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Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Disraelis
lasen und wieder lasen, wie sie ihre Liebe aufteilten zwischen ruhmreichen toten Generälen und Politikern und dem angrenzenden Italien.
    Ich liebe Italien, sagen sie, die Emigranten, und streichen mit den Fingern über die Luftpostausgabe der
Times
    (dünn wie die essbare Hülle ihrer Gesundheitskekse),
    ich liebe Italien, aber wo, außer in England, findet man einen guten Arzt?
    Die Emigranten, wie die Garretts, sind freundliche Menschen
    mit Büchern und Gemälden und Phantasie
    und Geld und Büchern und Gemälden
    und Phantasie und Geld und
    Arthritis, Herzinsuffizienz, Gebärmuttersenkung,
    Prostataleiden,
    Krebs- und Todesängsten
    weit weg von zu Hause,
    denn wo,
    außer in England (und Amerika),
    findet man einen guten Arzt?
    Die Liebhaber Italiens singen im Chor:
    Die Italiener sind nicht wie wir, sie gehen aus sich heraus,
    sie tanzen, lieben sich ungeniert
    am helllichten Tag
    wie die Katzen und Hunde der Umgebung,
    schreiend zwischen den Geranien- und Lavendelbeeten,
    unter den Bougainvilleaspalieren,
    während wir, die Liebhaber Italiens, Körper haben, deren Säfte
    sparsam und nüchtern fließen,
    wie Tropfen flüssiger Seife über dem Waschbecken einer öffentlichen Toilette
    oder Arzneifläschchen oder Tröpfchen eines Insektenvertilgungsmittels
    (nur für Haustiere, Gegengift bei Überdosis: Milch)
    (Unsere trockenen Flussbetten sind schön,
    voll mit Gedenksteinen, robustem Golddraht-Gras,
    manchmal «unvergänglich» genannt,
    zwischen frischen Blumen auf den Gräbern der Liebe)
    aber in Italien – ach, Italien –
    (wir lieben Italien
    bella bella buon giorno)
    Gebt mir meinen Giotto, meine Kopie,
    mein gebrochenes künstliches Licht,
    kosten wir die «marmorne Vielfalt» des wunderbaren
    Tisches
    aus Florenz!
    Ich zog ins Haus ein, verwendete Irvings Arbeitszimmer als Platz zum Schreiben und schlief im angrenzenden Schlafzimmer. Nachdem ich eine Zeit lang von einem Zimmer ins andere gegangen war, inspiziert, ausprobiert, erforscht hatte, innerhalb der angemessenen Grenzen menschlichen Vertrauens (nicht wie Yorkie Wynyard, der verschlossene Laden aufgebrochen hätte, sondern das Verschlossene verschlossen und das Geheime geheim lassend), erreichte ich jenes Stadium, in dem man sich zu Hause fühlt, und war somit bereit, meine Aufmerksamkeit von der Grizzly Peak Road in Berkeley ab- und der Familie Brunnenkresse zuzuwenden, die nun in Menton lebte, um «dem einstigen Aufenthaltsort Margaret Rose Hurndells nahe zu sein». Bedauerlicherweise, wie man sehen wird, gab das Haus der Reproduktionen meine Aufmerksamkeit nicht anstandslos frei, sondern zwang mich durch die Ereignisse, zu ihm zurückzukehren, und da das Schreiben auf einem sorgfältig geplanten und kontrollierten Gebrauch der Aufmerksamkeit beruht, sah ich mich bedrängt und wusste, in einem Strudel von Vermeidung und Nichtvermeidung, verfolgt von der Vielfalt, den Nachbildungen und Originalen, nicht, was ich tun sollte.
    Es gibt Insekten, die ihre Samen in einer Ausbuchtung außen am Körper tragen, so wie der Geist des Universums seine Planeten und Sterne trägt. Eine Spinne hat ihr milchigesHaus fragil zwischen zwei Grashalme gespannt; und so hat Gott seine Welten errichtet; und wir, die wir Reproduktionen sind und im Haus der Reproduktionen wohnen, können erst existieren, wenn wir das, was wir im Reservoir der Vielfalt entdeckten, in eine Form gebracht haben; erst wenn wir beim wiederholten Gestaltungsprozess erkennen, dass wir keine Götter sind, und die Erkenntnis nicht verdrängen, dass wir selbst nicht von einem Schatten des Lichts oder einem verwandten Geist geformt und strukturiert worden sind, sondern von einem Original, der Summe aller Gleichungen und Ungleichungen, aller Kuben und Quadrate; der formgebenden Einschließung; der Hypotenuse aller Vielfalt.
    (Manche leben andauernd in der Vielfalt; sie hängt in ihrem Leben wie ein Nest wilder Bienen, voll vom Honig verschiedenartigster Blumen, unerforscht und ungekostet, doch beachtet, wahrgenommen, in einem Akt der Vermeidung, der nicht berührt, nicht Form gibt oder verändert, vielleicht aber auslöscht; andere wiederum, die einen eigenständigen Weg innerhalb der Vielfalt beschreiten, entkommen ihr schließlich, indem sie ihre Aufmerksamkeit sich selbst als originären Schöpfern zuwenden und so ihr Vermeiden noch verstärken; und wieder andere, die im Rahmen ihrer eigenständigen Strukturierung der Vielfalt und bedacht darauf, deren Chaos zu vermeiden, plötzlich

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