Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
Vom Netzwerk:
seinen Bogen zurück. «Spinner.»
    «Oder doch ein Held?», erwiderte Arapovian bitter.
    «Läuft auf dasselbe hinaus», sagte Faustriemen.
    Unten am Fuß der Mauer ließ die brennende Schildkröte ein letztes Ächzen vernehmen. Wie ein riesiges Urtier im Todeskampf neigte sie sich zur Seite, schwankte noch einmal und stürzte dann unter einem gewaltig aufsprühenden Funkenregen und donnerndem Getöse endgültig in sich zusammen. Glühende Eisenplatten polterten scheppernd durcheinander, und aus dem Rauch stieg der beißende Gestank verschmorender Seile und, grässlicher noch, verbrannter Menschenleiber auf. Der halb in die Erde gebohrte Bronzekopf des Rammbocks glänzte matt aus den Flammen empor. Ein letzter Krieger kroch schwer verwundet aus den Trümmern, robbte mit wild rudernden Armen auf dem Boden vorwärts, als wollte er durch den Sand schwimmen. Dann richtete er sich auf den Knien auf und versuchte ein reiterlos umherirrendes Pferd zu fassen zu bekommen, das ein überraschtes Schnauben ausstieß.
    «Gebt ihm den Rest», knurrte Tatullus unwillig.
    Ein Bolzen erlöste ihn von seinen Leiden. Der Staub legte sich, die Männer atmeten durch.
    Es war noch nicht Mittag. Während die
pedites
die Soldaten mit Wasser versorgten, kam Sabinus den Wehrgang entlang. Arapovian stand hastig auf.
    Tatullus salutierte. «Herr. Rammbock außer Gefecht gesetzt.»
    Ein glänzender Erfolg, gewiss, aber Sabinus war nicht nach Lächeln zumute. Sie hatten Malchus verloren, und dieser Verlust wog schwer. Also nickte der Legat bloß und kehrte an seinen Posten auf dem Westturm zurück.
    * * *
    Der Ansturm der Hunnen ruhte vorläufig. Die Reiterscharen hatten sich weit bis an den fernen Hügelkamm im Westen zurückgezogen. Ihre Onager schwiegen. Es war, als würden sie innehalten, vielleicht sogar zögern. Offenbar war dieses unterbesetzte und von allem abgeschnittene Kastell eben doch nicht so leicht zu knacken. Doch Sabinus und seinen Offizieren stand das Auftreten des grimmig blickenden, tätowierten Kriegsherrn auf seinem schäbigen, gescheckten Pferdchen noch lebhaft vor Augen. Er würde wiederkommen. Die Atempause, die ihnen vergönnt war, würde nicht von Dauer sein.
    Sabinus schickte Tatullus los, um eine unauffällige Zählung durchzuführen. Das Ergebnis war schockierend. Nur noch knapp vierhundert ausgebildete, kampffähige Soldaten standen ihnen zur Verfügung, ein Fünftel seiner Männer war bereits tot oder verwundet. Die
pedites
und Sanitäter hatten sogar noch schlimmere Verluste zu verzeichnen. Vor diesen wie Hagel prasselnden Pfeilen gab es kein Entrinnen, das war klar, und die Hunnen würden bald zurückkehren, zu Tausenden.
    Wenn die Götter gerecht waren und auch einfache Männer belohnten, die kämpften wie Helden, dann musste doch jetzt bald Verstärkung eintreffen. Oder vielleicht eilte ihnen gar eine Göttin zu Hilfe, die grauäugige Pallas Athene etwa, die einst vom Olymp auf die windige Ebene Trojas herniedergestiegen war, um ihren geliebten Odysseus zu beschützen. Sabinus lächelte säuerlich. Na, wohl kaum. Die alten Götter waren tot. Das hatten der Kaiser und seine Bischöfe verkündet. Selbst der Siegesaltar war aus dem Senat entfernt worden. Fortan mussten die Menschen ganz allein kämpfen, mit einem symbolischen Fisch oder einem Kreuz aus Holz als einzigem Beistand.
    In Ratiaria waren sechstausend Mann unter Waffen stationiert. Weitere dreißig- oder vierzigtausend in Marcianopolis: die oströmische Feldarmee in all ihrer Herrlichkeit. Der Horizont ringsum aber war menschenleer und still.
    Die Sonne brannte vom wolkenlos blauen Himmel. Hoch über ihnen sausten Mauerschwalben in der lauen Luft umher, als wäre heute ein Tag wie jeder andere. Vom Fluss drang der ferne Schrei eines Reihers zu den Männern auf den Mauern herüber. Während sie hier starben, ging das Leben in der Natur einfach weiter.
    Die Römer tranken Wasser mit einem Schuss sauren Wein, stärkten sich mit Pökelfleisch und Zwieback aus Gerstenmehl, ruhten sich im Schatten der Türme und Baracken aus. Tatullus drehte unermüdlich seine Runden, begutachtete Waffen und Wunden, verteilte halblaut Befehle. Er überprüfte, ob die Schilde seiner Männer innen mit einem ausreichenden Vorrat
mattiobarbuli
versehen waren, bleibeschwerte Wurfpfeile, die ideal zur Verteidigung gegen von unten anstürmende Feinde waren. Ein junger Schleuderer, der im Schneidersitz am Boden saß und mit vor Eifer zwischen die Zähne geklemmter Zunge irgendetwas

Weitere Kostenlose Bücher