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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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glasige Augen, matte Haut, die ganze Aula war ein einziges Gähnen, frühmorgendliches Haargel musste noch geformt werden, ein gelangweiltes Meer winziger Krawatten und ausgelatschter Golas. Ich sah Michael Baxter in der zweiten Reihe, mit hochgeschlagenem Kragen, wie er sein Kaugummi kaute und laut knallen ließ, eine Zehnerpackung Kippen und ein Feuerzeug in seinen viel zu engen Hosen. Teresa May hatte ihr Handy hereingeschmuggelt, und Little Tony konnte nicht aufhören, sich zu kratzen.
    »… was uns zum eigentlichen Thema der heutigen Versammlung führt«, sagte Mrs Abercrombie plötzlich, und ich schreckte auf. Michael Baxter merkte es und grinste höhnisch.
    »Also, Mr Priestley …?«
    Ich erhob mich.
    »Danke, Mrs Abercrombie«, sagte ich, warf einen Blick auf mein Publikum, meine Kids, meine jungen, form baren Geister.
    Irgendwo rülpste jemand.
    »Macht etwas wahr!«, begann ich und suchte den Raum ab, nach jemandem, irgendjemandem, der nach Matthew Fowler aussah. Denn wenn ich jemanden fand, wollte ich alles richtig machen, und in erster Linie würde ich es für sie machen. »Wie lässt man etwas geschehen? Und was bedeutet es überhaupt, ›etwas wahr zu machen‹?«
    Der nächste Rülpser, diesmal gefolgt von einem Kichern.
    Doch ich überhörte es. Denn ich hatte etwas zu sagen.
    Also legte ich los.
    Ich redete und redete und redete. Ich machte ein paar Witze, und zwei davon ernteten ein paar kleine Lacher, und als ich mich in der Aula umsah, die gelangweilten Gesichter, die verdrießlichen Gesichter, die abwesenden Gesichter, sah ich hin und wieder einen kaum merklichen Anflug von irgendwas. Kleine Funken von Interesse, den einen oder anderen geneigten Kopf. Vielleicht nur zwei, drei Kinder. Aber immerhin zwei oder drei.
    Es fühlte sich gut an. Ich fühlte mich irgendwie anders.
    Und während ich die Seiten umblätterte und mich meinem nächsten Punkt näherte – über Träume und da rüber, dass Träume angeblich unrealistisch sind, dass aber manche Träume wahr werden können –, kam ich mir vor wie der inspirierende Lehrer in der Schlussszene eines Disney-Films. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich mich mal so fühlen würde. Das hatte ich noch nie erlebt. Es war nicht der ideale Job für mich. Ich war nicht sonderlich gut darin. Aber andererseits würde ich nicht ewig hierbleiben. Das wusste ich, weil ich die Absicht hatte, zu meinem Wort zu stehen und es wahr zu machen, damit ich da draußen, in dieser Schulaula, keine knospenden Matthew Fowlers enttäuschte, wenn sie mir fünf Jahre lang dabei zusahen, dass ich absolut rein gar nichts machte. Das hieß Lehren. Vormachen . Und das war mein Plan, so vage und naiv er sein mochte.
    Und dann geschah etwas Merkwürdiges.
    Die Schulsekretärin – Sheila? – stürmte durch die Doppeltüren hinten am Ende der Aula herein und hob entschuldigend beide Hände. Ich warf einen Blick zur Schulleiterin hinüber, und die Schulleiterin sah Sheila mit hochgezogenen Augenbrauen an, und Sheila mimte ein Telefongespräch. Also stand Mrs Abercrombie auf, aber das war nicht das, was Sheila meinte. Sie zeigte auf mich.
    »Ich?«, mimte ich.
    »Ja«, mimte sie zurück. Und dann: »Schnell.«
    »Jason?«, sagte die Stimme. Eine weibliche Stimme mit starkem Akzent.
    Sheila drückte sich in meiner Nähe herum, voll Sorge, legte mir ihre Hand auf die Schulter, tätschelte mich, aber ich war mir ziemlich sicher, wer es war.
    »Mh … Svetlana?«, sagte ich. »Jetzt ist wirklich nicht der richtige Moment, über Pie und Flennerei zu sprechen. Ich stand gerade auf der Bühne, um die heutige Jugend zu inspirieren.«
    Stille am anderen Ende der Leitung.
    »Abbey?«, sagte ich.
    »Hier nicht ist Abbey, hier ist Pamela «, sagte die Stimme.
    Pamela?
    Sie klang angespannt, schockiert, verängstigt.
    Sofort bekam ich selbst Angst. Erstaunlich, wie man sich anstecken lässt, bevor man überhaupt weiß, wovor man sich fürchten soll.
    »Bitte, Jason, du kommst jetzt!«
    »Was? Wohin? Was ist los?«
    »Ist wegen Dev.«
    Scheiße.
    »Was ist denn?«, sagte ich, und Panik sprach aus meiner Stimme. »Was ist mit Dev?«

dreiundzwanzig
    Oder: › › Do What You Want, Be What You Are ‹ ‹
    Devdatta Ranjit Sandananda Patel war ein Held.
    Ein Held unter den Sterblichen.
    Ein Held, der Roboter und Nazis und Aliens niederrang.
    Ein Mann, der sich mit Kanone, Nunchaku und Hadouken Punch durchzusetzen wusste.
    Ein Mann, der Damen in Not gerettet, Tiere befreit, einen oberfiesen

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