Auch Die Waschmaschine Ist Nur Ein Mensch. Die Besten Technikgeschichten.
(Haifa) oder Michail Dimitrewitsch Krapotkin (Ramat-Gan) auf den fünften Platz vor.
Damit nicht genug, nahm eine neugegründete »Top-Pop-GmbH« den Betrieb auf. Ihre Reklameslogans lauteten: »Unser Schall fördert die Platte!« und »Mit Top-Pop zum Pop-Top«. Anstelle der bisherigen zeitraubenden Geschäftsmethoden verwendete die Firma einen hochorganisierten Computer, der jede Adresse auf ihre geographische Authentizität und jeden Text auf seine Glaubhaftigkeit prüfte, ehe die Karten nach Postleitzahlen gestapelt und ihr Versand in praktisch unbegrenztem Umfang aufgenommen wurde. »Erfolg garantiert!« hieß es im Prospekt. »Sondergebühren für Jahresabonnenten, Studenten und Militär.«
Die Rationalisierung des Kunstbetriebs in den Sendeanstalten hatte einen neuen, gewaltigen Schritt nach vorne getan. Fortan blieb es unseren ausübenden Künstlern erspart, ihr Talent und ihren Erfindungsgeist von so altmodischen Arbeitsprozessen wie dem Anfeuchten von Briefmarken behindern zu lassen.
Schallplatten ohne Schall
Einem alten jüdischen Brauchtum folgend, kaufe ich alljährlich eine Langspielplatte. Es ist schön, am feiertäglich zugerichteten Tisch zu sitzen und eine neue Langspielplatte zu hören. Es ist ein kleines Wunder für sich. Und es hält genauso lange vor wie das große: Nach acht Tagen haben wir die Platte satt und begraben sie bei den anderen, die wir satt haben und nie mehr hören wollen.
So muß ich Jahr für Jahr eine neue Platte kaufen, und dazu schickte ich mich auch diesmal wieder an. Die gewaltige Anzahl der inzwischen auf den Markt geworfenen Produkte ließ mich erbleichen.
»Entschuldigen Sie«, wandte ich mich an eine der Verkäuferinnen, ein anmutiges junges Mädchen, und wies auf einen Plattenumschlag, der unter dem Titel »Gezwitscher aus dem Wienerwald« ein anmutiges junges Mädchen auf einer Waldlichtung zeigte. »Was ist das?«
»Das ist eine Orginalaufnahme aus dem Wienerwald«, antwortete das anmutige Mädchen hinter dem Verkaufspult. »Hauptsächlich für Städter, die zu Hause gerne ein wenig Vogelgezwitscher hören möchten. Eine volle Stunde Zirpen und Zwitschern, Stereo. Wollen Sie es haben?«
»Eigentlich nicht«, gab ich zurück. »Mir genügt das Zirpen und Zwitschern meines Töchterchens Renana.«
Eine weitere Durchsicht des aufgehäuften Materials förderte immer unwahrscheinlichere Extreme zutage.
Das Feld der klassischen Musik mit all seinen Langspiel-Opern, Symphonien, Ouvertüren und Oratorien ist ja längst abgegrast, Jazz, Beat und Pop haben ihre Ein-Stunden- Schuldigkeit getan, Chöre, Sängerknaben, Wunderkinder und liturgische Gesänge sind von Tanz- und Turnplatten abgelöst worden. Jetzt hält man bei Bestsellern in Prosa und bei den großen Dramen der Weltliteratur.
»Vielleicht wollen Sie zu Hause den Hamlet spielen?« fragte das anmutige Mädchen. »Wir haben gerade die einstündige Langspielaufnahme der Old-Vic-Produktion hereinbekommen. Eine interessante Novität: Hamlets Text ist ausgespart, so daß ihn der Zuhörer selbst sprechen kann, und die größten englischen Schauspieler antworten ihm auf Stichwort…«
»Vielen Dank«, sagte ich. »Ich suche eine Platte für meine Frau.«
»Leider«, sagte die Anmutige. »Eine Ophelia-Ausführung haben wir nicht.«
Wir gingen durch die weiteren Vorräte und stießen auf »Nixons Rede in Ostberlin«, »Yehudi Menuhin liest das Alte Testament« und »Original-Tonaufnahmen von der Rennbahn in Ascot.«
»Halt – haben Sie vielleicht das Fußballmatch England gegen Ungarn?«
»Bedaure. Ausverkauft.«
Das anmutig Mädchen schlug mir eine Trappistenplatte vor: »Stille im Kloster von Grâce de Dieu«. Ich log ihr vor, daß wir diese Platte schon hätten. Und die Langspielplatte »Die Wiener Sängerknaben knabbern Erdnüsse« war zwar angekündigt, aber noch nicht ausgeliefert. Das Neue Jahr kam immer näher. Ich mußte eine Entscheidung treffen und entschied mich für etwas Politisches:
»Henry Kissinger denkt bei Harfenbegleitung nach.«
Stereo aus siebenter Hand
Allmählich mußten wir einsehen, daß unser alter Stereo-Plattenspieler, den wir für bare 3000 Israelische Shekel gekauft hatten, nicht mehr der beste war. Genauer gesagt: Er war unbrauchbar geworden. Zum Beispiel beschleunigte er um die Mitte jeder Darbietung seine Drehgeschwindigkeit so rasant, daß Schaljapin sich in einen strahlenden Sopran verwandelte und die ausdrücklich als »solemnis« bezeichnete Missa in ein zirpendes
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