Auf dem Maniototo - Roman
Bernard De Courcy Wyndham. Im vergangenen Jahr hatte er in einem anderen Tal gelebt, nachdem er sich für zwölf Monate bei vertrauensseligen Leuten eingemietet hatte und einige Monate später wieder ausgezogen war, ohne Miete, Telefon- und Stromrechnungen zu bezahlen. Er hatte Sachschäden hinterlassen und Möbel und Haushaltsgeräte mitgenommen. Auch hatte er Schulden bei jedem kleinen ortsansässigen Ladenzentrum – Lebensmittelhändler, Baumarkt, Fleischer, Autowerkstatt –, da er gewissermaßen unter dem Schutzmantel des guten Rufs des jeweiligen Hausbesitzers sein Domizil aufgeschlagen hatte. Bewohner von Blenheim, Einwanderer, die hier ihre Kinder großgezogen hatten, vermieteten ihr Haus, bevor sie ihrem Heimatland den ersehnten Besuch abstatteten; es gab auch solche, die ihre erträumte «Überseetour» machten. Es gab eine Frau in mittleren Jahren mit Katze, eine zweite mitGarten; sie kamen zurück und fanden weder Katze noch Garten vor. Zwei Ehepaare trafen bei ihrer Rückkehr auf grauenerregende Zustände und schwindelerregende Rechnungen; und auch andere vertrauten dem gut angezogenen jungen Mann, den sie für alt genug hielten, um nicht in verantwortungsloser Weise wilde Partys zu feiern, und gleichzeitig für nicht alt genug, um krank zu werden und nicht mehr in der Lage zu sein, den Rasen zu mähen, Unkraut zu jäten und auf Katze oder Hund aufzupassen; ein Junggeselle (keine Frau, die in der Waschmaschine Kleider färbte oder die Tapeten wechselte, weil ihr das Muster oder die Farbe nicht gefielen) und, mehr noch, die «richtige» Art Junggeselle – er sagte, er werde bald heiraten, sei dabei, sich ein Haus zu bauen, und brauche während des Hausbaus eine Unterkunft; jemand mit handwerklicher Begabung und baulichen Fachkenntnissen, mit Geld für die Miete (baut sich sein eigenes Haus!). Und zu guter Letzt hatte Albert Wynyard zwar einen Vollbart, doch war dieser wiederum von der «richtigen» Art, wie ihn Fernsehsprecher, Anthropologen und Bergsteiger trugen und nicht Spinner und Sonderlinge. Der Frau mit Katze stellte Wynyard sich als Katzenliebhaber vor – er habe selbst eine Katze, Malcolm, die im Lastauto mit ihm zur Arbeit fahre. Und wenn Wynyard in einem Haus Gemälde bemerkte, erwähnte er wie nebenbei, er sei Hobbymaler. Den Leuten mit Garten schilderte er, was für ein Händchen für Pflanzen er habe und wie er mit ihnen spreche. Wer Stereoanlage oder Klavier hatte, dem erzählte er, dass er davon träume, Komponist zu sein.
«Wenn Sie erlauben, werde ich Ihr Klavier benutzen», sagte er, so als bitte er um einen großen Gefallen. «Ich komponiere selbst, müssen Sie wissen.»
«Sie komponieren?»
Wie bescheiden er war!
Die Akte beinhaltete nur die Fakten, aber als Alice Thumb sah ich die Vorstellungsgespräche vor mir und hörte die Lobeshymnen auf Albert Wynyard, dessen Worte so aufrichtig klangen, dessen blaue Augen vor Ehrlichkeit strahlten, wenn er vor den Frauen stand, die nach jahrelanger Lektüre von Kitschromanen diese Ehrlichkeit aufgrund oft gelesener Wendungen erkannten: «Aus seinen blauen Augen leuchtete die Ehrlichkeit …»
Ja, er sei ein echter Gärtner, sagten sie. Ein Freiluftmensch.
«Seine Haut war von einer tiefen, gesunden Bräune.» (Das Haus am See von Miriam Truly, Erstes Kapitel, Auftritt des Helden.)
Er ist nicht mit Gold aufzuwiegen, sagten sie.
Er kann einfach alles.
Und bevor die Daltons zu ihrer Überseereise aufbrachen (L.A., Disneyland, Dallas – die Stelle, wo Kennedy ermordet wurde –, England (Coronation Street)), sagten sie zu ihren Freunden: «Wir sind richtig stolz darauf, einen perfekten Mieter gefunden zu haben – einen Mann für alles, einen Gärtner und Komponisten.»
Wynyard hatte auch die Bemerkung fallen lassen, er sei mit dem Sohn eines wohlbekannten Millionärs befreundet, eine Andeutung mit so zartem Beigeschmack, dass sie genießbar war, doch kaum bemerkt wurde. Sie war Teil dessen, was Wynyard üblicherweise bei jedem Vorstellungsgespräch auftischte, keinesfalls eine stark gewürzte Sauce, die ihn den Abreisenden als Haushüter noch schmackhafter machen sollte, obwohl genau dies die Folge war, denn jeder Hauseigentümer erinnerte sich an die Geschichte mit dem Millionärssohn, erzählte sie seinen Verwandten und Bekannten weiter undantwortete auf die unweigerlich skeptischen Kommentare: «Wenn ein anderer so etwas sagen würde, könnte man meinen, er wolle Eindruck schinden, aber bei Mr Wynyard ist es etwas anderes. Mr
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