Auf dem Schlachtfeld der Liebe
verlassen und zum Rebellencamp reiten, das auf der Westseite des St. Johns lag. Wegen des unwegsamen Terrains konnten sie keine Kutsche benutzen. Deshalb kauften sie magere Pferde, die widerstandsfähiger waren, als sie aussahen, und engagierten einen Creek-Führer. Am ersten Tag legten sie fünfunddreißig Meilen zurück, und um die Mitte des dritten Tages erreichten sie das Konföderationslager in einem dichten Kiefernwald. Julians und Tias kühle Begrüßung ärgerte und betrübte Risa. Immerhin hatte Julian ihre Reise auf Jeromes Schiff arrangiert, bevor es gekapert worden war.
Auch Major Vail, der Lagerkommandant, begegnete ihr mit unverhohlenem Argwohn und betonte, sie habe keine Möglichkeit, mit den Yanks am anderen Flußufer Verbindung aufzunehmen. Natürlich sei die Frau eines Konföderationshelden in seinem Camp willkommen, aber sie müsse sich an gewisse Regeln halten.
Nach dem langen Ritt fühlte sie sich erschöpft und war froh, als Tia sie in ihr gemütlich eingerichtetes Zelt führte. Es gab zwei Feldbetten, zwei Truhen und einen Schreibtisch. Sogar Bilder, von verwundeten Soldaten gemalt, schmückten den Raum. Risa schlief sofort ein, nachdem sie ihr Baby gestillt hatte.
Als sie am nächsten Morgen erwachte, sah sie Tia neben dem Bett stehen und begegnete ihrem anklagenden Blick. Erbost knöpfte sie ihr Kleid zu. Dann richtete sie sich auf, ganz vorsichtig, um Jamie nicht zu stören. »Ich habe Jerome nicht verraten.«
Statt zu antworten, fragte Tia: »Hast du Ian gesehen?«
»In letzter Zeit nicht. Aber wie ich höre, geht es ihm gut.«
»Lee hat in Chancellorsville, Virginia, einen brillanten Sieg errungen. Aber beide Seiten erlitten schwere Verluste. Tausende sind gefallen.«
Besorgt dachte Risa an ihren Vater. »Die Potomac Army ...«
»Und die Army von Nord-Virginia. Stonewall Jackson wurde von seinen eigenen Leuten angeschossen, weil sie ihn für einen Yankee hielten.« Dieses Wort betonte Tia so angewidert wie einen Schimpfnamen.
Nachdenklich runzelte Risa die Stirn. Jackson - verletzt. Der legendäre Kämpfer, tief religiös, gegen sich selbst härter als gegen seine Untergebenen, von allen Soldaten vergöttert, von Lee hoch geschätzt. Wenn er starb ... Einen solchen Mann zu verlieren, konnte sich der Süden nicht leisten. Aber es fiel ihr schwer, um einen Konföderationsgeneral zu trauern, während ihr Papa womöglich zu den Toten zählte.
»Bitte, Tia, weißt du etwas über meinen Vater?«
»Man hat uns die Listen der toten Konföderierten geschickt, nicht der Nordstaatler«, entgegnete Tia kühl. Dann ließ sie sich erweichen. »Wäre er gestorben oder verletzt worden, hätten wir's sicher erfahren.«
Inständig hoffte Risa, ihr geliebter Vater wäre noch am Leben.
Vor dem Zelt erklang Julians Stimme. »Tia?«
»Komm herein!« rief seine Schwester.
Als er das Zelt betrat, starrte er Risa grußlos an. Wütend ballte sie die Hände. »Verdammt, Julian, ich habe Jerome nicht verraten! Niemals hätte ich den Vater meines Kindes einer solchen Gefahr ausgesetzt.«
»Und was sagst du zu dem Brief deines Vaters, der Brent schrieb und unsere Familie bedrohte?«
»Mein Vater besuchte Jerome im Gefängnis und versicherte, er habe eure Familie niemals unter Druck gesetzt. Und ich bin keine Verräterin. Allmählich habe ich diese ewigen Anklagen satt. Was Jerome zugestoßen ist, muß das Werk einer anderen Person sein. Ich sage euch ...«
»Sag gar nichts«, unterbrach er sie, »sei ihm einfach nur eine gute Ehefrau und setz dich nicht mit deinen Yankee-Freunden in Verbindung.« Ohne ein weiteres Wort verließ er das Zelt, und Tia folgte ihm.
Risa sank ins Kissen zurück und drückte ihren Sohn an sich. Glücklicherweise war sie so müde, daß sie sofort wieder einschlief.
Im Hafen an der North Carolina-Küste wurde Jerome von einem Großteil seiner einstigen Besatzung erwartet. Michael, Matt, Hamlin, David und andere begrüßten ihn freudestrahlend.
Dann gingen sie mit ihm an Bord seines neuen Schiffs namens Bodkin, das sich allerdings nicht mit der Lady Varina vergleichen ließ.
Bei Einbruch der Dunkelheit lief es aus, ohne von Yankees verfolgt zu werden. Es war blaugrau gestrichen, mit grauen Segeln. In diesen Tarnfarben sah Jerome den einzigen Vorzug der Bodkin. Zu seinem Leidwesen lag sie viel tiefer im Wasser als sein Schoner und ließ sich nicht so leicht manövrieren.
Sobald sie das offene Meer erreichten, hielt er eine Besprechung mit seinen Offizieren ab und erklärte,
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