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Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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ein Feuer im Inneren der Erde oder ein Vulkan unter ihrer Haut schließlich zum Durchbruch kommt und die sichtbare Welt einholt.
    «Diese Geschöpfe und Welten, die wir nur von Schlaf,Traum und Mythologie (der vergangenen und der heutigen – der magischen Technologie) her kennen, tauchen als normale Realität in den neuen Dimensionen von Leben und Sterben auf. Und sobald das Irreale akzeptiert und real geworden ist, werden sich neue Wirklichkeiten zeigen, Gewalt, die zu Sanftheit wird, Sanftheit, die zu Gewalt wird.»
    «Eine hübsche Theorie.»
    Brian, der eine Idee geradlinig verfolgte und dabei immer obsiegte und dessen Intellekt sicherer arbeitete als meiner, neigte dazu, meine wolkigen Gedanken mit einem heftigen, eiskalten Windstoß seiner Logik zu vertreiben.
    «Nimm einmal an, Tommy wurde tatsächlich von diesem Weißen Wirbelwind überrascht –»
    «Aber wir haben ihn doch gesehen; oder vielmehr, wir haben gesehen, wie Tommy verschwand –»
    «Nach deiner Theorie existiert er noch immer, er ist nur unter die Oberfläche der sichtbaren Realität zurückgekehrt …»
    Wir gaben es auf, weiter über den Vorfall zu sprechen. Ich ging nach oben, nahm Tommys Erdkugelohrringe und die Seesternbrosche aus der Handtasche und studierte sie eingehend, in der Hoffnung auf ein Zeichen. Dann steckte ich sie zuunterst in meinen Koffer. Ich verbrachte eine schlaflose Nacht. Straßenlärm: Gelächter, Rufe; Polizeisirenen und Autohupen; Schüsse; die Angst, als ein Auto leise, heimlich, vor dem Fenster hielt. Ich ließ die ganze Nacht ein schwaches Licht brennen, eine Lampe auf der großen alten Kommode, die Brian zusammen mit seinen anderen Möbeln der Heilsarmee abgekauft hatte.
    Ohne Brian davon zu erzählen, rief ich am nächsten Tag in der Wohnung an, die über der von Tommy lag (Brian hatte die Nummer für den Notfall) und verlangte Tommy. Der Besitzerging freundlicherweise hinunter, um ihn zu holen; als er zurückkam, sagte er, Tommy sei weg, seine Tür sperrangelweit offen, sein Zimmer ausgeräumt, und von ihm fehle jede Spur.
    «Sind Sie eine Bekannte von ihm?»
    «Eine Bekannte von einem Bekannten.»
    «Etwas ist komisch. Eine Halskette ist noch da, eine Kette mit kleinen Kugeln, schauen aus wie Erdkugeln. Hübsch, wie Käfige. Und ein toter Vogel liegt in einem Vogelkäfig.»
    Ich bedankte mich und legte auf. Ich war überrascht. Ich konnte mich an keinen Vogel erinnern, weder an einen toten noch an einen lebendigen, nur an den offenen Käfig mit dem Schild «Zu vermieten», der an der Decke hing.
    Brian und ich hielten Wort und erwähnten Tommy nicht mehr. Er glitt aus unserem Leben, so wie Menschen dies tun, deren einziges Vermächtnis folgender gesprochener oder geschriebener Satz ist: «Was ist eigentlich aus … geworden?»
    Ich kehrte zurück nach Blenheim, um meine Laufbahn als Schriftstellerin fortzusetzen, und der Weiße Wirbelwind fiel mir erst wieder ein, als mein nächster Mann starb. Denn wissen Sie, aus Gründen, die mir heute unerklärlich sind – aber weshalb sollte ich es erklären, ich bin ja nicht in Kalifornien! –, heiratete ich Lance Halleton, den Französischlehrer an der dortigen Mädchenschule.

7
    Ich hatte Lance Halleton schon gekannt, als seine Frau noch lebte und meine Tochter Edith in seiner Klasse war. Ich war von seinem Unterricht und seiner offenkundigen Verehrung der französischen Sprache beeindruckt, und als seine Frau starb (wenige Monate nach dem Tod von Lewis), machten wir die gemeinsame Erfahrung, die deutlich sichtbaren Hinterbliebenen zu sein, die zwei Fremden, die merken, dass sie dieselbe Sprache sprechen. Das missfiel uns beiden, aber nach meiner Rückkehr nach Blenheim bemerkte ich, dass ich einen Teil meiner Zeit mit dem Schreiben zubrachte und die restliche Zeit anfällig war für die Leidenschaft, die Lance für die französische Sprache empfand. Ich habe immer Enthusiasten bewundert, die in ihrem Enthusiasmus aufgehen, und ich fand bald heraus, was passiert, wenn ich meine Bewunderung mit ein bisschen Sympathie, Mitleid, Abenteuerlust, Einsamkeit und der Sehnsucht, zu lieben und geliebt zu werden, vermische, im Mischbecher einer Stadt, in der die Straßen nach Schlachten benannt sind, ohne Hinweis darauf, wer verloren oder gewonnen hat oder wie viele umgekommen sind, und natürlich, obwohl die Generäle benannt werden, ohne Namen von einfachen Soldaten. Die Straßen verraten uns die Namen der Schlachten, aber nur die Literatur und unsere Vorstellungskraft

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