Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
Rohrlegermillionärin, und die neueste Barwell-Reproduktion – ein kleiner Sohn von Noel und Sonia. Sie hatten bereits eine sechsjährige Tochter, Binnorie, mit einem Drüsenleiden, das zu Riesenwuchs führt. Vielleicht hatte Noel geglaubt, dass ihm sein Wissen über ein breites Spektrum von Krankheiten das Privileg einräumen würde, unter ihnen auswählen zu dürfen; und die unannehmbare Tatsache, dass er nicht hatte wählen können, hatte ihn und Sonia zu «Wenn-doch-nur-Eltern» werden lassen.
    «Wenn es doch nur Masern oder Kinderlähmung oder irgendetwas anderes gewesen wäre. Arme kleine Binny.»
    Für kurze Zeit wurde ich wieder in die Strömung meines früheren Lebens hineingezogen, und weil ich mich nicht darin verfangen wollte (in Seegras oder dem abgestorbenen Ast eines entfernten Baumes) und auch nicht unter Wasser gedrückt und durch einen Stein ertränkt werden wollte, fasste ich den Plan, Blenheim zu verlassen.
    Noel hat seine Praxis immer noch in der Heavenfield Mall, gleich neben dem großen Vogelhaus, in dem die goldenen Vögel bei künstlichem Licht singen. Er ist im Zentrum der Heavenfield Mall, obwohl ich weiß, dass er sich einmal danach gesehnt hat, auf dem Land zu praktizieren, vielleicht in einer kleinen Stadt, die von der Forstwirtschaft lebt, wo die Kinder freiwillig barfuß gehen und ohne Sattel auf den ungezähmtenschwarzen Pferden reiten. Es ist tröstlich für mich zu wissen, dass er diesen Traum hat, dass er und Sonia nicht ausschließlich auf den Traum angewiesen sind, der sie noch immer dazu bringt, kleine Tische und Stühle zu kaufen, Kindermöbel für ein Kind, das niemals hineinpassen kann.
    Ich verkaufte das Haus in der Bannockburn Road und erwarb eines in Stratford, wo ich jetzt lebe und wo ich diese Version meiner Geschichte niederschreibe.

11
    Ich bekenne, dass ich glücklich war, wieder allein zu sein, denn ich hatte während meines langen Aufenthalts im Krankenhaus die Fähigkeit zum Alleinsein entwickelt und mich in ihr geübt; und obwohl ich jetzt an Bushaltestellen, in Wartesälen und auf Bahnsteigen sagen konnte: «Wissen Sie, dass ich zwei Männer begraben habe?», war die Gewohnheit des Zusammenlebens eher dramatisch und unberechenbar gewesen als kultiviert und gefestigt, und mühelos wurde ich wieder zu einer Einzelperson; dennoch hielt ich diese beliebteste aller Bemerkungen, die das Warten auf Bus oder Eisenbahn interessant und bedeutsam macht, in Ehren.
    Ich vermisste die Freuden des Sex und die damit verbundene Gewohnheit, Liebe zu geben und zu empfangen, die Anwesenheit eines Menschen zu jeder Jahreszeit, den Wechselgesang wie in der Vogelwelt (obwohl Lewis und ich, wie ich schon sagte, «Nützlichkeitsgespräche» führten, gib mir, hol mir, hast du gesehen, hast du gelesen usw., wogegen Lance und ich «kommentierende» Gespräche führten, so als berichteten wir Vorfälle einer dritten Person), aber ich genoss den geordneten Egoismus des Alleinseins, ohne Erklärungen oder Versprechungen, ohne Erwartungen oder Enttäuschungen. Ich gelangte zur Überzeugung, dass ich nur deshalb zwei Männer begraben hatte, weil ich in den üblichen Verhaltensmustern meiner Umwelt gefangen gewesen war, die man schwerlich ohne einen Akt der Gewalt oder Unvernunft durchbrechen kann, und wenn man sie wirklich ändern will, muss man sich ständig in einem Zustand der Wachsamkeitbefinden; und so begann ich, nachdem Lance gestorben war und ich als herzensgute Ehefrau in meinem Herzen Ordnung gemacht hatte, endlich ernsthaft mit dem Schreiben, während ich eine weitere Reise plante, eventuell zu Edith nach London, ganz bestimmt aber in die Vereinigten Staaten, um Brian Wilford in Baltimore zu besuchen, vielleicht auch nach New York und nach Kalifornien zu der Dichterin, die ich bei meinem ersten Aufenthalt kennengelernt hatte. In Blenheim hatte ich vor Lances Tod so wenig geschrieben, dass ich an Howard Conways Schriftstellerkurs gar nicht hätte teilzunehmen brauchen, denn alles, was ich gelernt zu haben schien, war eine Liste verbotener Verfahren, die auf immer außer Reichweite zu bleiben haben, so wie bestimmte übermäßige Harmonieintervalle, die in den Werken der «echten» Komponisten dennoch sehr häufig vorkommen. Ich entschied mich dafür, die Regeln zu brechen, nicht weil ich das Gefühl hatte, dass mein Schreiben auch nur im Entferntesten an Vollkommenheit heranreichte, sondern weil in der Kunst nichts verboten ist. Für Kritiker und Lehrer, ja. Für die Maler,

Weitere Kostenlose Bücher