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Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Titel: Auch dein Tod ändert nichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Rees
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Das Hingucken nimmt mich so in Anspruch, dass ich mit dem Fuß hängen bleibe und fast ins Wasser falle. Sie fängt an zu lachen. Sie beobachtet mich auch. Ich merke, wie ich ein heißes Gesicht bekomme, und wende mich ab, tue so, als wäre ich beschäftigt.
    Als ich das nächste Mal aufblicke, ist sie aufgestanden, die Tasche über die Schulter gehängt. Als sie über das Gras geht, ist ihr Schritt so leicht wie der einer Tänzerin.
    »Du bist doch Jamie, oder? Jamie Maguire? Marthas Bruder? Ich hab dich vor Kurzem im Café gesehen.«
    »Richtig.«
    »Also hören wir auf so zu tun, als würden wir uns nicht kennen. Kann man dich mieten?«
    »Ja, klar.«
    »Wie viel?«
    Ich deute mit dem Kopf auf die Schrifttafel. »Zehn Pfund die halbe Stunde.«
    Sie holt einen Zwanziger raus. »Hier bitte. Gib mir eine Stunde.«
    Ich nehme den Schein und stecke ihn in die Geldtasche, die ich umgeschnallt habe.
    »Wohin möchtest du?«
    »So weit, wie du mich bringst.« Sie steigt ins Boot. »So weit wir fahren können.«
    Ich helfe ihr auf einen Sitz und stoße uns ab. Sie lehnt sich gegen das Polster und lässt eine Hand durch das Wasser gleiten.Sie sagt nichts, und so bleibe ich auch still. Da sie eine Sonnenbrille trägt, kann ich ihre Augen nicht erkennen, aber ich habe das Gefühl, dass sie geschlossen sind. Ich nutze die Gelegenheit, die sie mir bietet, sie genauer zu betrachten. Ich wende das Boot von der Brücke ab, wo das Wasser zu tief für Stocherkähne ist. Ich weiß, wohin ich sie bringen will. Ich lasse die Stange durch die Finger gleiten und benutze sie als Steuer. Wir treiben mit der Strömung flussabwärts.
    »Da ist es.« Ich lenke den Kahn auf die kleine Insel zu, die erste einer regelrechten Kette oberhalb des Stauwehrs. »Wir müssen da unbedingt anhalten.«
    Ich springe raus, ziehe das Boot unter die Weiden und sichere es an einem dicken Ast. Dann richte ich das Boot so zum Ufer aus, dass sie direkt aussteigen kann, ohne nasse Füße zu bekommen. Ich stehe bis zu den Knöcheln im Wasser, möchte aber nicht, dass sie einen ihrer leichten Schuhe im saugenden Schlamm verliert. Ich klettere ans Ufer, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Sie fasst meinen Arm, und ich stütze ihr plötzliches Gewicht. Als sie das Ufer betritt, lässt sie nicht los.
    »Was für ein magischer Ort.«
    Sie streckt die Hand aus und streicht über die braune, pelzige und feste Oberfläche eines Rohrkolbens, dann langt sie nach unten, um die wächsernen blassgrünen Lanzettblätter und die leicht gekräuselten gelben Blüten einer Iris zu berühren. Ich lächele. Ich wusste, dass es diese Wirkung haben würde. Man hat hier den Eindruck, als würde man in eine grüne Grotte treten, deren Wände aus lebendiger Weide gewebt sind. Sie hält meine Hand, als hätte sie vergessen, sie loszulassen, und wir gehen über dicken Grasteppich, der übersät ist mit goldenen Butterblumen.Auf der anderen Seite der Insel gibt es einen Teich. Das Wasser da ist tief und klar, füllt das Becken bis an den oberen Rand, bevor es über die Kante des Wehrs fließt und in Stufen strudelnd hinabströmt.
    »Kann man da schwimmen?«, fragt sie.
    »Ich denke schon.« Ich zucke mit den Schultern, obwohl überall Verbotstafeln angebracht sind. »Allerdings ist es nicht besonders sauber.«
    Ich rümpfe die Nase. Über dem Wehr riecht es schwach nach Chemikalien. Unten steigt aus dem aufgewühlten Wasser Schaum aus Waschmittelresten auf.
    »Kann man hier irgendwie sonst auf die andere Seite kommen?«
    »Es gibt eine Holzbrücke von den alten Schrebergärten aus. Die ist ziemlich wacklig und zusammengeflickt. Beim Hochwasser letztes Jahr ist ein Teil davon weggerissen worden.«
    »Was ist da drüben?«, fragt sie und zeigt über das Wehr.
    »Nicht viel. Eigentlich alles so wie hier, nur kleiner. Sie werden Werder genannt. Kleine Inseln im Fluss. Zu der da kommst du nicht von Land aus. Du musst über das Wehr gehen, und die Steine sind glitschig.«
    »Und was passiert, wenn du ausrutschst?«
    Ich blicke über das Stauwehr und auf die ausgeriffelten Betonstufen, den schweren zischenden Ansturm des herabstürzenden Wassers und die sich drehenden Wirbel am Fuß der Stromschnelle.
    »Wahrscheinlich ertrinkst du.«
    »Ich will rübergehen.«
    Sie lässt meine Hand los und streift die Schuhe ab. Dann geht sie los, schreitet hinüber, so trittsicher wie ein Wasservogel.
    »Pass auf den Stein in der Mitte auf«, schreie ich. Doch sie ist bereits über ihn hinweggetreten, als wüsste

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