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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Meisterleistung des großen Baumeisters, des Prätorianerpräfekten Anthemius aus dem Jahr 413. Ein Angriff auf die Mauern oder das Untergraben ihrer Fundamente würde die Türme selbst nicht in Mitleidenschaft ziehen. Außerdem waren sie so massiv gebaut, dass selbst die größte Artillerie ohne Schaden für das Gemäuer von ihrem First aus tätig werden konnte. Bei seinem Rundgang inspizierte er die Artillerie, besah mit bärbeißiger Genugtuung die flachen Onagerkatapulte und die breit streuenden Geschütze. Er begutachtete auch ein paar neuartige Geräte, die dazu dienen sollten, detonierende Feuerkessel fortzuschleudern. Keiner der Männer, die diese Geräte bedienten, schien für Mann-gegen-Mann-Kämpfe geeignet zu sein – es waren eben Wächter der Stadt und Techniker, aber sie würden schon taugen. Er inspizierte sie alle und lobte oder tadelte sie, je nachdem. Jede Batterie, die er inspiziert und mit der er über die bevorstehende Schlacht gesprochen hatte, ließ er ernsthafter und wilder zum Kampf entschlossen zurück.
    Die beiden Gotenprinzen in seinem Gefolge bestaunten genauso ehrfürchtig die Mauern, diesen Gipfel der Ingenieurskunst, von dem sie oft gehört, den sie aber als Übertreibung abgetan hatten. Thorismund sah zum Militärtor V hinaus, das auf das Lykus-Tal blickte, und registrierte die zahlreichen Verteidigungseinheiten, die ein Angreifer überwinden musste, bevor er die ersten Mauern der Stadt angreifen konnte, angefangen beim äußeren, sechzig Fuß breiten und dreißig Fuß tiefen Stadtgraben. Überrascht wandte er sich zu Aëtius um.
    «Herr, ich höre etwas.»
    Aëtius nickte. «Beobachtet nur weiter, was da geschieht.»
    Ein leichter Wind erhob sich von dem blanken Stein unter ihnen, dann ertönte ein tiefes, fließendes Rauschen wie aus dem Untergrund. Durch die staubige Traufe unter ihnen tröpfelte erst ein dünnes Rinnsal, dann schossen Wassermassen vom Meer her hindurch, denn die Schleusen waren auf Aëtius’ Geheiß geöffnet worden. Die Prinzen schrien auf vor Freude. In Minutenschnelle hatte sich der große Graben gefüllt und, fünfundzwanzig Fuß tief, gegen eine Belagerung gewappnet. Das Meerwasser beruhigte sich, dunkelgrün glitzernd.
    «Die Hunnen mögen kein Wasser», murmelte Theoderich.
    «Ihr seht, dass der Graben in einzelne Segmente unterteilt ist», sagte Aëtius, «anstatt eine zusammenhängende Mauer zu bilden. Warum wohl?»
    Thorismund runzelte die Stirn. «Eigentlich sollte uns das schwächen. Die Hunnen können die Trennwände ja zu Fuß überqueren!»
    Aëtius schnaubte belustigt. «Einer hinter dem anderen, im Gänsemarsch. So können wir sie ganz leicht herunterpflücken. Nein, diese Trennwände sind die brillanteste Erfindung von Präfekt Anthemius. Was werden die Hunnen tun, wenn sie die Aquädukte vor den Toren der Stadt zum ersten Mal erblicken?»
    «Das ging mir vorhin auch durch den Kopf», murmelte Theoderich. «Sie werden sie zerstören!»
    «Sie werden das Wasser vergiften, den Zulauf blockieren, sie einreißen, was auch immer. Ganz sicher. Doch zum einen wird jede unserer Zisternen zuvor bis an den Rand gefüllt werden. Und zum anderen verbergen jene Trennwände unter euch weitere unterirdische Wasserleitungen. Das werden die Hunnen niemals entdecken. Selbst wenn sie die großen Bögen der Aquädukte zerstören: Unser Wasservorrat wird nicht versiegen, allerdings drastisch reduziert werden müssen.»
    Den Prinzen blieb angesichts eines derartigen Geniestreichs der Mund offen stehen.
    Nachdem die Angreifer dieses erste Hindernis schwimmend oder per Boot, Ponton oder sonst eine abenteuerliche Konstruktion aus zusammengebundenen Stämmen und Strauchwerk überwunden hatten, mussten sie über eine niedrige zinnenbesetzte Mauer gelangen. Dann standen sie ungeschützt auf einer breiten Plattform, die etwa dreißig Fuß maß. Dies war die erste Plattform des Todes, die im gleißenden Sonnenlicht lag, vor der nächsten zinnenbesetzten Mauer, sieben Fuß dick, dreißig Fuß hoch und mit sechsundneunzig Türmen bewehrt. Selbst die erfahrensten Artilleriekämpfer, die die Flugbahn ihrer Geschosse aufs Genaueste berechnen konnten, hätten es für unmöglich gehalten, diese zweite Mauer in ihren Grundfesten zu erschüttern und ihr größeren Schaden zuzufügen. Sollte es den Angreifern dennoch gelingen, diese zweite Mauer zu überwinden, so sahen sie sich einer weiteren breiten Plattform gegenüber, noch breiter als die vorherige – und dann das letzte

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