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Auch ein Waschbär kann sich irren

Auch ein Waschbär kann sich irren

Titel: Auch ein Waschbär kann sich irren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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seine Pläne gesprochen? Hatte er etwas Besonderes vor?«
    »Bill hatte immer Pläne, und er hatte immer etwas vor. Ich hab’ meistens nicht so genau hingehört.«
    »Ja, schön, aber ich meine jetzt irgend etwas ganz Besonderes. Sagte er vielleicht, er sei einer bestimmten Sache auf der Spur?«
    »Bill war immer einer Sache auf der Spur. Ich konnte mir das nie so genau merken.«
    »Warum mögen Sie mich eigentlich nicht, Esther?«
    Ihre Augen wurden noch ein bißchen runder, überraschter.
    »Aber ich mag Sie doch, Mr. Warner.«
    »Das merke ich. Ich möchte nur wissen, wie das ist, wenn Sie einen nicht mögen. Ich war Bills Freund.«
    »Ich weiß, und deshalb mag ich Sie ja auch.«
    »Ach so, deshalb. Ich war aber der einzige Freund, den Bill hatte.«
    Sie nagte schweigend an ihrer Unterlippe. Dann stand sie plötzlich auf. Offenbar hatte sie einen ungeheuerlichen Entschluß gefaßt, sie sah jedenfalls so aus.
    »Ich habe noch etwas von Bill«, sagte sie feierlich, »das habe ich nicht zur Redaktion gebracht, weil es etwas Privates ist.«
    Sie öffnete neben mir die Schreibtischschublade, wobei ich merkte, daß sie frisch nach Seife roch. Sie legte ein braunes Notizbuch auf die Platte.
    »Woher haben Sie das? War es hier?«
    »Nein, er hatte es bei sich. Die Polizei brachte es mir mit seinen anderen Sachen.«
    Ich nahm das Notizbuch und wollte es in die Tasche stecken, aber Esther hielt mir die Hand fest.
    »Nein«, sagte sie, »Sie dürfen es nicht mitnehmen. Es gehört jetzt mir.«
    »Ja, ja«, antwortete ich ungeduldig, »ich weiß, daß es Ihnen gehört, und ich nehme es Ihnen auch nicht weg. Aber ich möchte es einmal in Ruhe durchsehen.«
    »Können Sie das nicht gleich hier tun?«
    »Doch«, sagte ich, zündete mir eine Zigarette an und begann, darin zu blättern. Ich fand zwar einige Aufzeichnungen, doch schienen sie mir belanglos zu sein. Sie bezogen sich auf Termine, die Bill wahrzunehmen hatte und von denen ich einige kannte.
    Das Notizbuch steckte in einer Hülle aus braunem Leder. Ich zog es heraus und untersuchte die Hülle. Und da entdeckte ich ein paar Zeitungsinserate, die Bill wohl ausgeschnitten hatte. Dem Satz und Druck nach stammten sie aus »The News«!
    Esther hatte sich in den Sessel gesetzt, die Beine angezogen, und schaute angestrengt zum Fenster hinaus. Ich ließ rasch die Inserate in meiner Jackentasche verschwinden, und dann gab ich Esther das Büchlein zurück.
    »Nichts«, sagte ich. »Es steht nichts drin, was mir weiterhelfen könnte. Wo wohnt Bills Freundin, und wie heißt sie?«
    Ihr Gesicht verlor jäh seine unbeteiligte Gleichgültigkeit und wurde abweisend.
    »Bill hatte viele Freundinnen. Ich habe mich nie darum gekümmert, wie sie heißen und wo sie wohnen.«
    »Ja«, nickte ich, »Bill hatte eine Menge Mädels, oder besser: es gab viele Mädchen, die Bill gern mochten. Aber da war ein ganz bestimmtes Mädchen, das Bill liebte. Er hat es mir gesagt und... «
    »Wenn er’s Ihnen gesagt hat«, unterbrach sie mich beinahe triumphierend, »dann müssen Sie ja auch ihren Namen kennen und wissen, wo sie wohnt.«
    »So ausführlich«, sagte ich geduldig, »haben wir nicht darüber gesprochen. Ich weiß es nur. Wer ist dieses Mädchen?«
    »Weiß ich nicht.«
    Ich griff wieder zum Notizbuch.
    »Dann muß ich’s doch einstecken, Esther. Es stehen viele Telefonnummern drin. Vielleicht finde ich so dieses Mädchen.«
    Ich hatte vorhin schon die eine Nummer entdeckt, die Billy ohne Namen aufgeschrieben hatte, während bei allen anderen Name und Adresse notiert waren.
    »Sie haben kein Recht«, sagte sie aufstehend, »mir etwas wegzunehmen. Das Notizbuch gehört jetzt mir.«
    Ich blätterte darin und prägte mir die Nummer ein. Dann nahm ich meinen Hut.
    »Vielen Dank, Esther. Da haben Sie das Buch wieder. Ich muß sehen, wie ich allein weiterkomme.«
    Sie brachte mich wortlos bis zur Tür, dann sagte sie:
    »Bill ist verunglückt in den Klippen. Er hat mir früher mal erzählt, daß er mit Ihnen öfters hinging und daß Sie ihm gezeigt haben, wie man von dem Felsen aus ins Wasser springen kann. Wenn Sie das nicht getan hätten, würde Bill vielleicht noch leben.«
    Das traf mich. Daran hatte ich noch nicht gedacht, aber
    Esther konnte recht haben! Ich hatte, lange bevor ich Bill kennenlernte, an dieser Stelle gebadet, und ich hatte diese Stelle nicht nur Bill gezeigt, sondern es ihm auch tatsächlich vorgemacht, wie man springen mußte, um von der Höhe des Felsens aus genau ins tiefe

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