Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)
oder Al-Arabi-Schmidt und die Möglichkeiten, die unsere Kinder in der deutschen Gesellschaft haben werden, werden besser sein als die unseren und die unserer Eltern sowieso. Die Jobauswahl wird nicht mehr auf Gemüsehändler, Fabrikarbeiter oder Gangsterrapper beschränkt bleiben. Die Möglichkeiten, in dieser Gesellschaft mitzuwirken und an ihr teilzuhaben, werden noch besser als die, die wir hatten, und deshalb wird die Popularitätskurve der Migranten auch irgendwann einmal wieder nach oben gehen.
In ein paar Jahren wird man wahrscheinlich gar nicht mehr über Integration, Heimat oder doppelte Staatsbürgerschaft reden müssen, was mich freuen würde, weil es ja auch irgendwann mal nervt, wenn man sich immer umgucken muss, ob man schon wieder was falsch gemacht hat. Was darf ich machen? Was darf ich nicht machen? Was muss ich machen? Was habe ich schon wieder nicht gemacht? Habe ich das jetzt gemacht, weil ich ein Ausländer bin? Akzeptiert mich mein Gegenüber so, wie ich aussehe? Scheißausländer. Scheißdeutscher. Solche Gedanken nerven und lenken ab vom Wesentlichen. Vom Leben in diesem Land.
Der biologische Deutsche wird mit Sicherheit aussterben, wobei allerdings zu klären wäre, ob es so etwas überhaupt jemals gegeben hat, schließlich zeugen Namen wie Kowalski, Mattusek und Delange davon, dass sich in diesem Land schon so einiges vermischt und gemischt hat. Vielleicht sollten wir die Rassenlehre einfach den Hundezüchtern überlassen und uns eher damit beschäftigen, was dieses Land ansonsten ausmacht. Mit Sicherheit wird es dieses Land auch in hundert Jahren noch geben. Vielleicht als Bundesstaat eines vereinigten Europas, vielleicht weiterhin als souveränen Staat, sehr wahrscheinlich immer noch in den Grenzen, die wir heute kennen. Die Bevölkerung wird sich verändert haben und es werden ein wenig mehr Dunkelhaarige in diesem Land wohnen. Trotzdem glaube ich fest daran, dass es auch dann noch ein Deutschland geben wird, dessen Bewohner sich als Deutsche fühlen werden. Das werden sie aber nur dann tun, wenn es Deutschland als Idee gibt.
Doch damit tun wir uns allem Anschein nach schwer. Deutschland als Idee existiert nicht wirklich. Welche Idee ist denn Deutschland? Gründlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungsliebe – ist das alles? Die Menschen, die in Deutschland leben, prägen die deutsche Idee und die deutsche Idee prägt die Menschen und aus diesem Grund wäre es ja gar nicht schlimm, wenn es irgendwann mal keinen »echten Deutschen« mehr gäbe, solange es die Idee gibt. Das ist weder schlimm noch beängstigend, denn wenn wir uns weiterhin als Deutsche sehen und begreifen, stirbt der Deutsche ja nicht aus, alles andere sind nur optische Unterschiede.
Wenn ein Deutscher mit brauner Haut und schwarzen Haaren, der nicht mehr deutsch aussieht, die deutsche Idee am Leben hält, dann wäre doch alles in Ordnung. So ein Gedanke, so eine Idee lebt doch viel länger als irgendein menschlicher Organismus, der sowieso nur fünfzig, sechzig oder siebzig Jahre alt wird und dann stirbt. Eine Idee kann nicht sterben. Aus diesem Grund kommt es doch viel weniger darauf an, ob jemand »biologisch rein« ist, als vielmehr darauf, was wir an Ideen, kulturellen Leistungen und Werten verkörpern wollen. Es ist doch gar nicht wichtig, wo unsere Eltern oder Großeltern herkommen, solange wir dieselbe Idee, dieselben Ideale teilen. Dann sind wir doch Deutsche. Aber haben wir eine solche Idee? Wissen wir, wer wir sind und wer wir sein wollen? Können wir stolz sein auf unser Land?
Die Deutschen tun mir manchmal richtig leid. Und es tut mir auch weh, wenn ich sehe, dass sie nicht sein dürfen, wie sie eigentlich sind, und dass sie nicht so sein wollen, wie sie gerade sind. Gefangen zwischen Wollen und Nichtkönnen, weil sie irgendwann einmal ihre Identität verloren haben. Vielleicht zu Recht, schließlich hat die deutsche Identität viel Unglück in die Welt gebracht. Vielleicht aber auch zu Unrecht, denn immerhin kommen auch viele sehr gute Sachen aus diesem Land. Das weiß zumindest das Ausland, das uns sowieso viel positiver sieht als wir uns selbst. Die Deutschen haben eigentlich alles, was man braucht, um eine Identität zu haben, aber sie dürfen nicht. Oder sie haben das Gefühl, dass sie nicht dürfen.
Was wäre aber eine deutsche Identität, die cool ist? Für mich persönlich wäre ein cooler Deutscher jemand, der mit uns hier lebt. Der aufrecht seine Werte vertritt, diese Demokratie hier verteidigt,
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