Auch virtuelle Killer können töten
eines Kampfes gehört.«
»Wir werden mit allen Gästen hier auf der Etage reden«, sagte Phil. »Sicher ist sicher – vielleicht hat einer von ihnen etwas gesehen.«
»Kein Problem, wenn Sie etwas von mir brauchen, können Sie es haben«, sagte Carrington. »Schlimm genug, dass so etwas überhaupt passiert ist. Jetzt können wir den Schaden nur noch eingrenzen, indem wir den Täter schnell fassen. Dabei können Sie voll und ganz auf meine Unterstützung zählen.«
»Das hören wir gerne«, sagte ich. »Wie sieht es mit Videoüberwachung aus? Sie haben sicher Aufnahmen von allen Ein- und Ausgängen, nicht wahr?«
»Ja, haben wir«, antwortete Carrington. »Die Aufzeichnungen haben wir bereits an die Leute von der Crime Scene Unit weitergegeben. Ich selbst habe sie noch nicht durchgesehen, dazu bin ich nicht gekommen.«
»Gut, dann wäre das geklärt«, sagte ich. »Dann werden wir uns jetzt um die Aussagen der Gäste kümmern. Wir melden uns bei Ihnen, wenn wir noch etwas brauchen.«
Carrington verabschiedete sich und ich ging mit Phil zum Nachbarzimmer.
Phil klopfte. Kurz darauf öffnete eine verschlafen aussehende junge Frau von schätzungsweise zwanzig Jahren. Sie hatte lange, hellblonde Haare, die ihr teilweise im Gesicht hingen. Der weiße Morgenmantel des Hotels hob ihre weiblichen Attribute gut hervor.
»Ja, bitte?«, fragte sie mit piepsiger Stimme.
»Guten Morgen, Madam, wir sind die Agents Cotton und Decker vom FBI«, stellte Phil uns vor.
Sie schaute neugierig zu den anderen Leuten auf dem Flur. »FBI? Ist etwas passiert?«
»Ja, in der Tat«, antwortete Phil. »Wollen wir in Ihr Zimmer gehen?«
Sie machte einen Schritt zur Seite und wir traten ein. Es sah ziemlich durcheinander aus, überall lagen Kleidungsstücke herum.
»Sie müssen entschuldigen, ich bin noch nicht zum Aufräumen gekommen«, sagte sie und setzte sich aufs Bett. »Aber bitte, sagen Sie schon, was ist passiert?«
»Im Zimmer nebenan ist ein Mann ermordet worden«, antwortete Phil.
»Ermordet?«, fragte sie ungläubig. »Nein, das kann nicht sein, das hätte ich doch bestimmt mitbekommen. Sind Sie von irgend so einer Fernsehshow, wo Sie Leute auf den Arm nehmen?«
»Sorry, aber da müssen wir Sie leider enttäuschen«, erwiderte Phil und zeigte ihr seine Dienstmarke. »Wir sind wirklich vom FBI und der Mann nebenan ist tatsächlich tot. Er wurde gestern Abend erschossen.«
Sie verzog das Gesicht. »Oh Gott, das ist ja schrecklich. Gestern Abend? Und ich habe die ganze Nacht seelenruhig in meinem Bett geschlafen.«
»Sie haben nichts gehört? Keinen Schuss? Oder vielleicht einen Streit?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nichts. Ich habe gestern noch gegessen und bin gegen acht aufs Zimmer gekommen und seitdem die ganze Zeit hier gewesen. Oh mein Gott, was, wenn der Täter in mein Zimmer gekommen wäre!«
Sie erschauderte bei dem Gedanken, dass sie vielleicht nur um Haaresbreite mit dem Leben davongekommen war.
»Haben Sie Ihren Nachbarn schon mal gesehen?«, fragte Phil und zeigte ihr auf seinem Smartphone ein Foto von Samuel Dorff.
Sie musterte das Bild genau. »Nein, ich glaube nicht, kommt mir zumindest nicht bekannt vor.«
»Und wie sieht es mit Besuchern des Nachbarzimmers aus? Oder mit verdächtigen Personen?«, fragte ich weiter.
»Nein, da ist mir nichts aufgefallen«, sagte sie und überlegte. »Au Mann, das muss ich sofort meiner Freundin Victoria twittern, die wird umfallen, wenn sie davon erfährt!«
»Es wäre nett, wenn Sie damit noch etwas warten würden«, sagte ich. »Die Ermittlungen haben gerade erst begonnen und wir möchten nicht, dass irgendwelche Informationen in Umlauf gebracht werden, die den Täter erreichen könnten. Außerdem könnten Sie sich damit selbst in Gefahr bringen.«
»In Gefahr? Wieso das denn?«, fragte sie.
»Wenn der Täter den Eindruck bekommt, dass Sie ihn gesehen haben, könnte er versuchen, Sie zum Schweigen zu bringen«, sagte Phil. »Warten Sie also bitte noch ab, bevor Sie lostwittern, und wenn Sie es dann tun, dann sollte auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass Sie etwas gesehen haben.«
»Ja, natürlich, geht klar«, sagte sie und nickte zustimmend.
Phil notierte ihre Personendaten, dann verabschiedeten wir uns von ihr und verließen das Zimmer.
»Glaubst du, dass sie sich an unsere Anweisungen hält und nicht gleich hinausposaunt, dass in ihrem Nachbarzimmer ein Mord geschehen ist?«, fragte Phil.
»Nicht wirklich«, antwortete ich.
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