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Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt

Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt

Titel: Auf Bewährung - mein Jahr als Staatsanwalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pragst
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geben. Aber mit Hilfe der Fotografien |157| wurden später in akribischer Kleinarbeit die Filmaufnahmen von den Ausschreitungen ausgewertet. Es konnten eine Menge Täter überführt werden. Zwar waren die Gesichter der Randalierer häufig vermummt oder nur schlecht erkennbar. Sie trugen aber oft dieselbe Kleidung wie am Tag darauf, als sie bei den Personenkontrollen identifiziert wurden. Bei Benjamin waren es Turnschuhe, Jeans, ein Kapuzenpullover mit einem auffälligen Druckmotiv und ein militärisch aussehender Rucksack, die ihn überführten. Auf einigen Aufnahmen war er in Großformat und gestochen scharf bei Steinwürfen auf Polizeibeamte und die Scheibe einer Bankfiliale zu sehen.
    Gegen Benjamin wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Angelegenheit schließlich den deutschen Polizeibehörden übergeben. Man erwartete eine Berichterstattung darüber, wie und mit welchen Ergebnissen der Fall hier weiterverfolgt wurde. Benjamin war schließlich schon wieder seit über einem Jahr in Berlin, als er in seiner Studenten-WG überraschend verhaftet und in Untersuchungshaft genommen wurde.
    »Ich soll einen schweren Landfriedensbruch begangen haben. Der Richter hat beim Hafttermin gesagt, dass mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe droht. Das ist einfach lächerlich! Meine Organisation kümmert sich bereits um einen Verteidiger. Ihr werdet sehen, morgen werde ich hier rausgelassen. Ich bin schließlich kein Straftäter wie ihr, sondern habe nur von meinem aktiven Demonstrationsrecht Gebrauch gemacht«, verkündete Benjamin belehrend. Er hatte im Laufe seiner »Rede« immer mehr an Sicherheit gewonnen. Sinan fand, dass Benjamin sich recht gut hielt. Immerhin war es sicherlich sein erster Kontakt mit Strafverfolgungsbehörden. |158| Er kam bestimmt aus einem guten Elternhaus und die Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Moabit dürfte für ihn ein echter Kulturschock sein.
    »Du bist genauso schuldig wie wir. Ein ganz gewöhnlicher Krimineller«, rief Rainer wütend. »Das Gefasel von deiner Organisation und dem Demonstrationsrecht geht mir ganz schön auf den Wecker. Bild dir bloß nicht ein, dass du was Besonderes bist.« Er schaute Benjamin grinsend ins Gesicht: »Du fährst genauso in den Bau wie wir.«
    »Woher willst du das wissen«, erwiderte Benjamin aufgebracht und verzweifelt. »Du hast doch von Weltpolitik überhaupt keine Ahnung. Ich habe Politikseminare an der Uni besucht. Da muss man schon über ein bisschen Bildung verfügen, wenn man zu dem Thema den Mund aufmachen will.«
    Sinan sprang von seinem Bett und schob Rainer zur Seite, der schon die Hände zu Fäusten geballt hatte. Er sah Benjamin fest in die Augen: »Du hältst jetzt besser die Klappe. Wir bestimmen, wie das hier in der Zelle abläuft, und nicht du. Daran kannst du dich schon mal gewöhnen. Mach hier bloß keinen Ärger, sonst kannst du was erleben. Bis morgen früh kommt dir jedenfalls keiner zu Hilfe.« Er versetzte Benjamin einen Stoß vor die Brust, sodass dieser rückwärts zu Boden fiel. »Und wehe, du lässt noch einen blöden Spruch über meine Bildung ab«, rief Rainer wütend.

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Mein erster großer Sitzungsfall   – Vergewaltigung
    A uch im August hatten in unserer Abteilung mehrere Staatsanwälte Urlaub. Gerlinde hatte sich von dem Bandscheibenvorfall erholt und konnte ihren Urlaub nunmehr antreten. Auch Maja wäre gerne noch im Sommer verreist. Doch die Staatsanwaltschaft war die erste Station in ihrer Proberichterzeit und die sechsmonatige Urlaubssperre war noch nicht abgelaufen. Maja erzählte in der Kaffeerunde stolz, wie sie ein bereits länger schwelendes Problem – die zugehörige Akte hatte zwölf Bände – gelöst hatte. Es handelte sich um ein abgeschlossenes Ermittlungsverfahren. Der Täter war längst rechtskräftig zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Außerdem war für die Zeit danach die Sicherungsverwahrung angeordnet worden. So können besonders gefährliche Täter auch nach Absitzen der Freiheitsstrafe in Verwahrung behalten werden, um die Allgemeinheit vor weiteren Taten zu schützen. Die Sicherungsverwahrung stellt also keine Strafe, sondern eine vorsorgliche (präventive) Maßnahme dar, die Straftaten schon vor ihrer Begehung verhindern soll. 1 Majas Täter war bereits |160| mehrfach wegen Diebstahl und Betrug vorbestraft, als er sich schließlich als »W M-Räuber « betätigte. Mit einigen Komplizen verübte er mehrere Raubüberfälle genau zu den Zeiten, in denen die

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