Auch Engel Moegens Heiss
und sah sie an, als wären ihr unversehens Fangzähne und Tentakel gewachsen. »Was ist das denn für eine Frage?«, erkundigte er sich misstrauisch.
»Ich wollte es einfach nur wissen.« Sie verstummte. »Und?«
»Wieso glauben Sie, dass ich es wissen könnte?«
»Tue ich ja gar nicht. Ich frage einfach nur.«
»Für mich hört sich das an wie ein Test, mit dem Frauen herausfinden wollen, ob ein Mann schwul ist oder nicht. Warum fragen Sie nicht einfach, wenn es Sie interessiert?«
»Es interessiert mich nicht«, wehrte sie ab, fassungslos, dass er das für möglich hielt. »Es ist nur so, dass jemand anderes - ach, vergessen Sie’s.« Sie wurde rot. Das spürte sie genau; ihr Gesicht fühlte sich heiß an. Sie starrte wie hypnotisiert auf den
Computerschirm und versuchte, die Datenübertragung durch Willenskraft zu beschleunigen.
Er fuhr sich mit einer rauen Hand über das kurze Haar. »Rosa«, murmelte er.
»Was?«
»Rosa. Mauve ist so ein Modewort für Rosa, nicht wahr? Ich habe es ständig zu hören bekommen, wenn meine Frau Sachen für unsere Wohnung ausgesucht hat, aber für mich haben sie immer rosa ausgesehen.«
Meine Güte, Tante Jo hatte Recht, was Mauve anging; es war kein aussagekräftiger Test mehr. War das nicht interessant? Sie konnte es kaum erwarten, den beiden davon zu erzählen.
»Und Taupe?«, fragte sie und hätte sich dafür ohrfeigen können. Warum konnte sie nie Ruhe geben?
»Tob?« Er reagierte, als hätte er noch nie von so einem Wort gehört.
»Taupe. Was für eine Farbe ist Taupe?«
»Buchstabieren Sie es.«
»T-a-u-p-e.«
Diesmal fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht. »Das ist eine Fangfrage, stimmt’s?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Taupe. Wer in aller Welt würde eine Farbe ›Taupe‹ nennen? Das hört sich nach Tod an, und kein Mensch möchte etwas, das nach Tod aussieht.«
»Taupe ist eine ausgesprochen hübsche Farbe«, berichtigte sie.
Er sah sie ungläubig an. »Wenn Sie meinen.«
»Wissen Sie jetzt, was für eine Farbe es ist, oder nicht?«
»Verdammt noch mal, nein, ich weiß nicht, was für eine Farbe Taupe ist«, schnauzte er. »Mir reichen die richtigen Farben; Blau und Grün und Rot, solche Sachen. Taupe, leck mich am Arsch. Das haben Sie sich doch ausgedacht.«
Sie schmunzelte. »Nein. Sie können gern im Wörterbuch nachschlagen.« Dabei deutete sie auf die Lexika-Abteilung. »Dort drüben stehen mehrere.«
Er schnaubte, schrammte mit seinem Stuhl zurück und stapfte wütend zu dem Regal mit den Lexika. Er blätterte in einem Wörterbuch, fuhr mit dem Finger über mehrere Spalten und las dann kurz vor: »›Maulwurfsgrau, braungrau‹«, grummelte er kopfschüttelnd. »Nicht dass ich noch nie was Maulwurfsgraues oder Braungraues zu sehen bekommen hätte, aber Sie können Gift drauf nehmen, dass ich nicht mit dem Finger darauf zeigen und sagen würde: ›Das sieht ja taupe aus!‹«
»Wie würden Sie es denn bezeichnen?«, frotzelte sie. »Mit einem wahnsinnig fantasievollen Wort wie Maulwurfsgrau? Obwohl ich persönlich Taupe immer eher als Lilagrau eingeschätzt hätte.«
»Wenigstens würden die Menschen verstehen, wovon ich, verflucht noch mal, rede, wenn ich maulwurfsgrau sagen würde oder sogar lilagrau. Wer braucht so eine Farbe überhaupt? Wer würde schon in einen Laden gehen und den Verkäufer fragen, ob er ein taupes Hemd hat, solange er noch einigermaßen bei Sinnen ist? Oder sich ein taupes Auto kaufen? Es gibt mir ja schon zu denken, wenn sich jemand ein lila Auto kauft, aber taupe? Hören Sie mir auf. Taupe taugt höchstens als Schwulentest.«
Wahrscheinlich schon, aber das würde sie auf gar keinen Fall zugeben. » Sie wissen jetzt, was für eine Farbe Taupe ist«, konnte sie sich nicht verkneifen zu bemerken. »Von nun an werden Sie immer, wenn Sie etwas Braungraues mit einem winzigen Hauch von Lila sehen, denken: ›Das ist taupe.‹«
»O Himmel.« Er zwickte sich in die Nasenwurzel. »Mir platzt gleich der Schädel«, murmelte er. Dann sah er mit zusammengekniffenen Augen und Mordlust im Blick auf. »Wenn Sie auch nur einer Menschenseele von diesem Gespräch erzählen,
werde ich alles abstreiten und Sie einsperren lassen, sobald Sie auch nur bei Rot über die Straße gehen. Haben wir uns verstanden?«
»Ich gehe nicht bei Rot über die Straße«, entgegnete sie triumphierend. »Ich bin so gesetzestreu, dass man mich auf einem Plakat für den verantwortungsbewussten Bürger abbilden könnte. Ich habe Sie nicht mal durch
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