Auf dem Schlachtfeld der Liebe
Bewegungen der Lady Varina, die ihr den Magen umdrehten. Sie versuchte aufzustehen, doch sie sank kraftlos ins Kissen zurück. Wenig später öffnete sich die Kabinentür, und Jeremiah stürmte herein, in einem triefnassen Regenmantel aus Segeltuch mit einer Kapuze.
»Miss Magee?«
»Ja, Jeremiah?«
»Bleiben Sie liegen - wir sind in einen Gewittersturm geraten.«
»Oh - wie schlimm ist es denn?«
»Ziemlich schlimm. Zum Glück steht der Captain am Ruder. Also werden wir's überleben.«
Hohe Wellen schleuderten das knarrende, ächzende Schiff umher, und Risa fürchtete, es würde kentern. Diese Sorge war unbegründet. Am späten Nachmittag war die Gefahr gebannt.
Den restlichen Tag verbrachte die Besatzung damit, die Gefangenen und die wichtigsten Vorräte aus dem sinkenden Yankee-Schiff herüberzuholen. Hamlin Douglas hatte es sicher durch den Sturm gesteuert. Doch das ohnehin schon beschädigte Schiff hatte dem Angriff der Elemente nicht standgehalten. Als Jeremiah am Abend mit einem Dinnertablett die Kabine betrat, erzählte er besorgt, einige Yankee-Offiziere - darunter Captain Briggs und Lieutenant Waylon - hätten beschlossen, in Booten an Land zu rudern. »Wenn sie noch einmal in einen Sturm geraten, sind sie verloren.«
Am nächsten Tag sah sie niemanden außer Jeremiah. Meistens schlief sie, und das Fieber sank. Ob Jerome nach ihr sah, wußte sie nicht. Sie war froh, daß ihr Zustand sich nicht verschlechtert hatte. Wäre sie vom Schiffsarzt gründlicher untersucht worden, hätte er zweifellos ihre Schwangerschaft entdeckt.
Vom schwerfälligen Unionsschiff befreit, kamen sie schneller voran. Am vierten Morgen erfuhr Risa, Kundschafter seien ausgesandt worden, um festzustellen, ob sich Jacksonville immer noch in den Händen der Rebellen befand. Während der nächsten Nacht fuhr die Lady Varina mit vollen Segeln dahin. Von Kanonendonner geweckt, richtete Risa sich erschrocken in ihrer Koje auf. Der Schoner raste durch die Blockade nach Jacksonville.
Als die Geschütze endlich verstummten, stand sie erwartungsvoll mitten in ihrer Kabine, in ihrem weißen Nachthemd, die Arme vor der Brust verschränkt.
Jerome kam herein. »Zieh dich an!« befahl er kurz angebunden. »Ich lasse dich nach St. Augustine bringen.«
Verblüfft über ihre Enttäuschung, nickte sie. Hatte er beschlossen, sie nie wieder anzurühren? O Gott, was erwartete sie denn? »Danke«, erwiderte sie kühl.
»Eigentlich sollte ich dich hierbehalten und am Mast aufknüpfen. Du hast mich verunglimpft und meine Familie gefährdet. Beinahe wäre meine Schwester entführt worden. In jener Nacht sind Schüsse gefallen. Sydney hätte sterben können.«
»Und daß du mich entführt hast, spielt wohl keine Rolle?«
»Da du meine Pläne kanntest, blieb mir nichts anderes
übrig.«
»Hast du deshalb auch das Unionsschiff gekapert?«
»Ich wußte nichts von deiner Anwesenheit an Bord. Aber wahrscheinlich habe ich dir das Leben gerettet. Du wolltest eine sehr lange Fahrt wagen, in der Obhut von Idioten. Wie auch immer, jetzt bist du frei.«
»Besten Dank. Ich freue mich auf St. Augustine - und ein Wiedersehen mit Alaina.«
»Wenn du die Stadt verlassen willst, gib ihr Bescheid. Sie weiß, wo ich zu finden bin. Vorerst darfst du die Reise nach England nicht antreten. Deine Hochzeit muß verschoben werden.«
»Und deine Hochzeit?«
»Darum brauchst du dich nicht zu kümmern.« Ohne ein weiteres Wort ging er hinaus, und sie war wütend auf sich selbst, weil Tränen in ihren Augen brannten.
16
Es war schwieriger denn je, den St. Johns hinabzufahren. Seit die Streitkräfte der Union das nordöstliche Florida erobert hatten, zerstörten sie zahllose feindliche Boote, die dem Fluß folgten, und zwangen die Rebellen, am Westufer zu bleiben. Unentwegt patrouillierten ihre Kanonenboote flußauf- und flußabwärts. Zum Leidwesen der Südstaatentruppen schlugen sich immer mehr Bewohner der Halbinsel auf die Seite der Union und versorgten sie mit Informationen über geplante Angriffe von seiten der Rebellen.
Während Jerome die Lady Varina den Fluß hinabsteuerte - eifrig bestrebt, die erbeutete Fracht den Behörden und Ärzten zu übergeben -, wurde sie mehrmals von Yankees beschossen. Ohne sein Tempo zu drosseln, erwiderte er das Feuer.
Glücklicherweise konnte der wendige Schoner den schwerfälligen Unionsschiffen regelmäßig schnell entrinnen. Im Lager südlich von St. Augustine erfuhr Jerome von Grant Jennar, die Truppen würden
Weitere Kostenlose Bücher