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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Mannschaftsbaracke VII befand sich das niedrige, lang gezogene Lagergefängnis mit den fensterlosen, feuchten, übel riechenden Arrestzellen; ein schmaler Gang, mit einer Tür verschlossen, führte auf sie zu. Aus Sicherheitsgründen war das Dach nicht mit Stroh gedeckt, sondern mit schweren Ziegeln. Gleichsam vom selben Instinkt getrieben, trafen Faustriemen und Arapovian am Eingang zusammen und schoben sich hastig mit dem Rücken voran hindurch, wachsam nach allen Richtungen Ausschau nach Hunnen haltend.
    «Mensch. Manche Leute wird man einfach nicht los», sagte Faustriemen.
    «Die Familien.» Arapovian deutete mit dem Kopf hinter sich.
    Faustriemen drehte sich um. In dem steingefliesten Gang lagen bereits vier oder fünf Leichen. Am hinteren Ende konnte er im Dämmerlicht eine massiv mit Eisen beschlagene Falltür erkennen, eingelassen in die Steinplatten. Das musste der Zugang zum Kerker sein. Sie könnten immer noch –
    «Heiland!» Arapovians Ausruf galt einem Hunnen, der auf seinem Pferd plötzlich am Eingang aufgetaucht war. Er schoss ihn mit einem Pfeil herunter, und Faustriemen gab ihm mit seiner Keule den Rest. Sie wichen wieder in den dämmrigen Gang zurück.
    «Na großartig», sagte Faustriemen. «Jetzt werden sie wie die Fliegen heranschwärmen.»
    «Sie dürfen die Falltür nicht finden. Los, deck die Leichen drüber», drängte Arapovian.
    Faustriemen sah ihn böse an. «Von dir lass ich mir nichts befehlen, verfluchter Parse.»
    Arapovian ging nicht darauf ein. Eine Gruppe Krieger kam im vollen Federschmuck die Gasse herab, blutbesudelt, wie im Fackelschein zu erkennen war. Sie hatten das reiterlose Pferd bemerkt, die dunkle Gestalt, die daneben am Boden lag.
    «Los, nun mach schon. Deck die Falltür ab. Vielleicht übersehen sie sie dann, wenn sie über unsere Leichen hereingestürmt kommen – und die Familien kommen doch noch mit dem Leben davon. So entgehen beide auf ihre Art diesen ungläubigen Wilden, die Toten und die Lebenden.»
    «Himmel Herrgott», knurrte Faustriemen, machte sich aber dann doch daran, eine breite Blutspur hinterlassend, die Leichen den Gang hinunterzuschleifen und sie auf der Falltür übereinanderzupacken wie tote Fische, missmutig vor sich hin grummelnd. Er dachte an die Familien, die Frauen, Kinder und zahnlosen Alten, die unten in dem finsteren, stickigen Kerker ausharrten, malte sich ihre Angst aus, die bange Ungewissheit. Vielleicht aber überlebten sie da unten am Ende.
    Er betrachtete den Leichenhaufen. «Könnten wir uns nicht dazwischen verstecken?», überlegte er laut.
    «Schaffen wir nicht mehr», sagte Arapovian und führte einen Hieb mit seinem Schwert.
    Das Gebäude war umstellt. Wieder kämpften die beiden Männer im Schutz der schmalen Türöffnung wie die Berserker. Vor ihnen im Fackelschein ein Gedränge kupferfarbener Gesichter und Körper, gefletschte Zähne, ganz vorn ein kräftiger Hals, um den ein Lederriemen mit abgeschnittenen Ohren hing. Den Kopf darüber schlug Arapovian mit einem Hieb ab. Ein Wummern war zu vernehmen, offenbar versuchten sie, die Mauern von außen einzurammen, aber das war aussichtslos: Zum Schutz vor Fluchtversuchen war das Gefängnis besonders stabil erbaut. Auch oben auf dem Dach stießen die Krieger, die die schweren Ziegel abrissen, auf einen Unterbau aus dicken Balken. Es herrschte ein heilloses Durcheinander, und in ihrer Ungeduld, endlich in das Gebäude zu gelangen und die Sache zu beenden, wurden die Hunnen leichtsinnig. Faustriemen fegte einen mit seinem gepanzerten Unterarm beiseite, drosch einem anderen seine Keule ins Gesicht. Hinter der herandrängenden Meute saß ein Hunne noch auf seinem Pferd und schoss einen Pfeil auf sie ab, der aber in dem wogenden Getümmel einen seiner Kameraden tötete. Es war verrückt, aber es gelang ihnen einfach nicht, an diese letzten beiden heranzukommen. Einer schwenkte eine kleine Spitzhacke, vor Wut heulend und am ganzen Leibe bebend. Arapovian schlitzte ihn mit seinem Schwert auf, während Faustriemen unermüdlich seine Keule schwang, sie auf Köpfe niedersausen ließ oder in Brustkörbe rammte. Fluchende Krieger gerieten sich immer wieder dabei in die Quere, diesen beiden in die Enge getriebenen Männern endlich den Garaus zu machen, die ihren Sieg durch ihr Überleben so schimpflich verhöhnten.
    «Bringt das Dach zum Einsturz!», rief ein hunnischer Befehlshaber, der hinter ihnen auf seinem Pferd saß. Er lehnte sich im Sattel zurück und deutete mit der Hand umher.

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