Auch Engel Moegens Heiss
wollte sie das nicht, aber das hatte er schon gewusst, ehe er das Angebot gemacht hatte. Er wollte sich nur als Klugsch …, äh, Besserwisser aufspielen.
»Ich hatte ebenso viel Recht, in diesen Club zu gehen, wie Sie.« Sie verschränkte die Arme und reckte die Nase hoch.
»Stimmt.«
Sie senkte die Nase wieder und sah ihn verdutzt an. »Warum wollen Sie mich dann verhören? Ich habe nichts angestellt. Für die Schlägerei kann ich nichts, und ich hatte wirklich nicht beabsichtigt, dem Kerl die Hoden zu zerquetschen.«
»Ich weiß.« Schon wieder grinste er, dieser verfluchte … Was fand er bloß so komisch?
»Was ist dann los?«
»Nichts ist los. Und ich will Sie überhaupt nicht ›verhören‹. Ich habe Sie gebeten, mit mir zu fahren; das ist was ganz anderes, als Sie ins Verhörzimmer zu sperren und Ihnen stundenlang Feuer unter dem Hintern zu machen.«
Sie ließ einen erleichterten Stoßseufzer aus, sank in ihrem Sitz zusammen und richtete sich steil wieder auf. »Sie haben mich keineswegs gebeten, Sie haben es mir befohlen. Wieso sollte ich also was anderes annehmen? ›Fahren wir!‹ Das sagen die Polizisten im Fernsehen auch dauernd, und es bedeutet immer, dass sie jemanden aufs Revier bringen, um ihn einzubuchten.«
»Dann sollten sich die Drehbuchschreiber mal einen neuen Text einfallen lassen.«
Ein neuer, verstörender Gedanke kam ihr. Meine Güte, der Chief machte ihr doch nicht etwa den Hof , oder? Bislang hatten
sie alle beide bei jeder Begegnung die Stacheln ausgefahren, aber der gestrige Abend hatte ihr bewiesen, dass die Männer sie ganz anders behandelten, seit sie sich ein neues Aussehen zugelegt hatte. Ihr Magen krampfte sich zusammen; sie hatte so gar keine Übung darin, einem Mann zu erklären, dass er in den Wind schießen sollte, dass sie nicht an ihm interessiert war. Er war doch bestimmt nicht interessiert, oder? Vielleicht sah sie gar nicht so viel besser aus, wie sie geglaubt hatte?
Geschwind klappte sie die Sonnenblende nach unten und warf einen prüfenden Blick in den Schminkspiegel, um ihn ebenso geschwind wieder nach oben zu klappen. O nein.
»Was sollte das denn?«, erkundigte er sich neugierig. »Sie haben nicht mal lang genug reingeschaut, um den Lippenstift zu kontrollieren.«
Den Lippenstift hatte sie vollkommen vergessen. Jedenfalls hatte ein kurzer Blick genügt, um ihr zu bestätigen, dass sie sich, nein, nicht täuschte, was die Veränderungen anging.
»Ich hatte mich nur gefragt, ob es in einem Polizeiauto wohl Schminkspiegel gibt«, posaunte sie heraus. »Ich finde das irgendwie … tuckig.«
»Tuckig?« Er sah aus, als würde er sich von innen auf die Wange beißen.
»Nicht dass ich Zweifel an Ihrer Männlichkeit anmelden möchte«, ergänzte sie hastig. Sie wollte ihm auf gar keinen Fall das Gefühl vermitteln, dass er ihr seine Männlichkeit beweisen musste. Männer, hatte sie gelesen, neigten dazu, derlei Kommentare persönlich zu nehmen. Ihre Egos waren eng mit ihrer Virilität verknüpft oder etwas in der Art.
Er seufzte. »Nehmen Sie’s mir nicht krumm, Miss Daisy, aber Ihren Gedanken zu folgen ist, als wollte man ein Karnickel auf Speed einfangen.«
Sie nahm es ihm nicht krumm, weil sie viel zu froh darüber war, dass es ihm nicht gelungen war, ihrem letzten Gedankengang zu folgen. Stattdessen sagte sie: »Ich wünschte, Sie würden
nicht ständig Miss Daisy zu mir sagen. Das klingt so nach -« sie wollte schon »alter Jungfer« sagen, aber diese Bezeichnung hätte doch zu sehr getroffen, »verkalktem Fossil.«
Schon wieder kaute er auf seiner Wange herum. »Wem das Haarnetz passt …«
»Ich trage kein Haarnetz!«, brüllte sie und sackte dann überrascht auf den Sitz zurück. Sonst brüllte sie nie. Sie verlor niemals die Beherrschung. Womöglich war sie nicht nahtlos höflich zu ihm gewesen, aber sie hatte ihn auch nie angebrüllt . Allmählich begann sie sich Sorgen zu machen; ob es wohl ein Gesetz gab, das es verbot, einen Angehörigen der Polizei anzubrüllen? Ihn anzubrüllen war etwas anderes, als einen Polizisten anzubrüllen, der einen wegen einer Geschwindigkeitsübertretung angehalten hatte - nicht dass sie je zu schnell gefahren wäre -, aber immerhin war er der Polizeichef. Und das war vielleicht noch schlimmer -
»Sie haben schon wieder abgehoben«, knurrte er.
»Ich habe nur überlegt, ob es wohl ein Gesetz gibt, das es verbietet, einen Polizeichef anzubrüllen«, gab sie zu.
»Sie haben Angst, Sie könnten in den Knast
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