Attila - Die Welt in Flammen
nicht. Aus der Ferne drang ein Hornsignal herüber, und das Donnern von Hufen. Vielen Hufen.
«Steckt doch das verfluchte Ding in Brand!», brüllte Sabinus seine
pedites
zornig an. Er würde drei gute Männer verlieren, für nichts und wieder nichts. Drei sehr gute Männer. Diese tausend Reiter würden jetzt jeden Moment hier sein. Erste vereinzelte Pfeile prasselten bereits gegen die Mauern. Sabinus eilte aus der Wachstube hinaus an die Brustwehr. Einer seiner Männer bot ihm seinen Schild an, aber er schob ihn schroff beiseite. Ganz in der Nähe klapperte ein weiterer Pfeil auf den Boden. Geistesabwesend hob er ihn auf und zerbrach ihn über seinem kräftigen Schenkel.
«Steckt es jetzt endlich in Brand! Pedites, schafft mehr Teerfässer hier hoch. Ist mir egal, ob da Pfeile fliegen, Mensch! Natürlich fliegen da Pfeile, das ist eben so, wenn man gerade belagert wird, verflucht nochmal. Jetzt schafft mehr Fässer her, aber Tempo! Armbrustschützen, her zu mir.» Er kauerte sich hinter die niedrige Brustwehr, die kaum ausreichte, um seiner massigen Gestalt Schutz zu bieten.
Die acht Schützen kauerten sich ebenfalls hin.
«Ich will, dass alles, was sich in dieser Schildkröte und darum herum bewegt, gleich tot im Dreck liegt. Nur unsere drei Leute nicht. Kapiert?»
Die Schützen spannten ihre Armbrüste, richteten sich auf, feuerten und gingen in einer fließenden Bewegung sogleich wieder hinter der Brustwehr in Deckung.
«Jetzt ihr, Pedites! Steckt diese Teerfässer in Brand und rollt sie über die Brüstung.»
Die Pfeile verdichteten sich zu einem Hagel aus Eisen. Einem der Armbrustschützen wurde von einem Pfeil die Wange aufgerissen. Ein zweiter schickte sich an, ihm die Treppe hinunterzuhelfen.
«Er hat nicht das Augenlicht verloren, und du wirst hier auf der Mauer gebraucht, Soldat! Lass seine Hand los!» Zu dem Verwundeten gewandt, fuhr er in freundlicherem Ton fort: «Hast dich tapfer geschlagen, Soldat. Jetzt geh ins Lazarett und lass dir das zusammenflicken. Mit der Narbe werden sich die Huren um dich reißen.»
Der verlassene Südwestturm erzitterte wieder.
«Laden.»
Er hielt stand wie ein Fels in der Brandung, dieser Legionslegat, der fluchte wie ein Kesselflicker. Nichts schien ihm Angst einjagen zu können. Die Männer spannten ihre Armbrüste.
Nur gut, dass sie in ihm einen Fels in der Brandung sahen. In Wahrheit hatte Sabinus ebenso viel Angst wie sie. Aber er war ein besserer Schauspieler. Nur deswegen hielt er die Hände zu Fäusten geballt: damit sie nicht so sehr zitterten. Er grinste und boxte einen Mann gegen die Schulter. «Mach sie kalt, alle.»
Dann richtete er sich wieder auf und zurrte die Riemen seines undurchdringlichen Brustpanzers aus Bronze an den bulligen Schultern fest.
«Bringt die restlichen Teerfässer zum Einsatz! Das können doch noch nicht alle sein!»
Die
pedites
schwitzten Blut und Wasser. Mit Brandpfeilen wurden weitere Teerfässer in Brand geschossen. Die Außenseite der Verschalung brannte stetig vor sich hin.
Er wandte sich ab und blickte hinunter auf den wilden, langhaarigen Reiter unten vor der Mauer, der mit gellender Stimme barbarische Verse kreischte.
«Den da, abschießen. Da unten, den Dichter.» Er spuckte kräftig aus. «Von Spinnern wie dem da lasse ich
mein
Kastell nicht belagern.»
Wieder richteten sich die Schützen gleichzeitig auf, traten vor, nahmen durch den heranregnenden Pfeilhagel ihr Ziel ins Visier, feuerten und gingen wieder in Deckung. Keiner war getroffen worden.
Sabinus linste durch eine Schießscharte nach unten. «Kekse für alle», brummte er.
Drei Bolzen gingen daneben. Einer traf das Pferd des Hunnen. Drei trafen den Krieger: Einer drang ihm in den Oberschenkel, einer in die Seite, einer in die Schulter. Er schrie vor Schmerz, in schaurigem Duett mit seinem vor Qual wiehernden Pferd, das sich ungestüm aufbäumte und mit den Vorderhufen in der Luft ruderte. Der Krieger zerrte brutal am Zügel und zwang es auf die Erde hinab; Blut sickerte in einem dünnen Rinnsal von dem Bolzen, der in seiner muskulösen Hinterbacke steckte. Er riss das Tier herum, den rechten Arm quer über die Brust gelegt, die Hand auf die linke Schulter gepresst, wo zwischen seinen Fingern Blut hervorquoll, um die Sklaven in dem Rammbock, wild mit der Peitsche in seiner Linken fuchtelnd, noch einmal anzufeuern. Der Bolzen aber war bereits abgebrochen und ließ Blut in seine Lunge strömen, und seine Stimme klang heiser und schwach und
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