Auf dem Weg zu Jakob
er hat mir fürsorglich ein Großraumtaxi bestellt, in das das Fahrrad locker hineinpasst. Es kostet nicht mehr als ein kleineres Taxi. Der Fahrer kennt sich aus. Im Nu haben wir Pamplona verlassen und fahren auf die Berge zu. Es hat wieder zu nieseln begonnen. Der Fahrer fragt nach woher und wohin, nimmt dabei Rücksicht auf meine mangelnden Sprachkenntnisse, und fragt dann auch warum. Er spricht langsam, benutzt, wenn ich ihn nicht verstehe, solange andere Worte oder versucht die Sache irgendwie zu umschreiben, bis ich verstehen und reagieren kann. Das „Warum“ ist am schwersten zu erklären, nicht nur der Sprache wegen.
Vielleicht erst mal zur Vorgeschichte, was es denn nun überhaupt mit diesem Jakobsweg auf sich hat.
Jakobsweg und Jakobskult
Im Deutschen nennt man den langen Weg nach Santiago den „Jakobsweg“. Im Französischen heißt die Route „Chemin de St. Jacques“, Weg des heiligen Jakobs, und in Spanien spricht man vom „Camino de Santiago“, dem Weg nach Santiago, dem Weg zum heiligen Jakob (Sant = heilig; Iago = Jacobus).
Genauso, wie viele Wege nach Rom führen, führen auch viele Wege nach Santiago. Beim Jakobsweg handelt es sich nicht um einen einzigen Weg, sondern beim genaueren Hinsehen finden wir ein ganzes Geflecht von Routen, die Europa durchziehen, alle mit dem magischen Endziel Santiago im fernen Galicien. Santiago de Compostella. Seit über tausend Jahren zieht es Pilger aller Herren Länder an diesen Ort. Einige ziehen sogar noch weiter bis nach Finisterre, das im Mittelalter als das Ende der (bekannten) Welt galt (finis = Ende; terre = Erde).
Santiago de Compostela ist neben Jerusalem und Rom der bedeutendste christliche Pilgerort. Der Legende nach ging der Apostel Jakob für einige Jahre nach Nordwestspanien, um dort Missionsarbeit zu leisten. Das Ergebnis seiner Arbeit bei den keltischen Galiciern war aber ziemlich enttäuschend, und so kehrte er schließlich nach Hause zurück, wo der arme Kerl schon bald von König Herodes Agrippa geköpft wurde. Obendrein verbot Herodes, den enthaupteten Körper zu begraben. Das einzige, was Jakobs Gefolgsmänner jetzt noch für ihn tun konnten, war, den Leichnam zur Bestattung dorthin zu bringen, wo er all die Jahre zuvor gepredigt hatte. Der Leichnam wurde nach Galicien verschifft.
Dann geschah laut der Legende etwas Seltsames: bei der Ankunft im galicischen Hafen Iria Flavia, in der Nähe vom heutigen Padrón gelegen, schmiegte sich ein großer Marmorstein um den Sarg, Jakobs Gefolgsmänner luden nun diesen marmornen Sarkophag auf einem alten Friedhof in Hafennähe ab.
Da dies aufgrund häufiger Piratenüberfälle kein guter Platz für einen so wertvollen Sarg war, suchten die Gefolgsleute nach einem besseren Ort. Der etwas chaotischen Legende nach soll sich eine heidnische Königin angeboten haben, die logistischen Probleme der Gefolgsmänner zu lösen, jedoch nicht ohne böse List.
Um die ungeliebten Christen während des Transportes zu Tode kommen zu lassen, schickte sie statt zahmer Ochsen wilde Stiere, die den Karren mit dem Sarg ziehen sollten. Aber das Weibsbild hatte sich verkalkuliert. Als die wilden Stiere das Symbol des Kreuzes sahen, wurden sie auf der Stelle zahm. Das beeindruckte dann auch die Königin, die fortan sogar ihren Palast zur Verfügung stellte.
Die Überführung des Leichnams soll übrigens am 25. Juli stattgefunden haben, dem Tag, der noch heute in Spanien als Jakobstag gefeiert wird. Und wenn der 25. Juli auf einen Sonntag fällt, gilt das Jahr als Heiliges Jahr.
Die Legende berichtet weiter, dass viele Jahre später im 9. Jh., einem Einsiedler, je nach Quelle entweder ein Engel, der ihm vom Leichnam des heiligen Jakob berichtete, oder ein übernatürliches Licht, so eine Art Sternschnuppe erschien. Auch Gläubige aus der Umgebung erlebten Lichterscheinungen und benachrichtigten sofort den Bischof von Iria Flavia. Sofort kam er mit zu der Stelle, zu der die Erscheinung wies. Der Bischof ließ die von diesem eigenartigen Licht bestrahlte Stelle gründlich untersuchen und kurz darauf wurde das Marmorgrab von Jakob gefunden.
Es ist heute archäologisch bewiesen, dass es zur Römerzeit an diesem Ort eine Grabstätte (lateinisch: Compostum) gegeben hatte. Wegen der sternschnuppenartigen Lichterscheinungen nannten mittelalterliche Schriften die Grabstätte später auch „Feld der Sterne“ (lateinisch: Campus Stellae). Der Name Compostela leitet sich somit höchstwahrscheinlich aus
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