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Auch Engel Moegens Heiss

Auch Engel Moegens Heiss

Titel: Auch Engel Moegens Heiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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den Angestellteneingang reingelassen, richtig?«
    »Menschen wie Sie brauchen Hilfe.« Sein Blick fiel auf den Computerschirm, und er seufzte erleichtert. »Es ist fertig.« Er schaute auf die Uhr. »Das hat bei weitem keine Dreiviertelstunde gedauert. Eher eine Viertelstunde. Sie haben also doch ein Laster, Miss Daisy.«
    Sie merkte, wie sie die Zähne zusammenbiss, als sie das »Miss Daisy« hörte. Wenn er sich noch einmal über ihren Namen lustig machte, würde sie ihn k.o. schlagen. »Und welches?«, fragte sie, während sie in Windeseile den Computer abstöpselte. Je schneller er verschwand, desto besser.
    Er nahm ihr den Laptop ab. »Sie lügen wie gedruckt«, sagte er, ließ sie sprachlos stehen und war aus der Bibliothek verschwunden, noch ehe ihr eine schlagfertige Erwiderung eingefallen war.

6
    Gut gelaunt verließ Jack Russo die Bücherei. Sich mit Miss Daisy zu beharken war ausgesprochen unterhaltsam; sie ging sofort in die Luft, sie wurde sogar rot, aber sie gab keinen Fingerbreit nach. Sie erinnerte ihn stark an seine Großtante Bessie, bei der er viele Sommer hier in Hillsboro verbracht hatte. Tante Bessie war eine eherne alte Südstaatenlady wie aus dem Bilderbuch gewesen, aber erstaunlich tolerant, wenn man bedachte,
dass sie jeden Sommer mindestens zwei Monate lang einen lebhaften Lausbuben beherbergt hatte.
    Obwohl er anfangs entsetzt gewesen war über die Aussicht, im Busch festzusitzen - als was er Hillsboro damals betrachtet hatte -, hatte er im Lauf der Zeit seine Großtante und die hier verbrachten Sommer zu lieben gelernt. Seine Eltern waren der Auffassung gewesen, dass es ihm nicht schaden könne, aus Chicago herauszukommen und zu sehen, dass da draußen noch eine andere Welt existierte, und sie hatten Recht gehabt.
    Anfangs hatte er sich zu Tode gelangweilt; er war zehn Jahre alt und weit weg von Eltern, Freunden und seinen Spielsachen. Tante Bessie konnte ganze vier - vier! - Fernsehsender empfangen, und sie beschäftigte sich mit Dingen wie Häkeln, wenn sie jeden Nachmittag vor der Glotze hockte und ihre »Geschichten« anschaute. Sonntags ging sie gleich zweimal in die Kirche, montags wusch sie Bettwäsche, dienstags wurde gewischt und donnerstags eingekauft, weil man donnerstags gleich zwei Sonderangebots-Coupons einlösen durfte. Er brauchte keine Uhr, um zu wissen, wie spät es war; er brauchte nur nachzusehen, was Tante Bessie gerade tat.
    Und es war elend heiß gewesen. O Mann, war es heiß da unten. Natürlich besaß Tante Bessie keine Klimaanlage; sie hielt nichts von diesem neumodischen Unfug. Sie hatte in jedem Zimmer einen Fensterventilator und dazu noch einen tragbaren, den sie je nach Bedarf im Haus herumschleppte und der ihr vollauf genügte. Ihre Fenster waren hinter den Fliegengittern immer weit geöffnet, damit auch der leiseste Windhauch durch das Haus wehen konnte.
    Aber nachdem er Heimweh und Langeweile überwunden hatte, entdeckte er allmählich, wie schön es war, im süß duftenden Gras zu liegen und die Glühwürmchen - oder »Blinkerkäfer«, wie Tante Bessie sie nannte - zu beobachten. Er half ihr in ihrem kleinen Gärtchen, das sie allsommerlich neu bepflanzte, und lernte dabei, den Geschmack von frischem Gemüse
zu schätzen wie auch die Arbeit zu würdigen, die nötig war, um es auf den Tisch zu bringen. Im Lauf der Zeit hatte er sich mit den Jungen aus der Nachbarschaft angefreundet und viele lange, heiße Nachmittage beim Fußball- oder Baseballspielen zugebracht; er hatte Angeln und Jagen gelernt, und zwar vom Vater eines seiner neuen Freunde. Schließlich waren diese sechs Sommer, der erste mit zehn, der letzte mit fünfzehn Jahren, die schönste Zeit seines Lebens geworden.
    In gewisser Hinsicht war er in Hillsboro nie wirklich heimisch geworden; weil er immer nur im Sommer kam, lernte er nie andere Kinder kennen, außer den Jungen in der unmittelbaren Nachbarschaft. Seit er wieder in Hillsboro wohnte, war er erst einem einzigen Menschen begegnet, der sich an ihn erinnern konnte. Es waren halt doch schon über zwanzig Jahre vergangen, seit er Tante Bessie das letzte Mal besucht hatte, abgesehen von einigen Blitzbesuchen während der Ferienzeit. Aber in den Ferien war jeder mit seiner eigenen Familie zugange, und er hatte nie die Zeit gefunden, bei einem seiner alten Kumpel vorbeizuschauen.
    Tante Bessie hatte es schließlich auf stolze einundneunzig Jahre gebracht. Als sie vor drei Jahren gestorben war, hatte man ihm zu seiner Verblüffung und Rührung

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