Auch Engel Moegens Heiss
offenbar keine Aufmerksamkeit erregt hatten, besorgt, weil in den Nachrichten gekommen war, dass ein Jäger - immer diese verdammten Jäger - im Wald eine männliche Leiche gefunden hatte, und weil der Frau, wenn in der Zeitung ein Bild von Mitchell abgedruckt würde, unter Umständen wieder einfallen würde, dass sie ihn am Samstagabend gesehen hatte.
Auch den Bürgermeister schien das Ganze ungewöhnlich stark mitzunehmen, was Sykes zusätzlich beunruhigte. Er war der Auffassung, dass alles geregelt werden konnte, solange niemand die Nerven verlor, aber irgendwie schien der Bürgermeister sich nicht im Griff zu haben. Vor allem darum zögerte Sykes, Nolan anzurufen und ihm mitzuteilen, dass die junge Minor nicht aufgetaucht war. Er wollte den Bürgermeister nicht völlig verschrecken, aber er wollte auch nicht, dass die Sache aus dem Ruder lief. Er musste sie finden und die Angelegenheit regeln, damit dieser lose Faden abgeschnitten war und der Bürgermeister sich wieder beruhigte. Schließlich sollte
bald die nächste Lieferung eintreffen, lauter Russinnen, und Sykes wollte alles erledigt haben, bevor sie auftauchten. Die Ladung würde ihnen einen schönen Batzen einbringen; eines der Mädchen war angeblich erst dreizehn und bildschön.
Er fuhr mehrmals nach Einbruch der Dunkelheit am Haus der Minors vorbei, um weniger aufzufallen, doch der beigefarbene Ford war noch nicht wieder aufgetaucht. Schließlich kam ihm der Gedanke, es im Buffalo Club zu versuchen. O Mann! Er hätte sich ohrfeigen können. Die kleine Minor war eine richtige Partymaus, die hockte abends nicht mit zwei alten Weibern am Kamin herum. Überzeugt, sie bald zu finden, fuhr Sykes rüber ins Madison County.
Aber so gründlich er den Parkplatz auch absuchte, er entdeckte keinen beigefarbenen Ford. Montags war wesentlich weniger los als am Wochenende, darum war er sicher, den Wagen nicht übersehen zu haben. Entweder hatte sie sich schon einen Typen geangelt und war mit ihm abgezogen, oder sie war heute in einen anderen Club gegangen.
Na gut, so wie es aussah, fand er sie wohl am ehesten, wenn er ausbaldowerte, wo sie arbeitete. In einem Kaff wie Hillsboro dürfte das kein großes Problem darstellen. Scheiße, eventuell kannte der Bürgermeister diese Minor sogar. Wenn er es recht bedachte, hatte Temple Nolan ungewöhnlich bekümmert geklungen, als er angerufen hatte, um ihren Namen und ihre Adresse durchzugeben; vielleicht kannte er sie wirklich , und ihn zwickte das Gewissen.
Im Moment war die Frau unauffindbar, aber Sykes war ziemlich sicher, dass er wusste, wo sie morgen zu finden sein würde: in der Arbeit. Es war sicher am besten, einfach heimzufahren und ordentlich auszuschlafen. Morgen früh konnte er dann den Bürgermeister anrufen, um mal auf den Busch zu klopfen, ob er die Frau kannte und wusste, wo sie arbeitete - die Kleine war ein Klassebaby, womöglich war der Bürgermeister sogar scharf auf sie. Hoffentlich nicht. Der Bürgermeister
hatte auch so schon die Hosen voll, ohne dass Sykes eines seiner Betthäschen eliminiert hätte.
Morgen würde sich alles klären. Dienstag würde ein anstrengender Tag werden.
Daisy und Jack standen abwechselnd alle zwei Stunden auf, um Midas nach draußen zu bringen. Wie ein kleiner Soldat erfüllte er jedes Mal getreu seine Pflicht. Leider war er jedes Mal, wenn sie ihn wieder ins Haus zurücktrugen, der Auffassung, es sei Zeit zum Aufstehen, sodass eine weitere halbe Stunde verging, bis er sich wieder zusammengerollt hatte und eingeschlafen war.
»Als hätten wir ein Baby«, stellte Jack, an seinem zweiten Kaffee nippend, um sieben Uhr am Frühstückstisch fest. Sein Gesicht war verstoppelt, und unter den Augen lagen dunkle Ringe. Stoppeln hatte Daisy zwar nicht, aber bei den Augenringen machte sie ihm durchaus Konkurrenz.
Sie schaute auf Midas, der, alle vier Pfoten in die Luft gestreckt, auf dem Rücken lag und die Stoffente im Maul hatte. »Nur dass man einem Baby nicht so oft hinterherlaufen muss«, schränkte sie ein. »Die bleiben meist dort, wo man sie hingelegt hat.«
»Ich besorge ihm einen Ball. Das Jagen müsste ihn müde machen, sodass er länger schläft - und öfter.«
Trotz ihrer Müdigkeit strahlte Daisy Jack an. Wie süß, ihrem Hündchen ein Spielzeug zu kaufen. Er hatte die ganze Nacht über ausgesprochen gutmütig reagiert, aber andererseits hatte er auch freiwillig bei ihr übernachtet. Sie hätte zu gern Sex mit ihm gehabt, aber gleichzeitig war es irgendwie …
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