Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)
Küchentisch würde mit Tabletts voll Appetithäppchen und süßem Gebäck beladen sein, während auf der Küchentheke Warmhalteplatten mit Fleischbällchen und anderen warmen Gerichten stehen würden. Unter dem Tisch würde eine Kiste Champagnerlagern, zusammen mit einem Eiskübel und einem Karton voll Champagnerflöten. Das alles würde man für den Trinkspruch am Ende des Abends aufbewahren. Jazzy konnte das Haus vor sich sehen, wie es von Menschen überquoll, die sie aus den verschiedenen Phasen ihres Lebens kannte: Mrs. Griswold, ihre Nachbarin aus Kindertagen; verschiedene Kollegen und Kolleginnen aus dem Supercenter, einer noch mit seiner blauen Weste; die anderen Frauen aus der Trauergruppe in der Volkshochschule und verschiedene Highschoolfreunde mit ihren Partnern. In ihrer Zusammenschau mischte sie sich anmutig unter die Gäste; sie trug ein Sommerkleid und Riemchensandalen, das Haar war zum Pferdeschwanz zurückgebunden. Auch Troy würde da sein, zusammen mit Matt Haverman, seinem besten Freund seit der Grundschule. Die Jungs würden sich herumtreiben und die Möglichkeit eruieren, eine Flasche Champagner zu stibitzen, ohne dass jemand es merkte.
Jazzy wusste außerdem, dass sie durch pünktliches Erscheinen alles ruinieren würde. Mehrere der Gäste würden ein paar Minuten zu spät kommen und Marnie würde die Eintreffenden an der Tür erwarten und sie bitten, ihre Autos um die Ecke abzustellen. Da Jazzy das wusste, bat sie Dylan, sie ein paar Straßen vorher abzusetzen, und auf dem Weg zu Marnies Haus nutzte sie die Zeit, um einen erstaunten Gesichtsausdruck zu üben.
Als sie in den Vorgarten trat, war Jazzy beeindruckt. Die vorderen Jalousien waren heruntergelassen und Ritas Wagen parkte in der Zufahrt, aber sonst verriet nichts die Anwesenheit von Gästen. Sie läutete an der Tür und meinte, das unterdrückte Getuschel einer großen Gruppe von Menschen zu hören, die versuchte, leise zu sein. Marnie machte atemlosauf. »Jazzy!«, sagte sie und umarmte sie, bevor sie noch richtig über der Schwelle war. »Ich bin so froh, dass du kommen konntest.« Sie trat zurück und musterte Jazzy aufmerksam. »Mensch, siehst du hübsch aus! Da wird der Rest von uns nicht mithalten können.« Marnie führte sie ins Haus und plauderte nervös darüber, welche Gerichte sie servieren würde. Natürlich war das ganze Gerede nur eine Finte, wie Jazzy genau wusste, aber sie spielte mit. »Rita und Laverne sind in der Küche«, sagte Marnie. »Komm rein.«
Jazzy folgte ihr gehorsam, bereit, ihr überraschtes Gesicht aufzusetzen: aufgerissene Augen und eine Hand, die vor den Mund fuhr. Sie hatte sogar geübt, »Also Leute!« zu sagen, während sie bescheiden den Kopf auf die Seite legte. Wie eine gespannte Feder wartete sie nur darauf, loszulegen, aber als sie in die Küche kam, war da keine Party. Da standen nur, ein Glas Wein in der Hand, Laverne und Rita an der Küchentheke.
»Du kommst zu spät, Mädel«, sagte Laverne. »Aber ich freu mich trotzdem, dich zu sehen.«
Sie begrüßten sie mit Umarmungen und Komplimenten und Jazzy war so verwirrt, dass sie kein Wort sagte. Schließlich konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. »Wo sind denn die anderen alle?«, entfuhr es ihr.
Die anderen drei Frauen blickten verwirrt drein. »Wir sind alle da«, sagte Rita.
»Wen hattest du denn sonst noch erwartet?«, fragte Marnie.
»Na ja«, meinte Jazzy, plötzlich verlegen. »Ich dachte, Troy wäre hier und vielleicht auch Glenn.«
»Heute sind nur Mädels geladen«, erklärte Marnie fest, schenkte ein weiteres Glas Wein ein und reichte es Jazzy. »Troy verbringt die Nacht bei einem Freund.«
»Und Glenn genießt das Alleinsein«, meinte Rita mit einem amüsierten Lächeln.
Marnie führte sie durchs Haus und kurz darauf verspeisten sie das Dinner: Schweinelendchen, Broccoliauflauf und Rote-Beete-Salat. Marnie war eine nervöse Gastgeberin und sprang alle paar Minuten vom Tisch auf, um einen Krug Eiswasser zu holen oder »mal in der Küche nachzuschauen«. Jedes Mal erwartete Jazzy, dass nun gleich eine große Gruppe von Menschen hervorspringen und sie überraschen würde. Aber als schließlich der Nachtisch serviert wurde, begriff sie, dass nichts dergleichen geschehen würde. Was war schiefgelaufen?
»Erzähl uns doch mal von deiner neuen Stelle«, forderte Rita Jazzy auf.
Jazzy, die gerade ihren Schokoladenkuchen aß, hielt inne. Wo sollte sie anfangen? Bei ihrer Begegnung mit Scarlett Turner auf der Reise hatte sie
Weitere Kostenlose Bücher