Auf dem Zeitstrom
würden. Sam stieß einen Fluch aus, blies dem chancistischen Kurier den grünen Rauch seiner Zigarre ins Gesicht und sagte ihm, daß er es zutiefst bedaure, daß es keine Lungenentzündungen mehr gäbe. Hinterher hatte er zwar das Gefühl, sich seiner Worte schämen zu müssen, aber er ließ sich trotzdem nicht erweichen. Andererseits hatte er auch nicht vor, den Chancisten die Daumenschrauben derart anzuziehen, daß sie nicht einmal mehr ein Dach hatten, unter dem sie schlafen konnten.
Die Sache machte ihm zwar den ganzen Tag über zu schaffen, aber als der Abend heranrückte und ihn zwei Botschaften erreichten, die er nicht erwartet hatte, schien sich die Erde unter ihm aufzutun. Die erste besagte, daß Odysseus während der letzten Nacht von seinem auf dem Rückweg nach Parolando befindlichen Schiff verschwunden sei.
Niemand wußte, was mit ihm geschehen war; er war einfach weg. Die zweite Botschaft informierte Sam darüber, daß man die Leiche seines auf John angesetzten Agenten William Grevel am Fuße der Berge mit eingeschlagenem Schädel aufgefunden hätte.
Also hatte John etwas über ihn erfahren und Grevel exekutiert. Und jetzt würde er sich ins Fäustchen lachen, weil er nur allzu gut wußte, daß Sam ihm diesen Mord nicht nachweisen konnte, ohne gleichzeitig zu offenbaren, daß Grevel in seinen Diensten gestanden hatte.
Sam ließ Lothar, de Bergerac und einige andere Männer rufen, von denen er wußte, daß sie auf seiner Seite standen. Es war ihm zwar nicht unbekannt, daß de Bergerac wegen seines Verhältnisses mit Livy Vorbehalte gegen ihn hatte; andererseits allerdings war ihm auch nicht unbekannt, daß der französische Haudegen ihn allemal König John vorzog. Die beiden hatten sich manche hitzige Debatte geliefert.
»Möglicherweise ist das Verschwinden Odysseus’ nur ein Zufall«, sagte Sam, »aber im Zusammenhang mit dem Verschwinden und dem Tod von William Grevel stelle ich mir doch die Frage, ob John nicht schon wieder dabei ist, hinter unserem Rücken irgendeinen Verrat zu planen. Es ist nicht auszuschließen, daß er plant, mir nach und nach alle meine Freunde zu nehmen, und zwar unter Umständen, die mir keine Handhabe geben, ihn anzuklagen. Er ist ein schlauer Fuchs. Sicher wird er jetzt erst einmal für eine Weile nichts tun, damit sein Vorhaben nicht allzu offensichtlich wird. Odysseus verschwand in einer Umgebung, deren Untersuchung uns nicht das geringste offenbaren würde. Und was den Fall Grevel anbetrifft, so sind mir praktisch die Hände gebunden. Wenn ich versuchen würde, John diesen Mord nachzuweisen, würde ich mich selbst anschmieren. Ihr solltet also von jetzt an besonders dann die Augen offen halten, wenn ihr euch in Situationen befindet, die zu Unfällen neigen. Und seid besonders vorsichtig, wenn niemand in eurer Nähe ist.«
»Morbleu!« sagte Bergerac. »Würde es dieses dumme Gesetz nicht geben, das Duelle verbietet, könnte ich John fordern und ihn zur Schnecke machen. Und Sie waren es, Sinjoro Clemens, der diese unsinnige Vorschrift erlassen hat!«
»Ich wuchs in einem Land auf, in dem Duelle keine Seltenheit waren«, sagte Sam. »Allein der Gedanke daran macht mich krank. Wenn Sie die Tragödien gesehen hätten, die… Aber lassen wir das. Ich nehme an, daß Sie das selber wissen, und offensichtlich hat es Ihnen nichts ausgemacht. Nebenbei bemerkt, glauben Sie wirklich, daß John Sie überhaupt weiterleben ließe, wenn die Möglichkeit bestünde, daß jemand ihn im Duell tötet? Ach was. Sie würden spurlos verschwinden oder einen Unfall erleiden, darauf können Sie Gift nehmen!«
»Wiefo kann John nicht felbft bei einem Unfall umf Leben kommen?« fragte Joe Miller.
»Dazu müßte man erst diese lebende Mauer aus Leibwächtern übertölpeln«, meinte Sam. »Nein. Wenn John je einem Unfall zum Opfer fällt, wird das ein echter sein.«
Er entließ die Männer bis auf Cyrano und Joe, der außer wenn er krank war oder das Gefühl hatte, allein sein zu müssen, nie von Sams Seite wich.
»Der Fremde sagte, er habe für den Angriff auf den Nebelturm zwölf Menschen ausgewählt«, sagte Sam. »Dich, Joe, Richard Francis Burton, Cyrano, Odysseus und mich. Das sind fünf. Niemand von uns weiß, wer die anderen sieben sind. Und jetzt ist Odysseus verschwunden, und niemand weiß, ob wir ihn wiedersehen werden. Der Fremde sagte auch, daß die anderen zu uns stoßen werden, sobald das Schiff fertig ist und sich in Bewegung setzt. Wenn Odysseus umgebracht wurde und an
Weitere Kostenlose Bücher