Auf dem Maniototo - Roman
Und als ich neulich zum Himmel aufschaute, sah ich meilenweit entfernt Hunderte von Schmetterlingen.»
«Sie ziehen fort», sagte Zita, «oder lassen sich den Sommer über hier nieder. Ich weiß nicht mehr genau, was von beidem. Ich habe sie im Fernsehen gesehen.»
Langsam öffnete sich das Loch des Schweigens wieder: eine süße grüne Leere, die bis zum Mittag anhielt.
Nach dem Essen sagte ich großmütig zu Zita und Theo: «Ich schenke euch das Haus. Ich habe in Neuseeland ein eigenes, und ich könnte mir die Steuern hier nie leisten und auch kein Auto, und auf diesen Hügeln braucht man ein Auto. Zu Hause haben wir Lebensmittelgeschäfte an jeder Ecke. Hier –»
«Aber Irving und Trinity haben es dir vererbt …»
«Trotzdem –»
«Willst du es nicht vermieten? Vielleicht willst du später einmal hier wohnen?»
Ich merkte, dass Roger und Doris meine offensichtliche Großzügigkeit nicht billigten.
«Einfach alles zu verschenken!»
Sie wandten sich zu Zita und Theo. «Ihr werdet es doch nicht annehmen? Es wäre gegen den Willen der Toten.»
«Ich glaube, wir werden es annehmen», sagte Zita.
Sie fasste Theo am Arm und übertrug so den Strom der Zustimmung auf ihn.
«Ja», sagte Theo.
«Wir glauben, Irving und Trinity würden es verstehen», sagte Zita und maß damit, wie es die Lebenden tun, den Toten größeres Verständnis und größere Weisheit und Versöhnlichkeit bei.
«Ja», sagte Theo nochmals. «Das ist sehr nett von dir. Ich glaube wirklich, dass sie verstehen würden, was es für uns bedeutet.»
Er befand sich außerhalb der Grenzlinie: kein Hauptwort in Sicht. Pronomina schon, aber das sind nur Reproduktionen, Vertreter, Schatten.
«Das glaube ich auch», sagte ich. «Sie haben mir das Haus nur aufgrund einer einzigen Begegnung und der Lektüre meiner beiden Bücher, hauptsächlich der
Grünen Zündschnur,
vererbt.»
«Welches ist das?», fragte Zita, versuchte dabei, so zu klingen, als hätte sie es gelesen, und wusste doch, dass ich wusste, dass sie es nicht gelesen hatte.
«Das über das Leben in einer Nervenklinik.»
«Ach ja», sagte Roger. «Das hat sie erschüttert.»
«Warum gerade dieses?», fragte Doris.
Offenbar wusste sie nichts über das Wolfkind Adelaide, und ich klärte sie nicht darüber auf. In diesem Moment fühlte ich Adelaides Gegenwart und die der Zwillinge, die ich gekannt hatte; ich habe es aufgegeben, ihnen entkommen zu wollen. Das Kind der Garretts kauerte in der Ecke des Wohnzimmers, wo wir uns versammelt hatten, um über die Auswahl der Andenken zu beraten. Ich konnte ihr Winseln hören, und von Zeit zu Zeit heulte sie wie ein Wolf und brachte die Geräusche der Menschensprache hervor, aber nicht ihre Form.
«Ja», sagte ich und versuchte dabei, ruhig zu erscheinen, «den Garretts wäre es sicher recht, wenn ihr hier wohnt. Ihre Absichten waren gut, und es ist wunderbar, ein solches Haus zu haben, wenn man es sich leisten kann. Wie ihr wisst, fahre ich übermorgen nach Baltimore und fliege dann nach Hause.»
«Aber wirst du es nicht bereuen, alles einfach zu verschenken? Es gehört schließlich dir. Und es ist eine Wohnstätte.»
Das war Zita, in der die englische Sprache Zweifel hervorrief; sie sprach das Wort «Wohnstätte» aus wie jemand, der Englisch als Fremdsprache gelernt hat und immer noch förmlicheWörter verwendet, die nur in Büchern und Gesetzesdokumenten vorkommen, und der als einstiger offiziell anerkannter Flüchtling die volle Bedeutung des Wortes und seiner Geschichte empfindet.
«Ich habe schon eine Bleibe», sagte ich brüsk, im Bewusstsein, dass ich das Haus wirklich äußerst ungern verschenkte. Aber was sollte ich tun?
«Was würdet ihr gern mitnehmen?», fragte ich die Prestwicks und fügte hinzu, dass Julian Soule dafür sorgen würde, dass die meisten Bücher, in Kisten verpackt, nach Neuseeland geschickt wurden.
«Man hat keine große Auswahl, wenn man fliegt», sagte Doris. «Würde es dir merkwürdig vorkommen, wenn wir uns diese hölzerne Shakespeare-Maske nehmen?»
«Nehmt sie nur», sagte ich großzügig. «Nehmt, was euch gefällt. Die Wandbehänge, die frühkolumbianische Keramik …»
Mir kam in den Sinn, Roger und Doris könnten bei ihrer Auswahl zögern, aus Angst, sich dabei gegenseitig bloßzustellen, denn sie schienen besonders darauf bedacht zu sein, die flüssigeren Aspekte ihrer Persönlichkeit in feste Form zu bringen – das Ergebnis konnten beständige Edelsteine oder vergängliche Eiszapfen sein;
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