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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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Wallfahrtslied«
vergißt in seiner jüngsten Form diese Formalität nicht:
     
    Toute la troupe impatiente
    Par dévotion
    Courut prendre la patente
    De confession. 25
     
    Die ganze ungeduldige Schar
    Holte sich
    Aus Frömmigkeit
    Den Beichtzettel.
     
    Der einzige, der diesen Schein beinahe
nicht bekommen hätte, ist unser kleiner Bonnecaze. Seine Kameraden, die »genug
hatten, immer auf ihn zu warten«, hatten ihn krank in Viana zurückgelassen; er
setzte die Wallfahrt trotzdem fort. »Ich schritt aus«, erzählte er, »ohne mich
viel aufzuhalten, und kam einen Tag vor ihnen in Compostela an, so daß ich
bereits gebeichtet und kommuniziert hatte, als sie endlich eintrafen. Sie waren
alle krank, während ich mich ziemlich wohl befand .«
    Die Rache des kleinen Bonnecaze? Die
Gerechtigkeit gemäß Sankt Jakobus? Der arme Béarnese ist noch immer nicht am
Ende seiner Mißlichkeiten:
    »Ich hatte mich unterwegs eifrig
bemüht, Spanisch zu sprechen; ich konnte schon ganz gut Kastilisch, so daß mir
der Sekretär der Kathedrale den Ausweis für einen Franzosen nicht geben wollte;
ich sei doch Spanier .« Bonnecaze muß zu seinem
Beichtvater zurück und ihn um ein Zeugnis bitten, damit er seine Compostela bekommen kann. 26
    Von etwas anderem spricht er nicht,
weder vom Apostelgrab noch von den Reliquien und nicht einmal von der Stadt
selbst, in der alle Pilger nach Regelung ihrer Seelenangelegenheiten doch so
gern auf der Suche nach Souvenirs herumbummeln.
    Aymeri Picaud empfiehlt, auf dem
Vorplatz nah am Fränkischen Tor »einen wundervollen Brunnen [zu besichtigen],
der in der ganzen Welt nicht seinesgleichen hat. Dieser Brunnen ruht auf einem
dreistufigen Sockel, der ein sehr schönes, rundes und tiefes Steinbecken in der
Form einer Schale oder eines Troges trägt; es ist so groß, daß fünfzehn
Menschen, wie mir scheint, sich leicht darin baden könnten. [...] Obendrauf
stehen vier Löwen, aus deren Mäulern ein vierfacher Wasserstrahl schießt.
Dieses Wasser steht allen Santiagopilgern und den Einwohnern selbst zur
Verfügung. [...] Es ist ein weiches, kräftigendes, gesundes, klares und
ausgezeichnetes Wasser, im Winter lauwarm, im Sommer frisch .«
    Der Brunnen war durch Bernardo, den
Schatzmeister von Santiago, im Jahre 1122 zu seinem und seiner Eltern
Seelenheil erbaut worden; bei diesem Brunnen liegt das paradiso, der
Vorplatz: »Er ist mit Steinplatten belegt. Hier verkauft man den Pilgern kleine
Muscheln als Abzeichen des heiligen Jakobus , aber auch
Weinschläuche, Schuhe, Brotbeutel aus Hirschleder, Geldsäckel, Riemen, Gürtel
und alle möglichen Heilkräuter und andere Arzneien sowie noch vieles andere
mehr. Man findet in der Fränkischen Straße auch Geldwechsler, Wirte und
verschiedene Händler .« 27
     
    Quand nous fûmes à Saint-Jacques
    Nous n’avions denier ni maille
    Ni moi ni mes compagnons
    Je vendis ma calebasse
    Mon compagnon son bourdon
    Pour avoir du fallotage
    De saint Jacques le baron.
     
    Als wir nach Santiago kamen,
    Besaßen ich und meine Gefährten
    keinen Pfennig.
    Ich verkaufte meine Kürbisflasche,
    Mein Gefährte seinen Pilgerstab,
    Um uns zu vergnügen
    Beim heiligen Herrn Jakobus.
     
    Jean de Tournai beschreibt den Brunnen,
sucht das Hospital auf, geht aber erwartungsgemäß nicht hinein und kauft dann
eine Menge baguettes, verschiedene kleine Souvenirs. Beim Mittagessen im
Gasthaus »Zum französischen Wappen« vervollständigt ein Tischgenosse seine
Ausstattung eines vollkommenen Santiagopilgers: »[Er] heftete freundlicherweise
Muscheln, kleine Abbildungen des Pilgerstabes und auch kleine Jakobusfigürchen
an meinen Hut .« 28
    Von Harff wartet nicht darauf, daß man
ihn derart schmückt. Er schreibt: »Dan vur der kirchen vindestu vnzellich vil
groisser ind kleyner musscelen veyle. Der maichs du gelden ind binden eynen vff
dijne heuck ind sagen du sijs dae geweest.« 29
    Manier zählt neben dem Fränkischen Tor
acht Läden: »Nachdem wir in der Messe gewesen waren, machten wir unsere kleinen
Einkäufe: Rosenkränze, Muscheln und Bleifigürchen sowie andere kleine spaßige
Dinge .« 30
    Manche Pilger wandern selbst zum Strand
von Padrón hinunter, um dort Muscheln zu sammeln, die sie dann mit nach Hause
nehmen. Es ist gewiß noch ein Stück Wegs, aber der Ort ist nicht ohne
Interesse. Hier war ja die wunderbare Barke mit dem Leib des Apostels gelandet.
E. R. Labande bemerkt, daß der Pilger des Mittelalters »sich allmählich
verpflichtet fühlte, sei es aus inneren

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