Auf dem Schlachtfeld der Liebe
Stirn. Wie konnte eine junge Frau in Janine Thompsons Position so schamlos über den Ehemann einer anderen reden? Hatte Jerome tatsächlich so ein Muttermal? »Was immer Sie durchgemacht haben, bedaure ich, Miss Thompson«, erwiderte sie in entschiedenem Ton. »Jetzt muß ich gehen.«
Hastig durchquerte sie den Raum. Als sie sich umdrehte, beobachtete sie, wie Janine von einem jungen Mann zum Tanz aufgefordert wurde. Lachend wiegte sie sich in seinen Armen.
Risa zitterte am ganzen Körper. Wann war Jerome das letzte Mal bei Janine gewesen? Hatten die beiden Pläne für diese Nacht geschmiedet? War er deshalb ohne seine Frau ins Weiße Haus gegangen?
Ehe sie aus dem Salon fliehen konnte, kehrte Varina mit Jamie zurück. Die Davis-Kinder hatten im Oberstock mit ihm gespielt. Nun war er sicher sehr hungrig und müde. »Lieutenant Clark wird Sie in Ihre Pension begleiten, Risa«, erklärte die First Lady. »Leider muß Ihr Mann noch an einer Besprechung teilnehmen. Aber er wird Ihnen bald folgen.« Lächelnd umarmte sie Risa. »Es war mir eine Freude, Ihr Baby kennenzulernen.«
Gerührt erwiderte Risa die Umarmung. Dabei wurde Jamie ein bißchen gedrückt und protestierte lautstark. Beide Frauen lachten.
Bevor Risa den Raum verließ, schaute sie sich um und erblickte weder Jerome noch Janine. Eine Besprechung?
Wütend folgte sie dem Lieutenant in die Pension, wo sie von More erwartete wurde.
Inzwischen hatte ihm der junge Wachtposten gestanden, sie sei ihm entwischt, und der Lieutenant musterte sie vorwurfsvoll. Doch sie sah nicht ein, warum sie sich entschuldigen sollte. Wortlos betrat sie ihr Zimmer, stillte Jamie und vertauschte ihr Kleid mit einem Nachthemd Dann wanderte sie nervös umher und legte sich zurecht, was sie ihrem Mann sagen würde, wenn er zu ihr kam Aber die Sunden verstrichen, und Jerome erschien nicht. Schließlich legte sie sich zu Jamie ins Bett und schlief ein, die Wangen benetzt mit heißen Tränen.
Jerome fand Risas Kühnheit unfaßbar. Eine Yankee im Weißen Haus der Konföderation! Daß sie dem Präsiden ten und dessen Frau vor dem Krieg in Washington begegnet sein mußte, hatte er völlig vergessen. In ihrem schlichten Kleid war sie schöner gewesen als alle anderen Damen. Und wie anmutig sie getanzt hatte ...
Einerseits wollte er sie erwürgen, andererseits bewunderte er ihre Courage.
Nun fühlte er sich todmüde und wollte in die Pension gehen. Aber Davis bat ihn um ein Gespräch unter vier Augen, weil Jerome am nächsten Morgen zur Küste von North Carolina fahren würde. Man hatte ihm ein kleines Schiff angeboten, das dem hohen Standard der Lady Varina zwar nicht entsprach, aber ihm vielleicht ermöglichen würde, seinen Schoner zurückzuerobern.
Nachdem sich die anderen Gäste verabschiedet hatten, führte Davis ihn in die Bibliothek und füllte zwei Gläser mit Portwein. »Sir, ich möchte Ihnen gewisse Informationen geben. Erstens - in North Carolina erwarten Sie die meisten Mitglieder Ihrer alten Besatzung. Ihre Frau hat einen Yankee-Anwalt engagiert, dem es gelang, die Freiheit der gefangenen Rebellen zu erwirken - mit dem Hinweis auf die gute Behandlung, die alle Soldaten an Bord Ihrer gekaperten Unionsschiffe genossen haben.«
»Meine Frau hat einen Anwalt beauftragt?«
»In der Tat.«
Davon hatte sie nichts erwähnt. Nicht, daß er ihr eine Gelegenheit dazu gegeben hätte. War das ein Beweis für ihre Unschuld? Nicht unbedingt. Vielleicht hatte sie den Verlust der Lady Varina angestrebt, aber seinen Männern die grausame Haft im Elmira-Gefängnis ersparen wollen. »Ich bin sehr froh, daß meine Leute frei sind.«
»Und was die sonderbare Entführung Ihrer Schwester betrifft...«
»Inzwischen habe ich meinen Schwiegervater kennengelernt, und er versicherte mir, er habe Sydney niemals bedroht.«
»Das stimmt. Im Verlauf dieses Krieges haben wir immer mehr Spione entlarvt. Einige dieser Leute, die für den Feind arbeiten, schrecken vor nichts zurück. Neulich gestand ein Soldat seinem Arzt auf dem Totenbett, er habe in jener Nacht den Fahrer der Kutsche erschossen, in dem Ihre Schwester saß. Der Soldat erklärte, er sei von einem Mann aus Florida bezahlt worden. Offenbar haben Sie in Ihrem Heimatstaat einen Feind, den Sie ernst nehmen sollten, Captain. Bitte, seien Sie vorsichtig.«
»Besten Dank für diese Informationen, Sir.« Jerome stand auf, schüttelte die Hand des Präsidenten und salutierte. »Bald werde ich wieder mein eigenes Schiff steuern und der
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