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Auf Amerika

Auf Amerika

Titel: Auf Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Schroeder
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Hobeln und Falzhobeln, bei Fenster- und Türbeschlägen, bei Holzleim und Holzkitt, bei Martin-Senior und Martin-Junior und bei Dingen, die ich mir einmal bauen würde – nicht aber bei Latein, Algebra, Englisch und Geschichte.
    Wenn du sitzenbleibst, dann bist du zu dumm für die Schule. Dafür legen wir uns nicht krumm. Wenn du es nicht schaffst, dann wirst du eben Schreiner, sagte mein Vater. Meine Mutter ahnte, dass das, was mein Vater als finsterste Strafmaßnahme und Drohung ansah, bei mir jegliche pädagogische Wirkung verfehlte. Im Gegenteil. Ich war selig und sah meine Zukunft rosiger vor Augen als angesichts von Latein und dergleichen, und ich beschloss, es darauf anzulegen, sitzenzubleiben. Doch diese Rechnung hatte ich ohne meine Mutter gemacht. Sie durchschaute mich und stellte sofort einen festen Stundenplan auf. Sie legte fest, wann ich Schularbeiten zu machen hatte und wann ich in die Schreinerei durfte, sie fragte Lateinvokabeln ab und saß nächtelang da, um sich selbst auf den Stand in Englisch zu bringen, den wir in der Schule erreicht hatten. Sie gab sich alle Mühe, denn eines hatte sie, die im Wohlstand aufgewachsen war, damals, vor dem Krieg in Berlin, und die jetzt den Wohlstand vor unserer Haustüre immer nur vorbeigehen sah, eines hatte sie sich in den Kopf gesetzt: Der Sohn lernt was Solides, der soll es einmal besser haben. Und sie hatte eine ganz klare Orientierung, denn der Einzige in unserer Familie, der in ihren Augen etwas darstellte, war der Mann ihrer zweiten Schwester Barbara, Karl, ein Rechtsanwalt. Denen ging es besser als uns, die wir nicht einmal ein Auto hatten. Die hatten zwei Autos und am Rande von München in einer gehobenen Wohngegend, wie meine Mutter das nannte, einen Bungalow mit Zentralheizung, Keller, zwei Garagen und Hobbyraum. Sogar die Garagen hatten eine Heizung. Der große Garten wurde von einer Gartenbaufirma gepflegt. Tante Barbara lag viel in einer Hollywoodschaukel und las dicke Romane, während im Gartenteich ein Springbrunnen plätscherte, und sie konnte es sich sogar leisten, Karl, als der eine junge Geliebte hatte, zu verlassen, vielmehr ihn hinauszuwerfen, ohne sich in ihrer Lebensweise einschränken zu müssen. Hätte meine Mutter uns verlassen wollen, sie hätte gar nicht gewusst, wovon sie hätte leben sollen, wo sie überhaupt hätte hingehen können. Das ist gut so, dachte ich, denn dann verlässt sie uns nicht, auch wenn mein Vater sie schlecht behandelt und sie immer von Berlin träumt, von wo im Sommer immer rotzfreche Kinder kamen, um auf dem Dorf Ferien zu machen. Mit denen wollten wir nichts zu tun haben, wir bespritzten sie mit Jauche oder verprügelten sie. Sie redeten, dass man sie kaum verstand, so schnell und so laut, und ich verstand überhaupt nicht, was meine Mutter bei solchen Menschen in Berlin wollte. Vielleicht wollte sie wieder zu ihrer Mutter, der Berliner Oma, die nicht wie ihre Töchter nach der Flucht in Bayern geblieben, sondern nach Berlin zurückgegangen war, bei der ich jedes zweite Jahr drei furchtbare Wochen Ferien machen musste. Und einmal im Jahr besuchte sie uns. Leider.
    Manchmal, solange Tante Barbara und Onkel Karl noch zusammen waren, holten sie mit ihrem Auto meine Eltern und mich ab, um mit uns in einem Restaurant in München essen zu gehen.
    Dann fuhren wir auf der Autobahn nach München. Der Wagen vom Onkel Karl fuhr schnell. Ein BMW V8, wie Tante Barbara stolz sagte. Sie saß vorne und roch stark nach Parfüm. Ich saß hinten, eingezwängt zwischen meinen Eltern. Über achtzig Stundenkilometer fuhr der Wagen jetzt. Ängstlich schaute ich auf das Armaturenbrett und auf die Nadel des Tachometers und dann zum Fenster hinaus. Das Moor, das man Moos nennt, Dachauer Moos, Erdinger Moos, die Bäume und Büsche, die Torfstecher, die Kühe auf den Wiesen und die kleinen Torfhütten flogen vorbei. Hinter dem Baggersee fuhr der Wagen an einer Amikolonne aus Jeeps und Panzern vorbei. Wir waren schneller als die und überholten sie alle. Ich hatte ziemlich Angst, denn es war das erste Mal, dass ich in einem Auto mitfuhr. Die Nahtstellen der Betonplatten, aus denen die Autobahn bestand, schlugen einen Rhythmus, der nicht gerade dazu angetan war, mir meine Angst zu nehmen. Tack-tack, tack-tack.
    Die Autobahn führt in einem Kilometer Entfernung an Hausen vorbei. Diese Autobahn, das Teufelszeug, das die Bauern nicht gewollt hatten, nicht durch ihre Felder, auf ihren Äckern, vor ihrer Haustür. Fünfzig Jahre vor deren Bau

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