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Auch ein Waschbär kann sich irren

Auch ein Waschbär kann sich irren

Titel: Auch ein Waschbär kann sich irren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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sonderbar vorkam, weshalb alle diese Südamerikaner sich die Zuschriften hier selbst abholten.
    »Verdienst du eine mächtige Stange Geld dabei?« fragte Glory.
    »Kann sein. Wenn du’s richtig machst. Und dann lade ich dich zu einem richtigen großen Abendessen ein. Aber es darf niemand dahinterkommen, was du da suchst! Du weißt ja: Die Boys sind immer zu faul, sich selber was auszudenken, und es wäre schade, wenn’s mir einer vor der Nase wegschnappte.«
    »Keine Angst, ich kann das schon so deichseln, daß niemand was merkt. Soll ich dir’s schicken?«
    »Nein. Oder doch ja, aber nicht an meine Adresse, sondern postlagernd Burbank, zwölfte Filiale, adressiert an Sancho Pansa.«
    Sie lachte.
    »Ein drolliger Name. Bedeutet der wirklich was?«
    »Mir sehr viel. Herzlichen Dank, Glory, und jetzt —«
    »Jetzt könnt’ ich noch ein Eis essen. Ich bin gerade so schön drin.«
    »Ich laß dir eins bringen. Sei mir nicht böse, aber ich muß unbedingt weg. Bis wann wirst du’s abschicken können?«
    »Bei drei Eiscremes arbeite ich flink. Heute nachmittag.«
    »Gut, dann habe ich es morgen früh. Servus Glory!«

4

    Ich suchte Lennox auf. Mein Gespräch mit ihm stand von vornherein unter einem Unstern:
    »Er hat uns nie erzählt, daß er mit Ihnen befreundet ist.«
    »Wir waren auch eigentlich nicht so befreundet«, versuchte ich zu erklären, »daß es besonders erwähnenswert gewesen wäre. Wir haben nur zusammen gearbeitet, und wir mochten uns ganz gern. Es ist mehr ein Zufall, daß ich hierhergekommen bin, sonst hätten wir vielleicht jahrelang nichts voneinander gehört. Ich nehme an, daß er hier viel bessere Freunde hatte.«
    Lennox gab keine Antwort. Ich ließ meine Augen in der Runde wandern und sah an einer Stelle des Gebüschs ein Stück des weißen Hauses durchschimmern. An einem offenen Fenster entdeckte ich einen hellen Punkt: ein Gesicht mit blondem Haar. Sofort aber verschwand das Gesicht.
    Unser Gespräch war festgefahren: wenn Lennox wirklich mehr über Billys Tod wußte, dann hatte er wohl keinerlei Veranlassung, mir gegenüber davon zu sprechen. Andererseits konnte ich nicht davon anfangen, ohne aus der Rolle zu fallen, die ich hier zu spielen begonnen hatte. Ich stand auf.
    »Ich möchte Sie nicht länger stören, Major«, sagte ich. »Vielen Dank. Ich habe mir vorgenommen, jetzt noch einen anderen gemeinsamen Bekannten aufzusuchen, den ich bisher noch nicht erreichen konnte. Er arbeitet an Bills Zeitung und heißt James Warner. Kennen Sie ihn?«
    »Nicht persönlich«, antwortete Lennox, »aber Bill sprach häufig von ihm. Sie werden ihn nicht erreichen, da er verreist ist.«
    »Das ist schade«, sagte ich. »Nochmals vielen Dank.«
    Lennox machte eine Handbewegung.
    »Bleiben Sie noch einen Augenblick, Mr. Harper. Sie arbeiten für die San Franzisko Tribune?«
    Was konnte er mit dieser Frage beabsichtigen?
    »Ja, in der Lokalredaktion. «
    »Und ich«, sagte er betont, »ich arbeite in der Spionageabwehr. Übrigens bin ich vor drei Wochen Colonel geworden. Ich muß das Schild am Gartentor ändern. Das nur nebenbei. Ich habe nach Ihrem Anruf mit San Franzisko telefoniert. Ein Fred Harper ist dort unbekannt.«
    Es waren zwei Gedanken, die mir gleichzeitig durchs Hirn schossen: erstens überlegte ich, wie ich mich aus dieser Schlinge ziehen konnte, und zweitens war es das Wort Spionageabwehr, das mir heiß machte. Ob Billy damit etwas zu tun hatte? Ob auch diese sonderbaren Inserate —
    »Sie brauchen sich keine Ausrede zu überlegen«, hörte ich Lennox spöttisch sagen. »Es ist mir völlig egal, wer Sie sind. Was ich Ihnen sagte, hätten Sie in jeder Zeitung lesen können. Ich möchte aber, daß Sie mich nicht für dümmer halten, als ich bin. Leben Sie wohl, Mr. Harper!«
    Ich schlich wie ein begossener Pudel davon. Da hatte ich mich großartig in die Nesseln gesetzt! Ich stieg in meinen Wagen und fuhr davon. Man soll seine Nase nicht in Dinge stecken, von denen man nichts versteht.
    Ich war deprimiert und zählte in Gedanken eine ganze Reihe von Sätzen und Worten auf, die ich hätte sagen sollen. Schließlich nahm ich mir vor, in mein Häuschen zurückzukehren und mich um nichts mehr zu kümmern. Bill war tot, und es war ja eigentlich ganz egal, wie er gestorben war: er wurde nicht wieder lebendig. Was hatte ich davon, wenn ich mir überall die Finger verbrannte? June hatte recht: wozu sollte ich auch noch meine Haut zu Markte tragen? Nicht einen Apfel konnte ich damit

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