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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Germanenwelpe, hier in meinem eigenen Zelt stand er vor mir. In Azimuntium hätte ich ihn zermalmen können, hätte sie alle zermalmen können! Und als sie in unser Lager kamen, um zu verhandeln, wo sie mich doch wie Iltisse in der Nacht umbringen wollten, auch da hätte ich sie töten können!»
    «Herr, Ihr seid zu nachsichtig», sagte Kleiner Vogel in seinem üblichen Singsang. «Sein Herz ist zart wie das eines jungen Mädchens. Und wird ihm nicht das Herz eines jungen Mädchens den Tod bringen?»
    «Unser Bruder Juchi», rief Chanat, «hieb dem Prinzen im Sterben den Arm ab, zumindest beinahe; er schlitzte ihn der Länge nach auf.»
    «Wäre es nur seine Kehle gewesen!» Attila beugte sich nach vorn, stützte die Ellbogen auf die Knie und vergrub das Gesicht in den mächtigen Händen. «Einer nach dem anderen fallen meine Auserwählten.» Seine Stimme klang leise und gedämpft.
    Chanat zögerte, dann aber zog er sich zurück, um diesen unziemlichen Schmerz nicht mit ansehen zu müssen. Kleiner Vogel zwirbelte die Bänder in seinem Haar, wie ein selbstvergessenes Kleinkind neben seiner weinenden Mutter.
    Attila blieb reglos auf seinem hölzernen Thron sitzen. Nur Noyan war von den drei mächtigen Brüdern, den Söhnen Akals, noch am Leben. Juchi hatte ein flachshaariger Visigotenjunge erschlagen. Bela war bei der Brücke über die Morava niedergeknüppelt und ertränkt worden. Und der ehrgeizige junge Yesukai mit seinen hellen Augen, von blindem Vertrauen beseelt, wie nur die Jugend es sein kann, er war als Erster gestorben. Wie lange das her zu sein schien! Wie er damals auf einen Schwarm Rebhühner geschossen hatte, direkt vor dem Lager der Kutriguren, und fast alle hatte er getroffen. Dieser Narr. Attila lächelte, obwohl seine Augen beim Erinnern tränenfeucht glänzten. Yesukai starb im Kampf gegen die Kutriguren, er starb, damit die Kutriguren und ihre Hunnenbrüder zu einem ruhmreichen Volk verschmelzen konnten. Attila sah ihn vor sich im Sterben liegen, den jungen Yesukai, ein Pfeil war ihm direkt durch den Arm in die Brust gedrungen, Chanat hatte seinen Kopf gehalten.
    Der Geier klage laut überm Tien Shan, Der Wind heule über den satten Ebenen, Der Regen falle das ganze Jahr überm grünen Grasland, aus Trauer um Yesukai!
    Und nun möge der Geier auch um Juchi klagen, und die Himmel mögen um ihn weinen. Und um Bela. Vielleicht auch um Csaba, der im irren Schlachtgetümmel vor den Mauern Viminaciums so schwer verwundet worden war und seitdem selbst halb irre war. Doch um den verfluchten Verräter Candac sei niemals eine Träne geweint!
    Nur noch sein ständiger Begleiter Orestes und der alte Chanat waren bei ihm, außerdem Geukchu und der Einzelgänger Noyan. Und Rom war noch immer so weit entfernt.
    * * *
    Aëtius hatte kaum drei Stunden auf einer groben Strohmatratze im Wachraum des Militärtors V geschlafen, als er durch lautes Schreien wach wurde. Nach wie vor ganz erschöpft, glaubte er, noch zu träumen, als er auf die dunkle Brüstung hinaustrat und sah, dass eine weitere Attacke voll in Gang war. Attila nutzte ihre Erschöpfung aus, um sie zu zerstören. Wie konnten sie noch eine Schlacht bestehen, nachts, nach einem Tag wie diesem?
    Doch es half nichts, sie mussten kämpfen.
    Es war wie ein Traum für die erschöpften Verteidiger auf den Mauern. Genauso sahen sie die großen Belagerungsgeräte in der Dunkelheit auf sich zurollen, im Licht von zehntausend Fackeln, und im Fackelschein sahen sie Pfeile mit schimmernden Eisenspitzen auf sich zufliegen. Sie hörten die Schreie und das Herabstürzen von Männern. Das entfernte Vibrieren der Onager, die gegen die Mauer schossen, war zu vernehmen, und das langsame Knacken und Rieseln bröckelnden Mauerwerks. Nein, sie konnten nicht erneut gewinnen. Nicht jetzt. Vielleicht in einem Traum …?
    Die Hunnen versuchten ein weiteres Mal, die Mauer zu erklimmen, während oben die Palatinische Garde und die letzten Aufrechten der Bürgerwehr das drei Meilen lange Stück der Stadtmauer mit ihren Schwertern und den gröberen Keulen und improvisierten Waffen verteidigten. Obwohl die Hunnen zu Hunderten, ja Tausenden heraufströmten, war nur ein langsames und sehr blutiges Vorankommen möglich. Unten vor der Mauer, zu Füßen des vierzig Fuß hohen Kliffs, türmten sich die Leichen der Hunnen wie ein erledigter Schwarm Fliegen im Sommer.
    Von Süden her war ein dumpfer, hohler Klang wie von Holz zu hören – das nächste Tor wurde mit dem Rammbock

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