Auf den ersten Blick
Hände gestützt, und sagen: »Das habe ich nicht gewusst …«
Und dann würde ich ihr von meinen zahllosen Katzen erzählen, und sie würde quieken, denn sie liebt Katzen.
Es war komisch, ihren Namen zu kennen. Ich meine, ich wusste schon immer, dass sie einen hatte.
Aber da ich nun wusste, wie er lautete … war sie für mich irgendwie real geworden. Nicht nur ein Mädchen aus einem Moment. Sondern ein Mädchen, das genau in diesem Moment irgendwo war und irgendwas machte.
Damien hatte liebevoll und mit Bedauern von ihr gesprochen. Was man beides nicht täte, wenn sie ein schrecklicher Mensch wäre oder selbstsüchtig, aufbrausend, zornig, arrogant, aggressiv, starrsinnig oder kalt. Er hatte von ihr gesprochen, als sei sie ihm entglitten, und er würde ihr ewig nachtrauern. Als hatte er ihr niemals wehtun wollen.
Und sie war irgendwo da draußen.
Und obwohl ich mir sagte, dass ich doch eigentlich aufgegeben hatte, obwohl ich mir versicherte, dass dieser Anfang bereits das Ende gewesen war … freute ich mich doch irgendwie, dass ich mir das Ende jetzt selbst aussuchen konnte.
Ob dieses Ende nun bedeutete, dass ich es versuchte … oder aufgab.
Wenigstens war es meine Entscheidung.
» POWER UP! POWERS DOWN «, lautete die Einladung bei Facebook. » KOMMT UND NEHMT ABSCHIED VON EINER LEGENDE .«
Ich sah nach, wer sonst noch eingeladen war. Ein paar Stammkunden. Jemand, den ich nicht kannte, aber schon im Laden gesehen hatte. Pawel, der soziale Netzwerke nicht wirklich verstand und erst noch rausfinden musste, wie man antwortete. Und ich.
Der Plan schien zu sein, dass im Laden eine kurze Laudatio gehalten wurde, um dann den Abend im Den zu beschließen. Ein ambitionierter Event, typisch für Dev.
Es würde sicher lustig werden.
Ich betrachtete die Antwortmöglichkeiten.
Nimmst du teil?
Ja
Nein
Vielleicht
Und ich klickte auf Nein.
Es lag nicht allein daran, dass ich mich schämte, Dev meinen Riesenrückschritt einzugestehen, obwohl wir eigentlich immer nur von den unerlässlichen Fortschritten gesprochen hatten. In gewisser Weise war es ein Fort schritt, nicht hinzugehen, denn bedeutete Fortschritt nicht, nicht zurückzublicken?
So wirr wird es, wenn man sich einzureden versucht, dass alles gut ist. Man verbiegt die Logik nach Lust und Laune.
Aber egal. Es war ja nicht so, als hätte ich mir mit Dev keine Mühe gegeben. Ich hatte ihm den goldenen Umschlag geschickt, den ich Zoe abluchsen konnte. Er war begeistert gewesen. Er hatte mir eine SMS mit einem kleinen Kuss am Ende geschickt. Dev und ich waren uns also wieder etwas nähergekommen.
In einem Monat würde ich aus der Blackstock Road ausziehen.
Ich hatte eine hübsche, helle Einzimmerwohnung am Canonbury Square gefunden, die so klein war, dass ich unablässig nach Küche riechen würde. Mein Schreibtisch stand direkt am Fenster. Die Miete war hoch, aber ich hoffte, das würde mir guttun. Es würde mich zur Arbeit zwingen. Da konnte ich nicht mehr einzig und allein auf den Job als Aushilfslehrer bauen. Ich würde freiberuflich arbeiten müssen, Ideen sammeln, schreiben, vielleicht sogar weiterkommen.
Zoe war ziemlich am Boden. London Now ging endgültig den Bach runter.
»Könnte jeden Tag so weit sein«, sagte sie.
Sie hatte schon angefangen herumzutelefonieren, meinte, sie hätte bei ein paar Zeitungen gute Kontakte geknüpft, aber die Budgets heutzutage seien knapp bemessen. Nach wie vor verbrachten wir unsere Abende zusammen, kochten gemeinsam und landeten dann im Bank of Friendship, und es war dort, an diesem Abend, dass sie mir einen Umschlag über den Tisch schob.
»Ist heute Morgen gekommen«, sagte sie. »Sah persönlich aus, deshalb habe ich ihn nicht aufgemacht. Obwohl ich ihn gerade deshalb gern aufgemacht hätte.«
Der Brief hatte eine Briefmarke, nicht diesen roten Fleck einer hektischen Frankiermaschine. Und die Adresse war mit Tinte geschrieben, in kleiner, krakeliger Handschrift. Ich sah mir den Poststempel an.
Brighton.
Ich riss ihn auf, und darin steckte eine Ankündigung, ohne Erklärung – nur ein farbenfroher Flyer, mit einer Gitarre und einem Regenbogen und dem Weichzeichnerfoto eines Mädchens mit Pony und knallblauem Eyeliner, das an einem Strand saß.
ABBEY GRANT
»Zarter Strich wie eine warme Seelenbrise« – London Now
The Open House & Performer Bar
Donnerstag, 21:00 Uhr
Ich war total begeistert. Und strahlte. Sie machte es wahr.
Sofort – inspiriert – nutzte ich den Moment, ging nach Hause,
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