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Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)

Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)

Titel: Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anis Mohamed Youssef Ferchichi , Marcus Staiger
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nicht cool finden. Wir verstehen das nicht, dass man hier nichts gegen den Staat Israel sagen darf, ohne gleich als Antisemit zu gelten. Wir haben mit dem deutschen Antisemitismus nichts zu tun. Die Großväter der meisten Migranten haben niemals in irgendwelchen Vernichtungslagern gearbeitet und ihre Großmütter haben kein jüdisches Tafelsilber mitgehen lassen. Was haben wir also mit eurem Antisemitismus zu tun?
    Als Palästina am 29. November 2012 den Antrag auf Anerkennung als UN-Beobachterstaat bei den Vereinten Nationen gestellt hat, waren die meisten Reaktionen aus Israel unwirsch und feindlich. Benjamin Netanjahu erklärte: »Die Entscheidung wird keine Basis für künftige Friedensverhandlungen darstellen und bringt die Bemühungen um eine friedliche Regelung nicht weiter.« Gleichzeitig beschloss die israelische Regierung den illegalen Ausbau von weiteren 3000 Wohnungen im besetzten Westjordanland, was eventuelle Friedensverhandlungen zusätzlich erschwert. Wenn ich dann höre, wie der rechtsgerichtete israelische Politiker Naftali Bennett, der bei der letzten Knesset-Wahl mit seiner Partei HaBajit haJehudi (Jüdisches Heim) immerhin fast zehn Prozentpunkte erringen konnte und bis vor Kurzem ebenfalls zu Netanjahus Koalition gehörte, erklärt, dass er die Zwei-Staaten-Lösung für tot hält, nie einen palästinensischen Staat akzeptieren und lieber internationale Sanktionen in Kauf nehmen würde, als nachzugeben, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Darüber spricht niemand, zumindest hält sich die öffentliche Entrüstung stark zurück. Ich mache so ein behindertes Bild auf meinen Twitter-Account und Deutschland steht kopf?!
    Das ist doch ungerecht. Zumindest fühlt es sich für mich so an, dass anscheinend keiner kritisiert werden darf, der etwas mit Israel oder den Juden zu tun hat. Und jeder, der auch nur ansatzweise etwas gegen Israel vorbringt, wird gleich als Judenfeind beschimpft. Das ärgert mich. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein und in Wirklichkeit ist es gar nicht so, aber es fühlt sich für mich so an.
    Dabei stehe ich und selbst mein Freundeskreis den Juden nicht negativ gegenüber. Das Thema Juden taucht bei uns gar nicht so oft auf, wie man vielleicht denken könnte, zumal der Vater meines Freundes Hassan als Kind aus Palästina vertrieben wurde. Da besteht eine ganz persönliche Beziehung zu dem Thema und natürlich verfolgen er und seine Familie die Entwicklungen im Nahostkonflikt mit besonderer Aufmerksamkeit. Hassan ist auch immer der Erste, der darüber Bescheid weiß, wenn die Gewalt wieder eskaliert und etwas hochgegangen ist, aber trotz allem ist es nicht so, dass er jeden Tag das Unrecht der Israelis mit mir diskutieren würde. Das wird erst mal so hingenommen, weil man es ohnehin nicht ändern kann, weil es auf eine schreckliche Art eben schon zum Alltag gehört. Wenn ich dann mal mit ihm darüber rede, geht es hauptsächlich um die israelische Politik und wie es den Palästinensern vor Ort ergeht, nie aber geht es um Juden. Das ist nämlich ein Unterschied. »Israel« und »Juden«, das ist nicht unbedingt dasselbe, auch wenn die beiden Begriffe immer wieder miteinander vermischt werden, was man nicht tun sollte. Das eine ist ein politisches Gebilde, ein Staat und das andere sind Menschen, die einer Religionsgemeinschaft angehören, die teilweise in diesem Staat leben, die auch mehr oder weniger mit diesem politischen Gebilde zu tun haben, aber trotzdem nicht miteinander identisch sind. Beides gleichzusetzen ist schlichtweg falsch, und wenn ich einen Staat kritisiere, dann heißt das eben noch lange nicht, dass ich die Anhänger einer Religionsgemeinschaft verurteile.
    Hassans Großeltern stammen aus Safad in Palästina. Sein Vater wurde noch dort geboren, und als dieser elf Jahre alt war, wurden er und seine Familie 1949 vertrieben. Sie kamen dann in ein Flüchtlingslager nach Baalbek im Libanon, wo sie bis zu ihrer Ausreise nach Westeuropa im Jahr 1973 leben mussten.
    Der Umstand, dass die Familie ganz persönlich Leid und Vertreibung erleben musste, dass auch heute noch Verwandte und Bekannte im Konflikt mit Israel ums Leben kommen, all das macht aus Hassan und seiner Familie trotzdem keine Judenhasser. Sie sind keine Judenhasser, genauso wenig, wie ich ein Antisemit bin, und genauso, wie andere Moslems auch nicht per se Antisemiten sind.
    Denn das ist eine Ebene, die auch gerne dazukommt, dass angeblich der Islam ein großes Problem mit dem Judentum hat. Hat er

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