Auch Deutsche unter den Opfern
sich nur über den Hut schwingen und sie dann
festzurren, aber so ganz fest zurrt er sie eh nie. Immer schön offen halten alles.
12. Interview mit Gott
Er war lange weg, wir sprechen exklusiv
über sein Comeback
Das Album »Stark wie Zwei« ist im Presswerk, und natürlich
wird man es sich auch aus dem Internet runterladen können. Musikalisch ist das
Comeback gelungen, nun muss es nur noch vollzogen, die öffentliche Ernte eingefahren
werden. Am kommenden Freitag ist die Platte, wie man so sagt, »draußen«, die Single
»Wenn du durchhängst« wird von den paar weniger infantilen Radiosendern im
Stundentakt gespielt, am Samstag wird Lindenberg sie bei »Wetten dass . . ?«
vortragen – »aber nicht aufs Sofa, keine Lust, da gummibärchenessend irgendwelchen
Rekordbaggerfahrern die Daumen zu drücken«. Muss er nicht, wird er nicht. Ach, ist
das herrlich, dass er wieder Bedingungen stellen kann, so soll es sein!
Jeden Tag kommen jetzt Dutzende Journalisten und
Kamerateams ins »Atlantic«, befragen, filmen und fotografieren Lindenberg. Manche
stellen auch originelle Fragen, aber das ist ganz wurscht, Lindenberg antwortet
eigentlich immer ungefähr dasselbe, er hat inzwischen raus, welche Antworten und
Sprüche zu dieser Platte gut funktionieren, und doch ist keiner unzufrieden mit der
Interview-Ausbeute, schließlich variiert ja Lindenberg in seinem berühmten
»Freistil-Sprechen« dann doch wieder derart singulär, beugt die Grammatik, wie es
ihm gefällt, setzt neue Wörter zusammen, wie er das immer tut, einfach, um sich
selbst nicht zu langweilen. Und das Schöne ist ja: Wer wirklich etwas über ihn
erfahren oder gar von ihm lernen möchte, muss schließlich nur die Platte hören. Da
ist endlich mal wieder alles drauf: Liebe, Trauer, Kampf, Kapitulation, Überschwang,
Naivität, Einsicht, Provokation, Spielerei, Kitsch und Quatsch – wunderschöne kleine
Geschichten zu einer Musik, die all das untermalt und verstärkt, die diesem großen
Sänger Raum gibt, die ihn hält und bewegt.
13. Verbotene Stadt
Denn ich bin auf der Flucht
vor mir selber so weit weg gerannt
Und alles, was ich fühle
hab’ ich ganz weit weg verbannt
Vielleicht handelt der Text, den Lindenberg zu dieser
nicht anders als betörend zu nennenden Till-Brönner-Komposition singt, von einer
Liebe zwischen zwei Menschen. Man kann das so hören, je nach aktueller Gestimmtheit
als Bestätigungsmunition für einen Bruch oder als Ermutigungsproviant für einen
Wiederbeginn, so wie eben Lindenbergs große Liebeslieder immer diese beiden
Interpretationsvarianten zulassen. Aber man kann es auch als ein Liebeslied hören,
das keinem Menschen gilt – sondern der Musik. Der Held hat sie wieder, es war ein
harter Kampf.
Happy: ja. End: nein.
14. Der Astronaut muss weiter
Man weiß es nie genau
auf dem Raketenbahnhof
Wird man den nächsten Flug
lebendig übersteh’n
In der Garderobe der »Panik-Zentrale« hängt seit einiger
Zeit ein Astronauten-Anzug. Lindenberg hat ihn in einem Bühnengarderoben-Fundus
gekauft, so wie er sich eben manchmal nicht direkt zur Grundausstattung eines
Bürgers zu zählende Kostüme und Requisiten kauft, um dann mal zu gucken, was einem
damit so passieren oder einfallen kann. Unvergessen, wie er im letzten Herbst
plötzlich mit »Leuchthandschuhen« aus dem Lift in die Hotelhalle trat, an jeder
Fingerspitze eine kleine batteriebetriebene Glühbirne, und den irritiert ein paar
Schrittezurückweichenden anderen Hotelgästen gut gelaunt erklärte:
»Enorm praktisch, so Dinger.«
Den Astronautenanzug trug er beim Videodreh mit Jan Delay,
aber er trägt ihn »auch so« ganz gern mal, »ist doch astreine Ausgeh-Garderobe«. Und
in sternklaren Nächten steigt er damit hin und wieder aus dem Fenster des
Spitzwegstübchens, seinem Atelier im Dachgeschoss des Hotels. Dann stellt er sich
auf den kleinen »Schwindel-Austritt« und winkt den Sternen zu. Genau wie Detektive
gehören auch Astronauten und Außerirdische in allen Schaffensperioden Lindenbergs
zum Textpersonal, man kann mit ihnen so prima unbefangen und grundsätzlich über die
Menschheit sprechen – und uns danach ein schönes Lied davon vorsingen.
[ Inhalt ]
Leander Haußmann als Pädagoge
Peng, Peng, Menschen fliehen, Peng, Peng, Blut spritzt.
Leander Haußmann nickt zufrieden, es ist ja nur ein Spiel. Aber immerhin eines der
berüchtigten Sorte »Ego
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