Auf das Leben
bereits vor einigen Jahren gestorben, lange vor meiner Zeit in der Gemeinde. Florrie lebte auf Bylen Hall, einem dieser kleineren Landhäuser am Ende einer Auffahrt, die von einer Seitenstraße abgeht, und umgeben von einer ruhigen Parklandschaft, in einem Haus, das aus finanziellen Gründen in ein Heim verwandelt worden war, das aber wenig Heimeliges an sich hatte. Seit über zehn Jahren hatte das Heimpersonal Florrie versorgt. Diese Aufgabe war bestimmt keine leichte gewesen, denn Florrie hatte sich einfach ausgedehnt und jeden verfügbaren Raum ausgefüllt. Ich weiß nicht, welche medizinischen oder physischen Gesetze die Ursache für ihre Dickleibigkeit waren, ob es an einer hormonellen Störung lag oder an genetischen Faktoren, an Wassersucht oder Fettansammlungen, und ich bin sicher, dass ihre Diät in diesem Haus streng bewacht und sorgfältig eingehalten wurde. Tatsache ist aber, dass ich, als sie krank wurde und man mich telefonisch bat, sie zu besuchen, bestürzt war von dem, was ich sah. Sie hatte ein süßes Gesicht und eine überraschend leise Stimme - nicht schwach, nur weich -, und sie war ein Berg unter einer Bettdecke, so enorm, dass ich anfangs gar nicht realisierte, dass das alles sie war. Ich dachte, da wäre noch ein Gestell unter der Decke. Über dem Bett in ihrem Zimmer, das sich im Erdgeschoss befand, war eine Art Kran-Konstruktion mit großen Lederbändern aufgebaut, und ich erfuhr, dass diese Konstruktion notwendig war, um Florrie zu baden oder auch nur umzudrehen. Sie musste hochgehoben werden wie ein Container, den man von einem Lastwagen in einen Eisenbahnwaggon lädt; dann wurde eine Badewanne auf Rädern vor ihr Bett gefahren und Florrie hineingehoben. Das Bett selbst war gründlich verstärkt worden.
Unter diesen Umständen fanden Badeaktionen nicht allzu häufig statt, und ich schätze, dass sogar eine Waschung im Bett zwei Schwestern mehrere Stunden lang beschäftigte. Es roch eindeutig streng in ihrem Zimmer, und ich hatte den Eindruck, dass das Fenster, das auf die Parklandschaft hinausging, nicht besonders oft geöffnet wurde - ein Jammer unter diesen Umständen! Die frische Luft draußen war eine Vergeudung, während sie hier drinnen eindeutig nötig gewesen wäre.
Die arme Florrie hatte, aus welchen Gründen auch immer, die letzten Jahre sehr einsam zugebracht. Sie konnte ihr Zimmer nicht verlassen, um in der Halle zu sitzen, und ein Spaziergang kam überhaupt nicht infrage. Das medizinische Personal und die Pflegeschwestern kamen zu ihr, wenn es nötig war, ansonsten musste sie einfach daliegen wie - um das alte Klischee zu bemühen - ein gestrandeter Wal. Ich nehme an, dass sie speziell angefertigte zeltartige Nachthemden trug. Sie wäre ein Albtraum für jedes noch so gut sortierte Übergrößengeschäft gewesen. Undenkbar, dass es Schuhe in ihrer Größe gab. Sogar Geschäfte für Dickleibige müssen irgendwo an ihre Obergrenze stoßen.
Bei meinem Besuch damals unterhielten wir uns eine Weile. Florrie erzählte einiges aus ihrem Leben, dann ging ich, und ich erinnere mich, dass ich dabei dachte: Mein Gott, was machen wir nur, wenn sie stirbt? Die Schwierigkeiten beim Baden und ähnlichen Verrichtungen standen mir lebhaft vor Augen.
Nun, Florries Stunde schlug früher, als viele es erwartet hatten, denn obwohl man sie nicht mehr jung nennen konnte, war die Chance, dass Florrie durch Überanstrengung auf dem Sportplatz sterben oder von einem Lastwagen überfahren würde, äußerst gering. Auch die Gefahr, dass sie sich im Bus an Grippeviren ansteckte, bestand nicht. Irgendwann muss ihr Herz beschlossen haben, dass es Zeit war, aufzugeben. Und Gott sei Dank hatten sie in Bylen Hall schon Notfallpläne gemacht, denn als wir den Anruf bekamen und ich die Beerdigung für Donnerstag plante, war sie schon aufgebahrt. Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich Spezialisten auf diesem ziemlich geheimnisvollen Gebiet gab.
Glücklicherweise dachte ich daran, im Büro des Friedhofs anzurufen, denn man hatte irgendwie versäumt, dort Bescheid zu sagen. Und als wir am Donnerstag dort ankamen, hatte ein kleiner Bagger die Grube schon erweitert. Eine Grube, die nun nicht mehr rechteckig war, sondern eher quadratisch. Zum Glück regnete es nicht, der Boden war trocken und die Wege nicht matschig, denn es musste tatsächlich ein kleiner Kran herbeigefahren und in Position gebracht werden, während ich am Eingang auf den Leichenzug wartete. Es wäre sinnlos gewesen, den Sarg erst
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