Auch ein Waschbär kann sich irren
dieser Nummer erreichen.«
»Haben Sie die Redaktion schon angerufen?« fragte der Mann.
»Nein. Da ist seit einer halben Stunde dauernd belegt.«
»So, so«, sagte der Mann gedehnt, »das ist sehr merkwürdig. Mr. Nicholas gab Ihnen meine Nummer?«
»Ja. Allerdings sagte er, nur für den Notfall.«
»Tja-«, kam es gedehnt, »es ist nämlich so — Mr. Nicholas ist — äh — verunglückt.«
»Was«, rief ich, »verunglückt? Da muß ich sofort zu ihm. In welchem Krankenhaus liegt er denn?«
»Hören Sie«, sagte der Mann, »es tut mir furchtbar leid, aber Sie werden’s ja doch erfahren: Mr. Nicholas ist tot.«
Nun schwieg ich eine Weile. Ich war so lange still, bis seine Stimme wiederkam:
»Hören Sie noch?«
»Ja. Wie — wie ist denn das — ich kann das gar nicht begreifen! Wie ist denn... Verzeihung, wäre es eine sehr unbescheidene Bitte, ich meine — dürfte ich Sie vielleicht besuchen? Ich würde Sie nicht lange auf halten.«
»Sie können ruhig kommen. Wie war Ihr Name?«
»Freddy Harper von der San Franzisko Tribune. Wie komme ich denn am besten zu Ihnen?«
»Haben Sie einen Wagen?«
»Nein«, sagte ich, weil es mir glaubwürdiger erschien, keinen zu haben.
»Nehmen Sie die Grey Star Line nach Westwood«, sagte er. »Steigen Sie am Sunset, Ecke Veterane Avenue aus und gehen Sie noch etwa hundert Schritt geradeaus, bis zur Bentley Avenue, die rechts abzweigt, dann ist es das dritte Haus links. Hat ein rotes Blechdach, und am Gartentor sind Rosen.«
»Vielen Dank. Und mit wem habe ich gesprochen?«
Ich hätte mir im gleichen Augenblick auf die Zunge beißen mögen: wenn Bill mir die Nummer gegeben hatte, mußte er mir doch gesagt haben, wem sie gehört!
Tatsächlich zögerte die Stimme einen Augenblick. Dann sagte der Mann:
»Ich bin Lloyd D. Lennox selbst. Ich erwarte Sie also.«
»Vielen Dank, Sir«, sagte ich. »Ich mache mich gleich auf den Weg.«
Eigentlich hatte ich ja ein junges Mädchen gesucht, aber ich war auch mit diesem Lloyd D. Lennox zufrieden. Ich wäre im Augenblick mit jedem Menschen zufrieden gewesen, der mir irgend etwas über Bill Nicholas sagen konnte.
Ich wählte noch eine andere Nummer, und als sich meine Zeitung meldete, verlangte ich mit verstellter Stimme die Anzeigenredaktion. Das Mädchen, das nun mit mir sprach, war Gloria Burton, die Sekretärin unseres Anzeigenleiters.
»Hallo Glory!« sagte ich, »hier spricht Warner. Ich muß dich unbedingt einen Augenblick sprechen. Aber — weißt du, ich bin eigentlich in Yuma, und niemand darf erfahren, daß ich blaumache. Kannst du rasch mal einen Sprung ‘runterkommen zu Sanders?«
»Klar, kann ich«, sagte Glory. »Jetzt gleich?«
»In etwa zehn Minuten bin ich dort. Bestell dir eine große Portion Eiscreme mit Sahne, Früchten, Waffeln und einem Regenschirm drauf. Auf meine Kosten, ja?«
»Zwei Portionen?«
»Meinetwegen auch zwei, wenn’s dein Magen verträgt. Aber laß dir das Nebenzimmer aufschließen, ich komm’ von hinten ‘rein, damit mich niemand sieht.«
»Kapiert. Servus Jimmy!«
»Servus Glory, bis nachher.«
Ich gab Gwendy das Geld für mein Getränk, riß einen Zettel aus meinem Notizbuch und schrieb die Chiffrenummern der Inserate drauf. Anschließend fuhr ich zu Sanders, dem kleinen Restaurant, das schräg gegenüber unserer Redaktion liegt.
Glory war gerade mit der ersten Portion fertig, als ich eintrat.
»Na«, sagte sie, an einer Waffel knabbernd, »wo brennt’s denn?«
»Ich habe da eine Privatsache«, sagte ich, während ich mich neben sie setzte. »Der Alte darf aber vorerst noch nichts wissen, weil es eine Überraschung werden soll. Da hab’ ich dir ein paar Chiffren aufgeschrieben. Wirst du feststellen können, wer diese Anzeigen aufgegeben hat?«
Der Kellner brachte das zweite Eis, und während Glory mit spitzer Zunge ein Überlaufen der Eiscreme verhütete, meinte sie: »Klar,da brauch’ ich ja nur die Quittungen ‘rauszusuchen. Außerdem haben wir ja auch die Adressen, wo die Briefe — ach nein, das sind ja Abholchiffren.«
Abholchiffren? «
»Ja. Eingehende Zuschriften werden da nicht hingeschickt, sondern jemand, der eine Kennkarte mit der Nummer von uns hat, holt sie an den Schaltern ab. — Mal schlecken?«
»Nein, danke, jetzt nicht. Aber das ist — merkwürdig!«
»Das Abholen?«
»Ja.«
»Was ist daran merkwürdig?«
»Na ja«, wich ich aus, »das Ganze ist recht interessant, und vielleicht klappt’s.«
Ich wollte ihr noch nicht sagen, daß es mir
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