein Messer in den verbrannten, abblätternden Fußboden, löste einige kleine Stücke heraus und legte sie in Beweismittelbeutel aus Nylon.
In der Küche herrschte ein heilloses Durcheinander, alles versengt und zusammengeschmolzen. Eines der Badezimmer im Obergeschoss war mitten in die Küche gekracht. Die Überreste einer Emaillebadewanne mit eisernen Klauenfüßen und Teile des Waschbeckens, der Toilette, des Fliesenbodens und der Wände – das alles lag in kleinen Haufen und über den Boden verteilt herum.
Unter Einsatz des Schnüffelgeräts erzielte er einen dicken positiven Befund in den Überresten des Badezimmers. Während Chivers sich auf Händen und Knien vorwärtsbewegte und dabei das Messgerät nahe am Boden hielt, schwenkte er es hin und her, um die Quelle zu finden. Als er sich der Badewanne näherte, erhöhte sich der Kohlenwasserstoffwert. Er erhob sich und spähte in die Wanne. Darin lag ein Haufen Sachen, der Boden war mit einer Schicht aus dickem, schwarzem Schlamm überzogen, in dem Trümmerteile steckten.
Er nahm eine Probe aus dem Schlamm und rührte mit seiner behandschuhten Hand ein wenig darin herum. Der Skalenwert auf dem Messgerät ging förmlich durch die Decke. Und dann zuckte Chivers zusammen und hielt inne. Aus dem Schlamm und den Trümmerteilen ragten die Bruchstücke von Knochen hervor, und in dem Areal, das er aufgewühlt hatte, irgendwelche Zähne. Menschenzähne. Vorsichtig sondierte er den Schlamm mit den Fingern und legte ein Stückchen eines Schädels, das
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