Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)

Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)

Titel: Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anis Mohamed Youssef Ferchichi , Marcus Staiger
Vom Netzwerk:
dummen Gesichter zu sehen, wenn sie sagen: »Iiiiihhh, was will denn der hier?« – Euch ans Bein pissen, Freunde. Nicht mehr und nicht weniger.

Immer wieder ein Thema – die Deutschen, die Ausländer, Israel und die Juden – Shalom aleykum
    Im November 2012 eskalierte der Nahostkonflikt ein weiteres Mal und über Wochen hinweg lieferten sich die palästinensische Hamas und die israelische Armee heftige Gefechte. Die Hamas beschoss aus ihren Stellungen im Gazastreifen den Süden Israels mit Raketen, die israelische Luftwaffe bombardierte tagelang Ziele im Gazastreifen. Zu leiden hatten auf beiden Seiten der Grenze die Zivilisten. Und auch wenn man in einem Krieg niemals für eine Seite Partei ergreifen sollte, so habe ich doch eine gewisse Solidarität mit den Palästinensern entwickelt. Vielleicht liegt es an meiner Herkunft und Religionszugehörigkeit, vielleicht am militärischen Ungleichgewicht des Konflikts, an meiner persönlichen Beziehung zu meinem Freund Hassan, der palästinensischer Herkunft ist, oder am bloßen Verhältnis der Opferzahlen. Über hundert auf der einen Seite, drei auf der anderen, wobei ich finde, dass jeder Tote, egal, auf welcher Seite, ein Toter zu viel ist. Vielleicht hatte ich auch nur das Gefühl, dass da etwas Ungerechtes passiert, gegen das man protestieren sollte, auf jeden Fall wollte ich ein öffentliches Zeichen setzen und suchte mir im Internet ein »Free Palestine«-Bild, um das dann als Avatar für meinen Twitter-Account zu benutzen. Das war um den 20. November herum. Eine kleine Geste des Protests. Eine kleine Äußerung der Solidarität, doch am 10. Januar, acht Wochen nach dieser Aktion, schlugen die Wellen der Empörung plötzlich hoch.
    Irgendjemandem ist nämlich aufgefallen, dass auf der Landkarte, die neben den Worten »Free Palestine« zu sehen ist, das gesamte Gebiet des Heiligen Landes abgebildet ist, vollständig mit den Farben der palästinensischen Flagge eingefärbt. Kein Israel. Keine zwei Staaten. Scheiße.
    Ehrlich gesagt, war mir das persönlich gar nicht bewusst. Das kann man jetzt dumm oder ignorant nennen, aufgefallen ist es mir nicht. Und jetzt nach dem ganzen Aufstand habe ich erst recht keine Lust, das Bild zu verändern – einfach nur aus Trotz. Was mir aber sehr wohl auffiel, war, dass sich plötzlich unheimlich viele Leute dafür interessierten, was ich für eine Meinung zum Nahostkonflikt und vor allem zur Zwei-Staaten-Lösung habe. Ich bekam E-Mails, hauptsächlich von den Zeitungen des Springer-Verlags, mit der Anfrage, ob ich explizit gegen eine Zwei-Staaten-Lösung sei und ob ich das Existenzrecht Israels ablehnen würde? Ich wurde als Antisemit beschimpft und ich hatte das Gefühl, dass plötzlich jeder, aber auch wirklich jeder, seine Meinung zu mir kundtun darf. Sogar Claudia Roth, die ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen habe, durfte mich als Antisemiten beschimpfen, weil ich »dreist« das Existenzrecht Israels leugnen würde. Nein, das tue ich nicht und ich bin auch nicht gegen die Zwei-Staaten-Lösung, aber ich frage mich ernsthaft, warum diese Leute so schnell und unerbittlich auf mich losgegangen sind und warum sie nicht mit derselben Vehemenz auf Avigdor Lieberman losgegangen sind, als dieser sich tatsächlich und mit ganz klaren Worten gegen eine Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen hatte. Immerhin war der bis vor Kurzem noch israelischer Außenminister und Regierungsmitglied und bekannt für seine Äußerungen, in denen er die israelische Armee dazu aufforderte, in Gaza alles zu zerstören oder mit den Palästinensern gleich so zu verfahren, wie es die Amerikaner mit den Japanern gemacht haben – damals in Hiroshima und Nagasaki. Vielleicht habe ich von den lautstarken und aggressiven Protesten in den deutschen Medien gegen Lieberman und seine Ansichten auch einfach nichts mitbekommen, trotz allem habe ich irgendwie den Eindruck, dass die Welle der Entrüstung in meinem Fall ein wenig höher schwappte. Nun bin ich also auch noch ein Judenhasser. Aber was ist dann Avigdor Lieberman?
    Diese Art der Ungleichbehandlung, diese Art, mit Kritikern der israelischen Politik umzugehen, diese Art, sich auf vermeintliche Feinde Israels zu stürzen und sie als Judenfeinde zu beschimpfen, verstehe ich nicht. Und auch die anderen »Ausländer« hier verstehen das nicht, die Menschen mit Migrationshintergrund, die teilweise Verwandtschaft in Palästina haben, die, aus welchen Gründen auch immer, die Politik des Staates Israel

Weitere Kostenlose Bücher