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Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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entdecken, dass sie selbst Reproduktionen sind, wenden sich vielleicht dem Original zu und erkennen, dass sie in ihrem ununterbrochenen Vermeiden und Zu- und Abwenden untätig gewesen sind und dass das Zentrum der Aktivität anderswo lag, wie bei der bewegungslosen und sich doch drehenden Erde.)
    Ich hatte das Gefühl, dass es für mich damals völlig ausreichend war, meine schriftstellerische Sorge auf die Problemedes Vertiefens und Vermeidens zu beschränken; und doch hoffte ich gleichzeitig, mit meinem Hin- und Herpendeln zwischen «wirklichem Leben» und «literarischer Fiktion» davonzukommen!

19
    Als ich gerade erst eine Woche im Haus der Garretts wohnte, ereignete sich in Norditalien ein schweres Erdbeben, und ich fragte mich, wie man das bei weit entfernten Katastrophen eben tut, ob irgendjemand, den ich kannte, verletzt worden war – und da dachte ich an die Garretts, die jetzt dort waren, im Norden. Und wie man das eben tut, stellte ich mir auch ihren Tod vor und wie die Nachricht davon käme und was ich tun würde.
    Zwei Tage später kam tatsächlich die Nachricht. Irving und Trinity Garrett waren in der Oper gestorben. Bei einem Opernbesuch wurden sie mit dem übrigen Publikum zwischen den Musikinstrumenten und halb gesungenen Arien begraben, die ohne Zweifel zu «rauchenden Wehklagen» wurden, welche in das harmonische Blau des italienischen Himmels aufstiegen und so die Harmonie vieler Leben auflösten und vollendeten. Eine komplizierte Art, es auszudrücken, aber so spielte es sich ab!
Ehepaar aus Berkeley starb in Oper.
Ich ertappte mich dabei, dass ich die Nachricht von ihrem Tod einfach deshalb glaubte, weil es sich um einen Zufall handelte, den die Literatur nie zugelassen hätte und der von Howard Conway sicher verboten und von Peter Wallstead oder selbst von Margaret Rose Hurndell niemals verwendet worden wäre und den vielleicht sogar ich, mit der Arroganz einer aufstrebenden Schriftstellerin, verworfen hätte.
    Tatsache war, dass sie tot waren und ich in ihrem Haus wohnte. Ich hatte sie nur einmal gesehen, und diese Begegnung verfolgte mich noch immer mit ihren Nachbildungenund Ersetzungen von Menschen und Gegenständen, und ich erinnerte mich an Irvings Hoffnung, nach Blenheim zu kommen, in die Partnerstadt, als Städteplanungsexperte, der seine Idealstadt zu erschaffen sucht. Im Anschluss an diese Nachricht kam eine Reihe von Anrufen früherer Kollegen der Garretts, die hören wollten, dass alles auf einem Irrtum beruhte oder dass sie die Meldung falsch verstanden hatten. Dann erhielt ich einen Anruf von einem Anwalt, Julian Soule, der sagte, die Garretts hätten ihn von der Vereinbarung in Kenntnis gesetzt, dass ich im Haus bleiben könnte. Bevor sie nach Italien flogen, sagte er, hätten sie ein Testament gemacht, in dem sie ihren gesamten Besitz, einschließlich des Hauses und aller darin befindlichen Gegenstände, mir vermachten.
    Zuerst weigerte ich mich, das zu glauben, denn schließlich lebe ich in einer literarischen Welt, und solche Glücksfälle gibt es nur im «wirklichen Leben»; in der Welt der Literatur muss man für solche Ereignisse arbeiten und sich abrackern und sie dann normalerweise mit Bedauern aus der Handlung entfernen. Die meisten Schriftsteller haben Angst, sich unpassend zu benehmen, und ich bin keine Ausnahme, obwohl ich eine ausgeprägte Neigung, ja einen Drang zu Bosheiten habe und obwohl in meinem literarischen Garten eine alles umfassende Aufsässigkeit wächst – und zum Unterschied von der Bannockburn Road in Blenheim kümmere ich mich nicht um die üblen Gerüche des öffentlichen (und intimen) Verkehrs.
    Am nächsten Tag erhielt ich ein offizielles Schreiben von Julian Soule mit der Aufforderung, sein Büro in der Shattuck Avenue neben dem Nah-und-Frisch-Supermarkt aufzusuchen. Obwohl ich es noch nicht glauben konnte, wurde meine Vorstellungskraft bereits von der Aussicht betört, in einer Straße namens Grizzly Peak zu wohnen, gleich unter dem Grizzly Peak,wo der vom Meer kommende Nebel seine zweite Heimstatt hatte und wo es in den bewaldeten Schluchten und auf den felsigen Hügeln vielleicht noch Bären gab. Gleichzeitig war ich jedoch besorgt wegen des Übergangs vom Gäste- zum Einwohnerstatus, denn mir war klar, dass ein Daueraufenthalt weder mit der erstaunlichen Milde rechnen noch den Zustand und das Vergnügen von Flitterwochen aufrechterhalten kann, die ein vorübergehender mit sich bringt. Das wusste ich. Zu Hause in meinem Land, in Neuseeland,

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