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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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anderen
Quellen hundertsiebzig — , Italiener, Franzosen,
Deutsche und Spanier, alle zu Ehren der verehrten Dame und des heiligen
Jakobus. Ein Aragonier findet sogar den Tod, und ein besiegter Ritter schwört,
sich zu rächen, was er auch 24 Jahre später tut, indem er Suero de Quinones
umbringt. Inzwischen aber begibt sich Don Suero nach dem 10. August nach
Compostela, um dem heiligen Jakobus ein goldenes Armband zu weihen in Erinnerung
an seine Geliebte, für die er gekämpft und gesiegt hat. 2
    Noch im 15. Jahrhundert erklärte ein
Seneschall aus dem Hennegau mit Namen de Werdin, der nach Santiago aufbrach, er
werde jede Herausforderung annehmen, wenn sie ihn nicht zu einem Umweg von mehr
als zwanzig Meilen zwinge. 3 Wenn es also solchen Ruhm unterwegs zu
ernten gab, so muß die Wallfahrt doch wohl trotz ihrer Auswüchse lebendig
geblieben sein.
    In dieser Zeit ist es ja auch, daß der
Anonymus aus Florenz (1477), Jean de Tournai (1488), Arnold von Harff (1496)
und Künig (1495) nach Santiago pilgern. Und doch legt Erasmus im beginnenden
16. Jahrhundert folgenden Dialog in den Mund zweier Figuren seiner Colloquia:
     
    »Menedine:
Warum seid Ihr denn so ausstaffiert? Bedeckt mit Muscheln, mit Zinn- und Bleifiguren
gespickt, mit Halsbändern aus Stroh geziert, und am Arm habt Ihr noch
Schlangeneier hängen.
    Ogyge:
Ich habe Santiago de Compostela gesehen. [...]
    Menedine:
Sagt mal, wie geht es denn diesem großartigen Sankt Jakob, und wie laufen seine
Geschäfte?
    Ogyge:
Mäßiger als sonst.
    Menedine:
Warum das? Wird er alt?
    Ogyge:
Spötter! Ihr wißt doch, daß die Seligen nicht altern. Aber diese neue Lehre da,
die sich in der ganzen Welt verbreitet, mindert den üblichen häufigen Besuch.
Andererseits begnügen sich die Ankommenden damit, den Heiligen zu grüßen, ohne
etwas zu opfern oder doch sehr wenig, mit dem Vorwand, es sei besser, das Geld
an die Armen auszuteilen .« 4
     
    Die »neue Lehre« ist also die
Reformation; sie erfaßt zunächst nur die Großen — Erasmus, ein holländischer
Priester, ist der Ratgeber des späteren Kaisers Karl V. Erst in der Mitte des
Jahrhunderts wird der Kalvinismus in den Glauben und die religiöse Praxis des
französischen Volkes eine Bresche schlagen.
    Der Verkehr auf den Straßen nach
Santiago wird nun so spärlich, daß gegen 1556 ein Abt von
Saint-Germain-des-Pres zu Paris namens Montaigne von der Tätigkeit des
Hospitals Saint-Jacques in der gleichen Stadt, das die Pilger versorgt, in der
Vergangenheit redet: »Es bestehen mehrere Hospitäler, die früher für die armen
fremden Pilger, die durch Paris kamen, bestimmt waren, wie
Saint-Jacques-de-l’Hopital in der Rue Saint-Denis, für die Pilger, die nach
Santiago in Galicien wallfahrten wollten [...], Hospitäler, die nun unnütz sind
[...] in Anbetracht der Tatsache, daß es keine Pilger mehr gibt, die die
genannte Wallfahrt unternehmen.« 5
    Am 8 .Januar 15 72 wird dem Erzbischof
von Bordeaux mitgeteilt, daß die Gastfreundschaft »im Priorat und im Hospital
Sankt Jakob gar nicht mehr gepflegt wird«. 6 Nicht wenige Herbergen
schlafen so allmählich ein, und zweifellos müssen auch Gasthäuser schließen,
weil niemand mehr vorbeikommt.
    Die Bruderschaften fahren fort, den
Wallfahrtskult zu pflegen, doch auch sie verändern sich: Bald ist es zur
Aufnahme in die Bruderschaft nicht mehr erforderlich, die Reise nach Santiago
gemacht zu haben; es genügt, eine den Wallfahrtskosten entsprechende Summe zu
zahlen.
    Die Bruderschaft kann aber nun als
Einführung, ja als Anreiz zum Aufbruch nach Compostela wirken. In England
bestimmen die Satzungen mehrerer Pilgervereinigungen: »Wenn ein Mitbruder oder
eine Mitschwester eine Wallfahrt zu unternehmen wünscht [...], soll die
Bruderschaft sie bis ans Stadttor begleiten und jedes Mitglied dem Pilger
mindestens einen halben Penny überreichen .« 7 Oder auch: »Wir, die Unterzeichneten Mitbrüder der Bruderschaft des seligen
Jakobus, sind in der Pfarrkirche Sankt Michael in Bordeaux versammelt und
bestätigen [allen], die ein Recht darauf haben, daß François David die Reise
nach Santiago in Galicien zu machen wünscht, um ein Gelübde zu erfüllen, und
daß er durch seine eifrige und regelmäßige Teilnahme an der Bruderschaft diese
stets erbaut hat; wir bitten daher alle Mitbrüder, denen er auf seinem Weg
begegnen könnte, ihm jegliche Hilfe zuteil werden zu lassen, die sie selbst in
ähnlichem Fall erwarten dürften.« 8
    Wie die Strenge, so ändert sich auch
die

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