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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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Reinheit. Bei den großen Prozessionen am 25. Juli sorgen sich die Mitbrüder
ebensosehr um eine äußere Schaustellung wie um die Feier des heiligen Jakobus
selbst, und dies trotz der Warnungen im Lied von den Pflichten der Pilger:
     
    Qui fait ce saint voyage
    Peut beaucoup mériter
    Mais si d’esprit volage
    Il voulait s’en vanter
    Ne lui prête pas l’oreille.
     
    Wer diese heilige Reise macht,
    Kann sich große Verdienste erwerben.
    Aber wenn er sich leichtfertig
    Dessen rühmen will,
    So schenk ihm kein Gehör.
     
    Und dabei sind Eitelkeit und Prahlerei
noch die kleineren Übel. Die Zuchtlosigkeit ist die Kehrseite des Eifers.
Bischof Pierre d’Orgement muß 13 8 8 in Paris die Kanoniker des Hospitals
Saint-Jacques zur Ordnung rufen: »Wer in Klerikerkleidung in die Schenke geht,
sei für drei Tage vom Chorgebet ausgeschlossen. [...] Wenn das Chorgebet
gesungen wird, soll in der Mitte eines jeden Verses eine Pause gemacht werden, und
die eine Chorseite beginnt den nächsten Vers erst dann, wenn die andere den
vorhergehenden vollständig beendet hat.«
    Diese unter König Ludwig X. dem
Eigensinnigen gegründete und durch Karl von Valois und Étienne Marcel reich
dotierte Bruderschaft macht eher durch ihre Schlemmereien von sich reden als
durch ihre Frömmigkeit. Im ausgehenden 16. Jahrhundert wird ein Chorherr
fortgejagt, weil er an Syphilis erkrankt ist; andere bestellen »bezahlte
Frauen« auf ihre Zellen. Nach Antoine Fusil, einem Pariser Pfarrer und
Professor an der Sorbonne, »läßt sich derlei im Juli bei der Prozession von
Saint-Jacques-de-l’Hôpital beobachten. Da wird irgendein fröhlicher Zecher als
heiliger Jakobus verkleidet, mit Hut, Stab, Wasserflasche und muschelbesetztem
Gewand. Die Flasche macht die Runde, und Gott weiß, wie während des Essens der
Weinschlauch herumgeht. Nach dem Essen tanzen sie zum Tamburin zu Ehren des
Festes einen wahren Hymnus des Fleisches; so feiern sie ihre Wallfahrt wie ein
Bacchanal und verkehren die Heiligkeit ihres Festes. Sie tanzen, hüpfen und
springen zu Ehren der mutmaßlichen Verdienste ihrer Reise nach Santiago. Es ist
gotteslästerlich, das Gedächtnis der Apostel und Diener Gottes so schamlos zu
verhöhnen .« 9
    Die Straßburger Bruderschaft wird 1524
im Zuge der Reformation aufgelöst. Außergewöhnlicherweise vereinen sich vom
Jahre 1578 an Katholiken und Protestanten zu gleichen Teilen in der
Sankt-Jakobs-Gilde von Harlem für die gemeinsamen karitativen Werke. 10 Die Jakobsbruderschaft von Aurillac ist ab 1583 nicht mehr nur den einstigen
Santiagopilgern vorbehalten; sie steht auch den Reisenden, Kaufleuten,
Spediteuren, Boten und Pilgern überhaupt offen. 11
    Zur selben Zeit läßt die Bruderschaft
von Orléans die Jakobuskapelle neu herrichten, schmückt sie reich aus, läßt
eine kleine silberne Statue des Apostels gießen und in einen ledernen Behälter
einschließen; für den »König des Stabes« bestellt sie einen prächtigen
Pilgerstab und ein Gewand, alles zusammen für 75 Écus. 12 Ehrenstäbe,
Prunkhüte, Prozessionen, Umzüge — man sieht die Bruderschaftsmitglieder öfter
auf Festen als auf dem Weg nach Santiago.
    Indessen kommt gegen Ende des 16.
Jahrhunderts wieder Leben in die Wallfahrt. Der Reformation stellt sich die
Gegenreformation entgegen. In den Jahren 1562 und 1563 verkündet das Konzil von
Trient insbesondere die Rechtmäßigkeit des Heiligen- und Reliquienkults.
Massaker und Religionskriege wüten. Die Wallfahrt kommt wieder zu Ehren, die
Lieder, die stets ihre Zeit widerspiegeln, bezeugen es:
     
    Quand nous fûmes en Saintonge
    Hélas mon Dieu
    Nous ne trouvâmes point d’églises
    Pour prier Dieu
    Les Huguenots les ont rompues
    Par leur malice
    C‘est en dépit de Jésus-Christ
    Et la Vierge Marie.
     
    Als wir in der Saintonge waren,
    Ach mein Gott!
    Da fanden wir keine Kirchen,
    Um zu Gott zu beten.
    Die Hugenotten haben sie zerstört
    In ihrer Bosheit,
    Jesus Christus und der Jungfrau Maria
    Zum Trotz.
     
    Pilger aus der Auvergne, die aus
Santiago zurückkehren, finden ein zerrissenes Land vor:
     
    De Chin-Dzaque laupelerins
    Sont revingiu
    Ein apriban de gran tsagrins
    Nous sont vingiu
    Lau zhuguenots, lau catholiqueys
    Se tiou entr’i
    Dien dau pay, lau zhérétiqueis
    On tout detrui
    Iys ont tsossa touto lau moeneys
    De liur couvins
    Bouta for‘ lau Chin-Austremoineys
    Lau Capuchins
    Tout a lafilha a Chin-Blaye
    Su le pové
    Lo moèr abesso vey et nous paye
    BeyunAve. 13
     
    Die Pilger sind
    Aus

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