Auf dem Weg zu Jakob
Genanalyse Aufschluss geben?
Wie schon angedeutet, Reliquien und Wunderberichte waren en vogue, was damals auch zu einer derartigen Fülle führte, dass man nicht mehr wusste, welchem Bericht man nun Glauben schenken konnte. Beispielsweise rühmte sich auch die französische Stadt Toulouse eine Weile damit, Jakobs Überreste zu besitzen. Es war ein regelrechter Reliquienkult entstanden und sogar Teile wie Kleidungsfetzen, oder gar Gegenstände, die mit Heiligen in Berührung gekommen waren, wurden heiß gehandelt.
Traten die Spanier mittlerweile Pilgern aus dem protestantischen Nordeuropa mit Misstrauen entgegen, geschah jetzt auch noch das Unfassbare: die Reliquie des heiligen Jakob ging verloren, als man sie aus Angst vor Übergriffen von Sir Francis Drake versteckte. Nun hatte man nichts mehr, wohin es sich zu pilgern lohnte, Jakobs Gebeine befanden sich in einer Silberurne in der Krypta unter der Hauptkapelle, die als Fundament für das wunderschöne Pórtico gebaut wurde, deren Eingang jedoch bei einigen Umbauten stark verändert wurde.
Erst im 19. Jahrhundert begab man sich auf die Suche nach der Reliquie und entdeckte sie schließlich aufs neue. Papst Leo III erklärte sie 1884 für echt, was dann auch eine Wiederbelebung der Wallfahrten nach sich zog.
Und heute? Über 90 % der Spanier sind katholisch, aber man geht davon aus, dass eigentlich nur noch die Hälfte der Bevölkerung die Religion richtig praktiziert, was aber nicht heißt, dass es den anderen nun völlig egal ist. Kirche und Religion spielen heute immer noch eine große Rolle als Folklore. Es gibt in Spanien jede Menge Prozessionen zu Ehren diverser Heiliger, an denen die gesamte Bevölkerung mit Begeisterung teilnimmt.
Zurück zum Pilgerweg. Was zieht die Menschen im 21. Jahrhundert nach Santiago de Compostela? Klar, da gibt es den normalen Besichtigungstourismus mit Bustouristen und Individualtouristen (gottlob keinen Massentourismus wie man ihn von den Küstenregionen her kennt), die sich an der historischen Atmosphäre und den Kunstschätzen entlang des Jakobswegs erbauen. Aber da gibt es auch diejenigen, die den Weg wie früher zu Fuß, per Pferd oder neuerdings auch per Rad bewerkstelligen.
Es sind heutzutage rund 30.000 Menschen in einem normalen Jahr (Tendenz steigend), die sich aus eigener Kraft fortbewegen, sind es in einem Heiligen Jahr, also wenn der 25. Juli, der Tag der Überführung Jakob Leichnams, auf einen Sonntag fällt, locker 150.000 Menschen. Diejenigen, die sich aus eigener Kraft zurückgelegte Kilometer durch Stempeleintrag in ihren Pilgerpass beweisen können, dürfen am Ende ihrer Reise in Santiago Anspruch auf eine Pilgerurkunde, die heiß begehrte „Compostela“, erheben.
Fußpilger, die eindeutig in der Überzahl sind und ca. dreiviertel der Pilger stellen, müssen mindestens die letzten 150 km nach Santiago gelaufen sein, Radfahrer hingegen müssen mindestes die letzten 250 km geradelt sein (ab Villafranca de Bierzo). Nur die Erfolgreichen gehen in die Pilgerstatistik ein.
Selbstverständlich gibt es auch heute noch Pilger, die die Reise aus religiöser Motivation zurücklegen. Laut Statistik ist „Religion“ sogar immer noch der meist genannte Grund einer Reise nach Santiago (rund 75 % !), gefolgt von kulturellem Interesse.
Da wir gerade bei der Statistik sind: altersmäßig ist die Gruppe der 21 bis 30-jährigen mit gut 25 % am stärksten vertreten, gefolgt von den 15 bis 20-jährigen, die ca. 18 % aller Pilger stellen. Die 31 - bis 40-jährigen sowie die 41 bis 50-jährigen stellen noch mal jeweils gut 17 % aller Pilger und 14 % sind älter als 50 Jahre - der Rest sind Kinder. Die Tendenz geht also deutlich in Richtung der jüngeren Leute, was ja wohl auch etwas mit körperlicher Fitness und verfügbarer Zeit zu tun hat.
So wundert es auch nicht, dass Schüler und Studenten die Statistik mit über einem Drittel aller Pilger anführen, gefolgt von Angestellten, Freiberuflern und Lehrern/Professoren. Der Bildungsgrad der Pilger ist als relativ hoch einzuschätzen.
Über 80 % der Pilger sind Spanier. Das restliche Fünftel wird angeführt von Europäern wie Franzosen (22 %), Deutschen (18 %), Italienern, Belgiern und Niederländern (jeweils 8 %), Briten (5 %), Schweizern (3 %) und Österreichern (2 %). Der Rest wird bestritten von Latein- (9 %) und Nordamerikanern (8 %). Natürlich sind auch Menschen aus allen anderen möglichen Ländern dieser Erde vertreten, jedoch
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