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Auch ein Waschbär kann sich irren

Auch ein Waschbär kann sich irren

Titel: Auch ein Waschbär kann sich irren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Wasser zu kommen.
    Ich reichte Esther die Hand.
    »Verzeihen Sie, Esther, ich war nicht anständig zu Ihnen. Und ich wollte Ihnen nicht weh tun.«
    Ich ging, aber als sich die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, blieb ich stehen. Kurze Zeit später hörte ich in der Wohnung einen Staubsauger summen.
    Jeder Mensch sucht das Vergessen auf seine Art.

    Ich fuhr langsam in Richtung Hollywood und setzte mich in der Franklin Avenue in das kleine Lokal, wo ich mit Bill schon manches Glas getrunken hatte. Dort war Gwendy tagsüber an der Bar, ein Mädchen, in das Billy eine Zeitlang recht heftig verliebt gewesen war, allerdings ohne Erfolg; denn Billy war nicht Gwendys Typ.
    Ich drückte mich in eine Ecke. Außer mir waren nur noch drei Leute da. Gwendy kam gleich zu mir herüber.
    »Hallo, Jimmy«, sagte sie, »eine ganz verflucht traurige Geschichte, nicht?«
    Gwendy war siebenundzwanzig. Sie stammte aus Downtown und drückte sich nicht immer ausgesprochen vornehm aus, aber sie meinte es ehrlich, und man konnte sich auf sie verlassen.
    »Ja«, nickte ich, »verflucht traurig. Was weißt du davon? Ich war unterwegs und bin vorhin erst zurückgekommen.«
    »Auch nur, was mir Pat erzählt hat. Er ist irgendwo am Strand abgeschrammt, was?«
    »Das ist die offizielle Lesart.«
    Einen Sekundenbruchteil schaute sie mich verblüfft an. Sie hatte einen ganz, ganz leichten Silberblick.
    »Teufel auch«, sagte sie, »meinst du, daß sie ihn abgemurkst haben?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Es stimmt einiges nicht, Gwendy, ich weiß nur noch nicht, wie’s zusammengehört. War Billy in letzter Zeit mit einem Mädchen hier?«
    »Ja, zweioder dreimal.«
    »Was war das für ein Mädchen?«
    Sie wiegte den Kopf ein wenig.
    »Ach Gott«, sagte sie, »nichts Aufregendes. Blond, ein bißchen kleiner als er, viel zu kleine Nase, und ich glaube ziemlich unschuldig. Ein richtiges Veilchen, weißt du, zart, blauäugig, absolut nicht mein Geschmack. Aber Bill war wohl fürchterlich verknallt in sie.«
    »Weißt du zufällig, wie sie heißt?«
    Gwendy lächelte. Sie hatte einen großen, schönen Mund mit vollen Lippen und ein unglaublich gesundes Gebiß.
    »Er sagte nur Darling zu ihr. Als er einmal an mir vorbeikam und ich ihn spaßeshalber fragte, ob er mich nun endlich überwunden hätte, klopfte er mir väterlich auf die Schulter und meinte, ich sei ein feiner Kerl. Nein, Jimmy, ich weiß nicht, wie sie heißt.«
    Während ich die Zeitungsinserate aus meiner Jackentasche zog, sagte Gwendy noch:
    »Vielleicht war’s nicht ganz richtig, was ich über sie sagte, kann sein, daß sie ein ganz netter Kerl ist.«
    Sie schaute, über meine Schulter gebeugt, die Inserate an. Ihr rotes Kleid war tief ausgeschnitten, tief genug, um erkennen zu lassen, daß sie sich das leisten konnte.
    »He!« sagte sie. »Bist du Kapitalist geworden?«
    In dem Inserat suchte eine argentinische Farm Kapital zur Errichtung neuer Konservenfabriken. Im anderen war es eine bolivianische Zinnmine, die eine Beteiligung zu vergeben hatte. Sämtliche Inserate bezogen sich auf Südamerika und drehten sich um ähnliche finanzielle Dinge. Nur eins war anders: jemand erklärte sich bereit, eine größere Menge Bauschutt kostenlos abzufahren, falls sich noch guterhaltene Steine darunter befinden würden.
    Billy war nicht in der Lage gewesen, sein überflüssiges Kapital einer Zinnmine in Bolivien oder einer neuen optischen Fabrik in Venezuela zur Verfügung zu stellen. Ich konnte mir auch nicht denken, daß er an Bauschutt interessiert war; es mußte aber einen Grund haben, warum er ausgerechnet diese Inserate in seinem Notizbuch versteckt und bei sich getragen hatte.
    »Was soll der Quatsch?« fragte Gwendy.
    »Das gehört zu einem neuartigen Spiel«, erklärte ich, »bei dem die Verlierer gleich anschließend umgebracht werden. Kann ich mal telefonieren?«
    »Frag doch nicht so dumm.«
    Ich rief Westwood 23-1711 an, die Nummer, die ohne Namen in Bills Notizbuch gestanden hatte.
    Es meldete sich eine sonore Männerstimme, jedoch ohne Namen, nur mit Hallo.
    »Verzeihung«, sagte ich, »ich hätte gern Mr. Nicholas gesprochen. Ist er bei Ihnen?«
    Sekundenlang blieb alles still, dann sagte die Männerstimme:
    »Wer spricht denn dort?«
    »Ich bin Freddy Harper«, erklärte ich, »ich war mit Bill zusammen in San Franzisko und bin gerade mal auf einen Sprung herübergekommen. Er sagte mir, wenn er in der Redaktion nicht anzutreffen sei, würde ich ihn vielleicht unter

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