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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Boden, und Faustriemen hob den Fuß und brach ihm das Genick.
    Die steile, zerklüftete Außenseite des Trümmerhaufens war mittlerweile überzogen von Blut und Schlimmerem. Sabinus bewegte sich etwas unterhalb seiner Männer langsam an dem Wall entlang und feuerte sie lautstark an. Kein Einziger war bisher gefallen. Mein Gott, ganz wie in alten Zeiten, dachte Sabinus: Römische Soldaten, Seite an Seite aufgebaut wie eine Mauer, ohne zu wanken und zu weichen, die ohne Mitleid Hackfleisch aus dem Feind machten. Unterdessen türmten sich die Haufen der toten Hunnen auf dem Trümmerhang immer höher.
    Arapovians Plan erwies sich als goldrichtig; zumindest in Anbetracht der Lage, in der sie sich nun einmal befanden. Pausenlos stießen, stachen, schlitzten die Spieße. Die Verteidiger hätten vor Erschöpfung längst zusammenbrechen müssen, schöpften aber eine Art Todesenergie aus den verheerenden Verlusten, die sie ihrem verwirrten Gegner zufügten. Die Hunnen kamen einfach nicht voran, und vor Zorn darüber gebärdeten sie sich immer kopfloser. Eine Welle nach der anderen flutete gegen die unerbittliche Phalanx der Spieße an, und ebenso stürzte eine Welle nach der anderen wieder zurück, mit aufgeschlitzten oder erschlagenen Körpern. Selbst für diese hartgesottenen Steppenkrieger entwickelte sich diese Nacht allmählich zu einem Albtraum.
    Sabinus sah, wie Arapovian kurz innehielt und den Kopf zur Seite drehte.
    Dann wandte er sich wieder dem Kampf zu, hieb einem weiteren Angreifer mit einem Schwertstreich einen Arm ab und beförderte ihn mit einem Tritt vor die Brust zurück in die Tiefe. Um erneut lauschend den Kopf zur Seite zu wenden.
    Jähe Hoffnung keimte in Sabinus auf. Der Armenier hatte mit seinem feinen Gehör … Trompeten gehört! Der Legat tat es ihm gleich und horchte nun selbst. Kurze Stille. Und dann …
    Er schloss die Augen. Es waren keine Trompeten. Das war ein schweres Gewicht, das gegen das Südtor wummerte.
    Ein letztes Mal quälte er sich die Treppe hoch, die auf die Mauern führte.
    Sie hatten einen der Onager herbeigeschafft. Er stand nur fünfzig Meter entfernt, und die abgefeuerten Steine krachten brutal und mit voller Wucht gegen das Tor.
    Er kehrte wieder nach unten zurück und zurrte sich dabei den Bronzeharnisch so fest um den mächtigen Leib, wie es nur ging. Wie um sich zu wappnen, ein letztes Mal. Dann schritt er zum Südtor hinüber.
Wuumpff
. Die Torflügel erzitterten, die großen Querbalken wackelten in ihren Halterungen, Holzsplitter flogen umher. Die Idee des Armeniers war goldrichtig gewesen, für ein verzweifeltes letztes Gefecht. Aber auch dieses Gefecht war nun gescheitert.
    Wie ehrenvoll aber war sie gescheitert, die VII . Legion, wie tapfer! Hätte irgendeine andere Legion es ihnen gleichtun können? Ach, käme doch wenigstens einer von ihnen lebend hier heraus, oder auch zwei, um der Welt von ihrem einsamen, standhaften Ringen zu berichten: Eine solche Geschichte hatte das Zeug zur Legende. Eine Nacht und einen Tag lang hatten sie einer riesigen Streitmacht die Stirn geboten. Und kämpften noch immer. Das war nicht wenig. Das durfte wohl durchaus als eine Art Heldentod gelten.
    Die Torflügel neben ihm erzitterten unter dem nächsten Aufprall. Er konnte die Tränen nicht zurückhalten, als er zu seinen letzten Getreuen hinübersah, die dort auf den dunklen Trümmern des eingestürzten Eckturms kämpften und wohl auch umkommen würden. Sie hatten den Onager noch immer nicht gehört. Soldaten, die nebenher Bauern waren, Männer mit Frauen und Kindern. Er wusste, wofür sie so wild und verzweifelt kämpften. Nicht für Rom, weder das alte noch das heutige, noch für den Kaiser auf seinem goldenen Thron. Sie kämpften für die Frauen und Kinder, die draußen auf ihren Gehöften zurückgeblieben waren oder unten im Kerker des Kastells zitterten. Die Torflügel neben ihm zersplitterten zunehmend. Dass Gott sich der armen Geschöpfe erbarme, die dort unten in der Falle saßen! Wenn sie in die Hände der Hunnen fielen, drohte ihnen ein Leben in Sklaverei – oder ungleich Schlimmeres.
    Für ihn wiederum würde es nun keinen beschaulichen Lebensabend auf dem Weingut in Thrakien geben, auch seine scharfzüngige, temperamentvolle Domitilla würde er niemals wiedersehen.
Nur noch drei Monate.
Das Glück der Kassandra. Beim Gedanken daran, wie diese Barbaren sein Leben zerstört und ihn um seinen wohlverdienten, friedlichen Ruhestand gebracht hatten, stieg Hass in ihm auf.

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