Auf das Leben
ein wachsendes Gefühl der Entfernung, als würde die Lautstärke heruntergedreht, als würde das Bild weggezoomt, es war wie einschlafen, wie in ein warmes Bad sinken. Gedanken kamen und gingen - Gott sei Dank war seine Versicherung bezahlt, warum fühlte er sich so ruhig, was geschah, was würde als Nächstes geschehen, war es noch wichtig? Und dann …
Und dann war da ein plötzlicher Schlag, ihn durchzuckte ein Schock, ein erneuter Schmerz, und als er sich konzentrierte, konnte er Gesichter über sich sehen, die auf ihn herunterschauten. Jemand stieß ihn, schlug ihn, und dann waren da zwei Männer in roten Jacken, und einer von ihnen hielt ein paar Kabel mit Elektroden, die einen Schock durch seinen Körper jagten, und dann atmete er wieder; Atemzüge, tiefe Atemzüge. Plötzlich wurde der Fokus klarer, während die Ränder irgendwie verschwommen blieben, und zwei Gefühle erfüllten ihn: zum einen Erleichterung und zum zweiten Bedauern, ein vages, aber tiefes Bedauern. Er war irgendwohin gegangen, er hatte etwas vorgehabt, und jetzt war es verschwunden wie ein angenehmer Traum. Nur das Gefühl war zurückgeblieben, dass er inzwischen eigentlich woanders sein sollte, eben noch war alles so warm gewesen, so … nein, nein, es war verschwunden, er war hier, das war Elizabeth mit ihrem blassen Gesicht, und das war Arnold, und diese beiden Männer mussten Sanitäter sein, überlegte er. Sie waren fremd, aber kräftig, professionell, mit koordinierten Bewegungen. Er konnte einfach daliegen und alles mit Interesse beobachten, ihre Kompetenz bewundern. Es war wie damals, als er nach einer Nasenoperation aus der Narkose erwachte. Die Krankenschwestern waren umhergegangen, alles war so ordentlich gewesen. Keine Hetze, keine Panik, keine Kraftvergeudung. Das hatte er damals bewundert.
Der Traum war verschwunden. Er war wieder in der Realität. Oder in dieser Realität. Ein bisschen Schmerz war geblieben, tief zu atmen tat ein wenig weh. Er wollte seine Lungen füllen - die Luft fühlte sich frisch an, roch süß. Und jetzt fühlte er sich wie ein Kind in einer Tragetasche, das hochgehoben und zu einem Auto getragen wird, halb wach, halb schlafend, hilflos, aber voller Vertrauen. Und dabei schläft es ein …
Es dauerte eine Weile, bis ich seine Geschichte zu Ende gehört hatte. Steve machte viele Pausen, starrte die Wand an, die Blumenvase auf dem Tisch am Fußende seines Bettes, aber er sprach deutlich, er wollte es erzählen. Also saß ich da und hörte zu. Details kamen in der falschen Reihenfolge heraus, und dann sagte er: »Nein, das war später«, und wiederholte alles in der richtigen Reihenfolge. Es lag ihm auf der Seele, und er wollte es herausbringen. Er wollte, dass ich es wusste. Er wollte meine Reaktion, meinen Rat. Aber was sollte ich ihm nur sagen?
»Sehen Sie, Rabbi, das bringe ich nicht zusammen. Die ganze letzte Nacht habe ich wachgelegen und darüber nachgedacht. Ich bin wirklich froh, dass ich hier bin. Ich bin froh, dass ich lebe. Elizabeth war gestern hier, und sie wird bald wiederkommen. Die Kinder sind in der Schule, und ihre Großmutter wird sie später abholen. Ich glaube, sie dürfen mich heute Nachmittag besuchen, und ich freue mich ehrlich darauf. Aber warum habe ich trotzdem dieses Gefühl des Bedauerns? Es ist, als hätte ich eine Party verpasst.«
Dieser Mann ist, was mein Freund, der Vikar, einen Lazarus nennen würde, einer, der von den Toten auferstanden ist oder zumindest an der Schwelle des Todes umgekehrt ist. Einer der Glücklichen, wie wir immer sagen. Und er war glücklich. Arnold hatte die Ruhe bewahrt und einen Krankenwagen gerufen. Der war auch innerhalb von Minuten da - was nicht immer garantiert ist, wenn man in einem umgebauten Bauernhaus außerhalb der Stadt wohnt -, und nun lag er gut versorgt und bewacht in einem Krankenhaus, das zu den besseren zählte. Wir unterhielten uns dort einige Male, auch bei ihm zu Hause - das ziemlich weit außerhalb und hübsch gelegen ist, mit Bäumen und einem Fluss. Er »hatte es geschafft«, er hatte den Traum verwirklicht, außerhalb der Stadt zu leben und ein schönes Steinhaus mit einer Doppelgarage zu besitzen, ohne Nachbarn. Er hatte schwer gearbeitet, hatte Geld aufgenommen, hatte alle Hindernisse bewältigt, die zu bewältigen waren, ein Geschäft aufgebaut und genug verdient, um sich aus der Masse herauszuheben. Doch was nützt das, wenn man zu den fundamentalen Fragen kommt? Elizabeth war nett - ich hatte ihren
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