Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf dem Jakobsweg

Auf dem Jakobsweg

Titel: Auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Coelho
Vom Netzwerk:
mit einer alten Konservendose, füllte sie mit heißem Wasser und reichte sie Petrus.
»Hier. Und nun gehen Sie mit Gottes Segen.«
Doch Petrus rührte sich nicht. Er zog ein Teebeutelchen aus dem Rucksack, hängte es in die Dose und sagte, er wolle das wenige, was er besitze, aus Dankbarkeit dafür, daß sie uns aufgenommen habe, mit ihr teilen.
Die Frau holte sichtlich verärgert zwei Tassen und setzte sich mit Petrus an den Resopaltisch.
Während ich dem Gespräch der beiden zuhörte, sah ich weiterhin den Hund an.
»Man hat mir im Dorf erzählt, daß über diesem Haus ein Fluch liegt«, meinte Petrus beiläufig.
Ich sah die Augen des Hundes aufblitzen, als habe er die Unterhaltung verstanden. Die Alte stand abrupt auf.
»Das ist eine Lüge! Das ist ein alter Aberglaube! Seien Sie so gut und trinken Sie Ihren Tee aus, ich habe noch viel zu tun.« Der Hund spürte den Stimmungswechsel der Frau. Er blieb reglos in Habachtstellung. Doch Petrus setzte das Gespräch seelenruhig fort.
Er goß langsam den Tee in die Tasse, führte sie an seine Lippen und setzte sie wieder ab, ohne einen Schluck getrunken zu haben.
»Er ist sehr heiß«, meinte er. »Warten wir noch eine Weile, bis er etwas abkühlt.«
Die Frau setzte sich nicht wieder. Sie war von unserer Anwesenheit sichtbar verärgert, und es tat ihr nun leid, die Tür aufgemacht zu haben. Sie bemerkte, daß ich den Hund anstarrte, und rief ihn zu sich. Das Tier gehorchte, doch auch nachdem es neben ihr stand, sah es mich weiterhin an. »Deshalb, mein lieber Paulo«, sagte Petrus, indem er mich ansah, »deshalb ist dir dein Bote gestern in dem Kind erschienen.«
Plötzlich bemerkte ich, daß nicht ich den Hund, sondern der Hund mich anblickte. Seit ich hereingekommen war, hatte mich das Tier hypnotisiert und meinen Blick festgehalten. Der Hund sah mich an und zwang mir seinen Willen auf. Ich fühlte plötzlich eine große Mattigkeit, den Wunsch, auf diesem zerschlissenen Sofa einzuschlafen, weil es draußen sehr heiß war und ich keine Lust hatte zu laufen. Dies alles kam mir seltsam vor, und mein Gefühl sagte mir, daß ich in einen Hinterhalt geraten war. Der Hund starrte mich an, und je länger er mich anstarrte, desto müder wurde ich.
»Laß uns aufbrechen«, sagte Petrus, indem er sich erhob und mir die Tasse reichte. »Trink etwas, denn die Dame des Hauses möchte, daß wir bald gehen.«
Ich schwankte, doch es gelang mir, die Tasse zu nehmen, und der Tee belebte mich ein wenig. Ich wollte etwas sagen, nach dem Namen des Tieres fragen, doch ich brachte keinen Ton heraus. Etwas in mir war erwacht, etwas, das Petrus mich nicht gelehrt hatte, was sich aber dennoch in mir manifestierte. Es war der unbezwingbare Wunsch, fremdartige Worte auszusprechen, deren Sinn ich nicht kannte. Ich glaubte, daß Petrus etwas in den Tee getan hatte. Alles rückte weit weg, und ich bekam nur ungenau mit, was die Frau zu Petrus sagte. Ich war von Euphorie erfüllt und beschloß, die fremdartigen Worte, die mir in den Sinn kamen, laut auszusprechen.
Ich sah in dem Raum nur den Hund. Als ich begann, diese fremdartigen Worte auszusprechen, die ich selbst nicht verstand, hörte ich, wie der Hund zu knurren begann. Er verstand sie. Ich wurde immer erregter und redete immer lauter. Der Hund erhob sich und bleckte die Zähne. Er war nun nicht mehr das sanfte Tier, das mir bei meiner Ankunft begegnet war, sondern etwas Böses, Bedrohliches, das mich jederzeit angreifen konnte. Ich wußte, daß die Worte mich beschützten, und redete immer lauter, wendete all meine Kraft gegen den Hund, während ich fühlte, daß in mir eine andere Macht war, die verhinderte, daß das Tier mich angriff.
Von diesem Augenblick an verlief alles in Zeitlupe. Ich sah, daß die Frau schreiend auf mich zukam und versuchte, mich hinauszudrängen, und daß Petrus die Frau festhielt, doch der Hund achtete nicht auf ihren Streit. Er starrte mir in die Augen und richtete sich knurrend und zähnebleckend auf. Ich versuchte, die fremde Sprache zu verstehen, die ich sprach, doch jedesmal wenn ich versuchte, ihren Sinn zu ergründen, nahm die Macht in mir ab, und der Hund näherte sich, wurde stärker. Ich fing an, die Worte laut herauszuschreien, und die Frau begann ebenfalls zu schreien. Der Hund bellte und bedrohte mich, doch solange ich redete, war ich sicher. Ich hörte ein lautes Lachen, doch ich wußte nicht, ob es dieses Lachen wirklich oder nur in meiner Phantasie gab.
Unvermittelt und als würde alles gleichzeitig

Weitere Kostenlose Bücher