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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht in der Daily Mail was über Lehrer steht, die mit ehemaligen Schülern durchgebrannt sind. Normalerweise sind diese allerdings blond und nur selten bedrohlich wirkende Typen mit Schraubenschlüsseln in der Hosentasche.
    »Und … weiß Matt, wohin wir fahren?«
    »Jep«, sagte Matt. »Whitby.«
    »Whitby?«, sagte ich überrascht. Dev lächelte. Selbstverständlich lächelte er. Wir hatten gestern Abend nicht besprochen, dass wir nach Whitby fahren wollten. Ich hatte Whitby erwähnt, und er hatte von einem Ausflug geredet, aber an keiner Stelle hatte irgendwer gesagt: »Lass uns richtig früh aufstehen und einen Ausflug nach Whitby machen.« Das war Devs Plan, nicht meiner.
    »Und Whitby liegt in Yorkshire, oder was?«, sagte Matt. »War ich noch nie.«
    »Aber du möchtest gern mitkommen? Ich meine, hast du denn nicht irgendwas zu …«
    »War noch nie so richtig raus aus London«, sagte er. »Hab ’ne Tante, die nach Swindon gezogen ist. Da war ich mal. Und in Bosworth.«
    »Bosworth?«
    »Ja. Mit Ihnen, Sir.«
    O Gott, ja. Wir waren in Bosworth gewesen. Ein Schulausflug, den ich verdrängt hatte. Matt hatte zwölf Kondome aus dem Souvenirladen geklaut, und Neil Collins hatte in einen Mülleimer gepinkelt. Aber das jetzt war was anderes. Hier ging es um Freizeit . Und um Whitby . Und ich wollte nicht nach Whitby.
    »Ehrlich gesagt, passt es mir heute überhaupt nicht«, setzte ich an. »Ich habe vorhin eine Mail bekommen, in der stand …«
    »Dein Computer war aus. Ich hab’s gesehen.«
    » Ganz vorhin, meine ich …«
    »Du hast geschlafen.«
    Ich starrte Dev an. Ich konnte nicht viel deutlicher werden wegen dieser Sache mit Whitby, nicht vor Matt. Ich wollte es ihm nicht erklären müssen. Außerdem würde es vermutlich keine Viertelstunde dauern, bis sämtliche Kinder, die ich je unterrichtet hatte, und deren zahllose Freunde darüber Bescheid wussten. Ich versuchte es anders.
    »Es ist … ziemlich weit bis Whitby …«
    Er zuckte mit den Schultern und nickte. Das war doch alles etwas seltsam.
    Der Wagen lief, und Dev knüllte seine braune Papiertüte zusammen.
    »Okay!«, sagte er. »Die Fahrt dauert fünf Stunden! Wollen wir doch mal sehen, was dieses Baby alles so zustande bringt!«
    »Sosehr sich eine Krähe waschen mag, so bleibt sie doch immer schwarz.«
    Altes Sprichwort der Shona, Simbabwe
    Ich liebe das Internet fast so sehr wie London.
    Ich bin mir nicht sicher, ob London mich eigentlich genauso liebt, aber wir arbeiten an unserer Beziehung.
    Sechs Leute verfolgen diesen Blog inzwischen, obwohl ich bisher nur drei peinlich heulsusige Einträge geschrieben habe, einschließlich einer schrecklich selbstmitleidigen Geschichte über das zukünftige Hören auf Freunde, was ich natürlich nicht tun werde, denn so ein Mädchen bin ich nicht. Außerdem will ich in Zukunft versuchen, nicht gleichzeitig zu trinken und zu bloggen. Tut mir leid.
    Also sollte ich Euch sechs wohl alle begrüßen, egal wie Ihr auf mich gestoßen seid oder wofür Ihr das hier haltet.
    Hallo, Martin in Malaysia.
    Hallo, Captain Stinkjet.
    Hallo, Maureen.
    Hallo, FrrrrrrrrrrrrrBeep.
    Hallo, DownAndOutInPowysAndLuton.
    Und ein Hallo an die sechste Person, wer Du auch sein magst, denn irgendwie hast Du es geschafft, anonym zu bleiben.
    Wie auch ich, vorläufig, es sei denn, Captain Stinkjet fiele ein Name ein, der besser ist als seiner.
    Wahrscheinlich wundert Ihr Euch über meinen letzten Eintrag. Ich hatte einen schlechten Tag. An besagtem Tag hatte ich etwas verloren. Eigentlich zwei Sachen, die ich beide nicht wiedergefunden habe. Eins war die Liebe und somit wohl das Wichtigere, denn nicht viele Dichter schreiben wehmütige Oden an verlorene Einwegkameras, was näm lich das andere war. Soweit ich weiß, spielen knallgelbe Kodaks weder in großen Gemälden noch in Opern eine Rolle. Aber ich verstehe auch nicht viel von Kunst. Einmal war ich in einer Galerie, aber die Bilder sahen alle so aus wie die von diesen Elefanten im Fernsehen, also bin ich stattdessen ins Café Roma gegangen.
    Seltsamerweise weiß ich nicht, was mir mehr fehlt: die Beziehung oder die Kamera.
    Mit dem Ende einer Beziehung kann man schließlich umgehen. Es tut weh, und eine Weile tut es so sehr weh, als würden einem die Lungen kollabieren, und das Herz krampft sich jedes Mal zusammen, wenn man daran denkt, dass es aus ist. Was man auf dem Boden ausbreiten kann, hilft einem – mir zumindest – auf lange Sicht am ehesten

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