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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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sagte Arapovian. «Wie ist dein Name?»
    «Barrabas», antwortete der Häftling mit einer Stimme, die sich anhörte, als hätte er seit einer Woche nichts mehr zu trinken bekommen. Arapovian wich zurück. Der Mann stank fürchterlich aus dem Mund.
    Faustriemen trat drohend auf ihn zu. «Keine faulen Witzchen, ja.»
    «Es stimmt aber», flüsterte der Häftling heiser.
    «Was bist du denn, der Ewige Jude persönlich oder so?»
    Der Häftling zuckte die Achseln. «Bloß meines Vaters Sohn.»
    «Wofür haben sie dich eingebuchtet?»
    «Diebstahl aus dem Getreidespeicher.»
    «Tss, tss. Du hast keinen Schimmer davon, was oben los war, richtig?»
    Der Häftling schüttelte unglücklich den zottelhaarigen Kopf. «Mir war, als ob ich Rauch geschnuppert hätte. Hat’s gebrannt?»
    «Ein bisschen.» Faustriemen wandte sich Arapovian zu. «Ist ja wohl zum Lachen. Alle anderen werden umgebracht. Und der einzige Häftling, der auf seine Hinrichtung wartet, bleibt ungeschoren.»
    «Wie schon ungleich weisere Männer vor uns festgestellt haben», antwortete Arapovian, «pflegt der Himmel mitunter einen eher hintersinnigen, boshaften Humor.»
    «Ganz meine Rede.»
    Arapovian hielt dem Häftling die Spitze seines Dolchs an den Hals. «Ich verstehe zwar nicht, warum, aber es sieht so aus, als wärst du, wie dein Namensvetter aus der Bibel, dazu bestimmt, dem Tode zu entrinnen, während andere sterben müssen. Du kommst mit uns. Aber mach ja keine Dummheiten, sonst bringe ich dich um. Du hältst dich für hart, aber ich bin härter.»
    «Das stimmt übrigens», bestätigte Faustriemen mit einem Nicken in Arapovians Richtung. «Er mag ja aussehen wie ein persischer Edelmann, der sein Leben lang in Eselsmilch gebadet hat. Aber der Schein trügt.»
    «Ich bin Armenier», sagte Arapovian.
    «Meinetwegen», brummte Faustriemen. «Orient ist Orient.»
    Etwas landete mit einem dumpfen Aufprall auf der Falltür über ihnen. Ein brennender Balken.
    «Verflucht», sagte Faustriemen.
    «Habt ihr noch mehr Öl dabei?», fragte Arapovian.
    Eine Frau schüttelte den Kopf.
    «Dann löscht die Lampe erst mal wieder. Wir werden sehr lange warten müssen.»
    Die Menschen versuchten zu schlafen. Arapovian murmelte leise die Litaneien seines Glaubens in der alten Sprache vor sich hin. Faustriemen lag schnarchend da, seine geliebte Keule an die Brust gedrückt, wie ein Kind seine Puppe im Schlaf an sich drücken mochte. Von oben drang gedämpft das Tosen und Prasseln des Feuers herunter.
    Nachdem seiner Einschätzung nach etliche Stunden verstrichen waren, schlich Arapovian durch die Finsternis zur Treppe und dann die Stufen hinauf zu der Falltür. Nach einer kurzen Pause schnappte er laut nach Luft.
    Faustriemen war inzwischen wach und hörte ihn. «Halt, lass mich raten. Sie ist heiß.»
    Arapovian kehrte nach unten zurück.
    «Man sollte nie eine eisenbeschlagene Falltür im Fußboden eines Gebäudes anfassen, das schon den ganzen Tag brennt», klärte Faustriemen ihn hilfsbereit auf, «nicht mal als parsischer Feueranbeter. Da holt man sich üble Brandblasen, wie dir sogar meine liebe Oma, die Hure, hätte sagen können, Gott hab sie selig.»
    «Halt die Klappe, du Affe», zischte Arapovian.
    «Nenn mich nicht Affe.»
    «Nenn du mich nicht ständig einen Parsen, dann überlege ich’s mir.»
    Faustriemen seufzte.
    Arapovian hockte sich auf den Boden, pustete gegen seine versengten Fingerspitzen und kam sich sehr töricht vor. Ein für ihn ungewohntes Gefühl, das ihm sehr unangenehm war. Er blickte in der Finsternis nach oben. Diese Eisenbeschläge würden bald zu glühen anfangen, und das Holz an der Oberfläche würde irgendwann vollständig verkohlt sein. Dann würde die Tür einstürzen, und das wäre ihr Ende.
    Die verängstigten Angehörigen blickten blind in der Finsternis umher. «Sind die Eindringlinge fort?», fragte der alte Mann.
    «Nein», erwiderte Arapovian. «Die Legion ist fort, sie existiert nicht mehr. Wir sind die Einzigen, die noch übrig sind.»
    Bestürztes Schweigen, dann leises Schluchzen, als die schreckliche Wahrheit in ihrer vollen Tragweite erfasst wurde. Der Kerker war voller Witwen und Waisen.
    Der alte Mann streckte die Hand im Dunkel aus und packte den Armenier am Arm. «Werden wir überleben? Unsere Kinder?»
    Arapovian pflückte seine Hand behutsam ab. Erst nach längerem Schweigen antwortete er. «Ich weiß es nicht. Falls die Falltür nicht einstürzt, dann … möglicherweise.»
    Das Feuer über ihnen toste noch

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