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Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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zum Abendbrot ein paar Schinkensandwiches und einen Salathin, ein Essen, das zur Trostlosigkeit des Tages passte und Erinnerungen an verregnete Picknicks, gereizte Laune und Sonnenbrand wachrief und an das nutzlose Jammern, das man bei Kindern Quengeln nennt. Zweifelsohne hätte ich mich der Laune des Wetters widersetzen und eine Suppe oder einen Eintopf kochen können, aber ich war fügsamer Stimmung: Wenn der Tag einem sagt: Weine!, weshalb dann nicht weinen?
    An diesem Abend wurde in unserem Kurs das Schreiben in der ersten Person erörtert, das, was ich immer als «Ich-Buch» bezeichnet habe. Wenn ich als Kind ein Buch aufschlug und sah, dass es in der ersten Person geschrieben war, sagte ich angewidert: «Ach, ein Ich-Buch», klappte es sofort wieder zu und weigerte mich, es zu lesen. Ich glaube, ich konnte weder den mir vom unsichtbaren «Ich» auferlegten Zwang ertragen noch, um es zum Leben zu erwecken, mein Alltagsselbst und mein Alltagsleben aufgeben und zu diesem «Ich» werden. Da ich mit Wildwestfilmen und den Liebesgedichten der damaligen Zeit – «Darling, ich ergebe mich» – aufgewachsen war, empfand ich die Macht des Ich-Erzählers über den Leser als allzu verwirrend und aushöhlend. Später lernte ich, die Anforderungen eines «Ich-Buchs» nicht zurückzuweisen, obwohl ich, besonders seit ich zu schreiben begonnen hatte, noch immer leicht beunruhigt war über die Trennung zwischen dem «Ich» und den Figuren der Geschichte und über die gewaltige Last des «Ichs», «alles erzählen» zu müssen, obwohl allein der Blick durch das schmale «Ich»-Fenster möglich war, das den Gesichtskreis einengte und nur das Abschießen vereinzelter Pfeile erlaubte, ohne Garantie, dass sie den Panzer des «Andersseins», den die Figuren des Buches trugen, durchbohren würden. Der Erfolg eines Ich-Buchs schien von der Vollkommenheit der Pfeile und des gesetztenZiels abzuhängen, und nur Vollkommenheit konnte die Probe bestehen, und es hatte keinen Zweck, dieser Wahrheit durch den Versuch auszuweichen, den Autor zu einem Gott oder zu einer Göttin mit perfekter Vorstellungskraft zu machen. Ein Autor, der sich für das «Ich» entscheidet, zieht eine gerade Linie, die an ihren Ausgangspunkt zurückgeführt werden kann und so zum Kreis wird oder, gekrümmt, zu einem Haken oder unberührt bleibt als Präludium zur Unendlichkeit oder deren Rückgrat gebrochen werden kann, zu Hypotenuse, Ankathete und Gegenkathete.
    Ich hörte verärgert zu, während Howard Conway uns seine eigenen Regeln für den Gebrauch der ersten Person mitteilte.
    «Verwenden Sie sie nie», sagte er, und seine akkurate Vorsicht hätte mich vielleicht erstaunt, wenn ich nicht längst erkannt hätte, dass ein in seiner Haut gefangenes «Ich» im Schreiben eines solchen vagabundierenden Alleswissers wie Conway keinen Platz haben konnte. Vielleicht wäre ich ihm gegenüber an diesem Abend toleranter gewesen, wenn der übliche Auckland-Regen bei seiner Verteilung von Nässe, Trübsinn und einem Gefühl der Heimatlosigkeit nicht so außerordentlich gründlich vorgegangen wäre. Ich wollte möglichst schnell nach Hause und mich darüber freuen, dass unser Keller nie unter Wasser stand, unser Dach nicht undicht war und das Wasser keine undichte Schossrinne fand, durch die es über den oberen Rand der Fenster einsickern konnte.
    Und dass wir niemandem Geld schuldeten.
    Zum Teufel mit Howard Conway, dachte ich. Er trug zweifarbige Schuhe, wodurch sein Image noch stärker in Richtung «konturloser Autor im Wolkenkuckucksheim» verwässert wurde. Auch er trug eine Uniform – einen gestreiften Anzugaus Baumwollkrepp, wie ihn amerikanische Touristen im Ausland und amerikanische Tenniszuschauer und Lyriker zu Hause tragen.
    Ich verließ den Schriftstellerkurs, ohne auf den üblichen literarischen Kaffeeklatsch zu warten. Als ich nach Hause kam, war Lance schon zu Bett gegangen. Ich nahm das Tablett mit den Schinkensandwiches und ging es ins Schlafzimmer.
    «Du warst nicht bei den Jaguaren», sagte ich anklagend. «Komm, wir machen ein Picknick.»
    Er schlief schon fast, setzte sich aber auf; er sah ziemlich bleich und verwirrt aus.
    «Schinkensandwiches», sagte ich. «Wen interessiert schon die erste Person? Stimmt irgendetwas nicht?»
    Er legte die Stirn in Falten. «Ich kann es nicht glauben», sagte er. «Ich habe Yorkie Wynyard erwischt. Endlich habe ich ihn.»
    «Willst du wirklich Schinkensandwiches essen?», fragte er und schob den Teller

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