Auf den ersten Blick
One, dann in einem Pizza Express. Am nächsten Tag hat Gary dir geholfen, einen besseren Preis für einen gebrauchten Golf herauszuschlagen. Jetzt seid ihr verlobt.
Mal ehrlich, Sarah, ich hoffe, du hast die Filmrechte verkauft.
Aber nein. Ist schon in Ordnung. Und ja. Ich bin ein Idiot.
Dabei wollte ich nur, dass der Anfang stark genug ist, damit wir es bis zum Ende schaffen, Sarah, und du hättest das auch wollen sollen. Keiner von uns dürfte sich mit einer Margherita begnügen.
Wie dem auch sei, ich muss zur Arbeit.
London Now ist die kostenlose Zeitung, von der ich schon erzählt hatte – so was wie Metro oder London Paper , aber diese ist randvoll mit Hinweisen auf Sachen, die man JETZT! oder HEUTE ABEND! oder MORGEN! unternehmen kann. Sie ist für Leute gedacht, die einfach nichts mit sich anzufangen wissen oder gern andere Leute in der U-Bahn beeindrucken wollen, indem sie zum Live-in-London -Teil blättern und sich über Auftritte mexikanischer Avantgarde-Jazz-Bands informieren, zu denen sie niemals gehen und die sie sowieso falsch buchstabieren würden.
Darin findet sich der übliche Mix aus anderem Zeug – nicht sonderlich aktuelle Nachrichten, Horoskope, die wir von irgendeinem Geisteskranken auf dem Land kaufen, der ein Faxgerät hat, Paparazzifotos von Popstars und Comics, die aus The Groucho oder Century stammen, es gibt Rubriken wie Heute vor x Jahren …, Wussten Sie schon, dass …?, Wo bist du? und andere Satzanfänge, deren Ende allerdings niemand hören möchte.
Außerdem ist die Zeitung zum Scheitern verurteilt. Wir wissen es alle, aber auf diesem Markt kann ein solches Prestigeprojekt einfach nichts ausrichten. Sie hatten die Zeitung in Manchester erfolgreich gestartet und dachten, sie bräuchten nur ein paar Londoner Themen mit einstreuen, und schon könnten sie in der Hauptstadt eine brandneue Zeitung einführen. Es war etwas Großtuerei im Spiel, mitten in der Rezession, ein kühner Schachzug mit etwas russischem Geld im Hintergrund, aber jetzt mussten Zoe und das Team tagtäglich damit fertigwerden.
O Gott, ich höre mich gerade selbst reden. Ich klinge undankbar. Und vielleicht zeichne ich gerade ein Bild von mir, mit dem ich nicht gänzlich glücklich bin. Ich mag den Job, wenn es denn genug zu tun gibt, ich habe meine Ersparnisse, aber freischaffend zu sein bedeutet eben, dass man alles machen muss, was sich einem bietet … und das ist irgendwie auch das Problem. Ich habe kein Spezial gebiet. Ich bin nicht etwa der Chef fürs Lokale bei London Now . Ich bin nur ein gemeiner Schreiberling, der vor der Allgemeinheit allgemeine Gedanken über Allgemeines verallgemeinert.
Nun, ich sage »allgemeine Gedanken«. Das stimmt nicht ganz. Diese Gedanken sind nicht meine allgemeinen Gedanken. Es sind extreme Versionen davon. Denn man muss eine Meinung haben. Letzte Woche war ich bei einem Perser in Bayswater namens Sindbad. Wäre ich noch Lehrer, hätte ich ihn wahrscheinlich folgendermaßen beurteilt:
Vorspeise: Ganz gut, schon in Ordnung, nichts Besonderes, aber okay.
Hauptgericht: Nicht übel, hab alles aufgegessen, also ja.
Insgesamt: Der Laden ist okay. Wenn Sie in der Gegend sind, Hunger haben und persische Speisen mögen, probieren Sie ihn aus. Haut mich nicht von den Socken.
Aber jetzt komme ich damit nicht mehr durch. Jetzt muss ich Sachen sagen wie:
Vorspeise: Farblos, schwülstig, denkbar schlechter Einstieg.
Hauptgericht: Eine Beleidigung, die möglicherweise innere Verletzungen zur Folge hat.
Insgesamt: Ärgerlich vergessenswert. Das hat Sindbad nicht verdient.
Sehen Sie? Haha. Ich bin clever. Zynischer, bissiger, schärfer.
Zoe war begeistert. Sie mag diese Sprüche in jeder Form. Wahrscheinlich habe ich es auch getan, um sie ein bisschen zu beeindrucken. Zum Teil, weil es bedeutet, dass sie mir mehr Arbeit gibt, aber auch, weil es Spaß macht, ein Mädchen zu beeindrucken.
Wäre ich noch Lehrer, würde ich sie folgendermaßen beschreiben:
Erscheinungsbild: Zoe Alice Harper ist sauber und gepflegt und hat ein Auge für die neueste Mode, was die zahllosen Einkaufstüten belegen, die ihren Schreibtisch umzingeln. Ihr Haar, einstmals eine lange, kastanien braune Mähne, ist nun zu einem Bob gestutzt, was schon mal passieren kann, wenn man eine »lange Mittagspause« hat und einem im Friseurstuhl ungewohnt gesellig zumute ist. Zoe täte gut daran, solches in Zukunft vorher zu bedenken.
Haltung: Zoe ist ein Mädchen mit Ehrgeiz und Elan, dessen Arbeit stets
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